„DRK gegen nd: 1:2“. So kommentierte die Redaktion der Tageszeitung nd den Ausgang eines Rechtsstreits, der auch die Pressefreiheit berührt. Geklagt hatte das Deutsche Rote Kreuz (DRK) gegen eine Recherche der Berliner Tageszeitung „nd“, in dem kritisch über die Zustände im Ankunftszentrum für Geflüchtete in Berlin-Tegel berichtet wurde. Das Gericht urteilte nun, dass der Großteil der beanstandeten Aussagen zulässig ist.
Der Bericht über die beschriebenen Missstände in der Berliner Unterkunft stützt sich auf Aussagen von Beschäftigten eines weiteren Hilfswerks im Ankunftszentrum. Aus Angst vor Sanktionen wollten die Quellen des „nd“ jedoch nicht mit ihren Namen genannt werden. Das DRK versuchte der nd-Redaktion mehrere dieser anonymisierten Äußerungen per Einstweiliger Verfügung zu verbieten. Die zuständige Redakteurin legte dem Berliner Landgericht daraufhin eine eidesstattliche Versicherung vor. Aus dieser geht hervor, dass die anonymisierten Hinweisgeber*innen der Redaktion bekannt seien.
Für die meisten der strittigen Aussagen reichte dem Gericht diese eidesstattliche Versicherung aus. In vier Fällen gab das Berliner Landgericht jedoch dem DRK recht. Dabei betrachtete es in drei Fällen die eidesstattliche Erklärung als unzureichend. In einem Fall sprach sie von einer unzulässigen Verdachtsberichterstattung.
Kritische Zustände im Ankunftszentrum
Schon länger standen die Zustände im Ankunftszentrum Tegel bei Bewohner*innen und Mitarbeiter*innen in der Kritik. Die wurde unter anderem in einem Fachgespräch im Berliner Abgeordnetenhaus geäußert, mit dem Titel „ Massenunterkunft Tegel: Mindeststandards und Schutzkonzepte sofort umsetzen!“. Dort war auch von einem „Klima der Angst“ im Ankunftszentrum die Rede. Dass sei auch ein Grund, warum sich Mitarbeiter*innen und Bewohner*innen nicht namentlich äußern wollen. Journalist*innen, die dazu recherchieren, sind also auf anonyme Hinweisgeber*innen angewiesen.
Hoher Streitwert, hohe Prozesskosten
Das jetzige Urteil hat zur Folge, dass die nd-Redaktion die inkriminierten Passagen aus der Onlineversion des Artikels entfernen musste. Zudem muss die Zeitung 6000 Euro Prozesskosten tragen. Die nd-Redaktion ruft daher zu Spenden für die Prozesskosten auf. Der Betrag kam auch dadurch zustande, dass der Streitwert mit 120 000 Euro vom Gericht sehr hoch veranschlagt wurde.
Seit Jahren gibt es Initiativen, diese Whistleblower*innen besser zu schützen, unter anderem von der Deutsche Journalist*innen-Union in ver.di.