Mit rund 130 Millionen Euro Jahresumsatz und einer stattlichen Gewinnmarge von 18 bis 20 Millionen Euro ist der Bundesanzeiger Verlag die Cash Cow der DuMont Verlagsgruppe. Doch der Verlag verweigert Tarifverhandlungen. Dabei, so formuliert es Bundesanzeiger-Betriebsrat Gerhard Treinen, befindet sich ein großer Teil der rund 560 Beschäftigten und der bis zu 280 Leiharbeitenden in prekären Arbeitsverhältnissen. Daher hat ver.di jetzt zum fünften Mal in diesem Jahr zu einem Warnstreik aufgerufen.
Rund 100 Streikende hatten sich dann auch vor dem DuMont Gebäude in Köln versammelt und verliehen ihrem Unmut hörbar Ausdruck als sie „Tarifvertrag jetzt“ skandierten. „Ich habe einen Nebenjob angenommen, damit ich vielleicht auch mal in Urlaub fahren kann“, berichtete eine Teilnehmerin, die ungenannt bleiben möchte, weil sie Repressionen ihres Arbeitgebers befürchtet. Andere wiederum schilderten, dass ihnen schon direkt beim Einstellungsgespräch nahegelegt wurde, sich eine Nebenbeschäftigung zu suchen. „Bei einer 35-Stunden-Woche geht das schon“, habe der Vorschlag gelautet. Etwas über 2200 Euro pro Monat beträgt zum Beispiel das Einstiegsgehalt im Bereich Sachbearbeitung.
Leiharbeit beim Bundesanzeiger
Auf Kritik stößt auch das Verfahren des Unternehmens, ständig weit über 200 Leiharbeitende einzusetzen. „Bei vielen von ihnen lässt man die Verträge auslaufen, um sie dann nach drei Monaten wieder einzusetzen, nur damit sie gehaltsmäßig nicht mit den anderen Kolleginnen und Kollegen gleichgestellt werden“, beklagt Treinen eine gängige Praxis, „manche haben das schon bis zu fünfmal mitgemacht.“ Und zahlreiche andere Beschäftigte verfügen nur über befristete Verträge. Viele von ihnen hätten sicher ebenfalls gerne vor dem Sitz des Medienkonzerns protestiert, hatten aber offenbar Bedenken, dass das Folgen für ihren Arbeitsplatz haben könnte.
Gewinne mit hoheitlichen Aufgaben
Während der Kundgebung in Köln erhielten die Teilnehmenden Unterstützung von Jörg Detjen, der für Die Linke im Kölner Stadtrat sitzt. Der Politiker machte in seiner Rede darauf aufmerksam, dass der Bundesanzeiger ein wichtiges Verkündungs- und Bekanntmachungsorgan der deutschen Bundesbehörden ist und damit eine wichtige Funktion innerhalb des Staates erfüllt. Es wird vom Bundesministerium der Justiz herausgegeben und auch zum größten Teil von ihm finanziert.
Um auch die Bundesjustizminister Marco Buschmann an seine Verantwortung zu erinnern, protestierten die Beschäftigten am folgenden Tag vor dem Bundesamt für Justiz. Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP war als Ziel formuliert worden, künftig nur noch Aufträge ab einem bestimmten Betrag nur noch an Unternehmen vergeben zu wollen, die tariftreu sind. Ein entsprechendes Gesetz wurde allerdings bisher nicht verabschiedet. Mit Blick darauf folgerte Detjen: „Tariftreue müsste beim Bundesanzeiger doppelt wirksam sein.“ Der Stadtrat betonte noch einmal die wichtige Arbeit, die die Beschäftigten des Bundesanzeiger Verlags leisten würden, und schloss sich mit seiner Forderung „Guter Lohn für gute Arbeit“ den Streikenden vorbehaltlos an. Er betonte: „Armutsfeste Löhne sind ganz wichtig“.
Forderung nach Haustarifvertrag
Wütend waren die Betroffenen vor allem über die Reaktionen des Verlagshauses: Es gab keine. Auch auf eine Anfrage des Autors reagierten die Verantwortlichen nicht. „Mit sozialer Verantwortung und fairem Umgang mit den Beschäftigten nimmt der DuMont-Konzern es häufig nicht so genau“, kommentierte der zuständige ver.di Gewerkschaftssekretär Ingo Weerts dieses Verhalten. Die Gewerkschaft wird weiter an ihren Forderungen festhalten. Darunter den Abschluss eines Haustarifvertrages, der auf dem Tarifvertrag für Angestellte der Druck- und Medienindustrie in Nordrhein-Westfalen basiert. Weiterhin will ver.di die tarifvertragliche Festschreibung einer 35-Stunden-Woche, 30 Tage Urlaubsanspruch pro Jahr sowie einen verbindlichen Anspruch auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld.
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