Gegenseitiges Wertschätzen

Mirko Drotschmann Foto: ZDF/ Dennis Weissmann

Mirko Drotschmann ist Journalist, YouTuber und Webvideoproduzent mit den Schwerpunkten Geschichte, Politik und Gesellschaftsthemen. Der Moderator von „Terra X“ oder „MrWissen2Go“  ist sich sicher, dass Journalist:innen und Influencer:innen voneinander lernen und sich gegenseitig befruchten können. Auf keinen Fall sollten die einen auf die anderen herabschauen.

Influencer:innen sind immer enger in die Produktion, besonders beim ÖRR, eingebunden. Wo verlaufen nach Ihrer Einschätzung aktuell die Trennungslinien zwischen Journalist:innen und Influencer:innen?

Der Sammelbegriff der Influencer kann auch Journalisten einschließen, die eine klassische journalistische Ausbildung absolviert haben und gleichzeitig mit einer hohen Reichweite im Netz unterwegs sind. Ich selbst bin ja auch journalistisch ausgebildet worden und war schon lange vor meiner Zeit bei YouTube für „konventionelle“ Medien tätig. Dann haben sich die beiden Bereiche ganz natürlich miteinander verwoben.

Ein anderer Fall sind Menschen, die sich zunächst im Social Media-Bereich Reichweite aufgebaut haben und dann in journalistische Formate – oft bei den Öffentlich-Rechtlichen – hineinkommen. Sie sind dann dort in redaktionelle Strukturen eingebunden, die sich um die journalistische Gestaltung der Inhalte kümmern, während die Influencer sich vor allem um die Präsentation vor der Kamera kümmern.

Hier sehe ich die Trennlinie: Auf der einen Seite Journalisten mit Vorerfahrung und Ausbildung, die in den sozialen Medien aktiv werden. Sie können selbst auch etwa Drehbuch und Recherche übernehmen. Auf der anderen Seite Influencer, die redaktionell eingebunden sind und eher präsentieren.

Wo und wie können beide Gruppen voneinander profitieren?

Man kann definitiv voneinander profitieren. Influencer, oft als Ein-Mann- oder Eine-Frau-Team unterwegs, beherrschen teilweise eine sehr dynamische und unkonventionelle Produktionsweise. Ich selbst habe bei meiner YouTube-Produktion immer geschätzt, dass ich mein eigener Herr war und Inhalte nach meinem Gusto erstellen konnte. Diese agile Produktionsweise ist sehr direkt und denkt nicht in verschachtelten Strukturen. Davon können sich Redaktionen inspirieren lassen.

Umgekehrt können Influencer von Redaktionen Dinge lernen, wie etwa redaktionelle Planung, strategisches Denken, das Vier-Augen-Prinzip oder die klassische journalistische Sorgfaltspflicht. Sie pflegen manchmal so ein „in den Tag hinein“-Produzieren und können von der planvollen redaktionellen Vorgehensweise sicher profitieren, um ihre eigenen Produktionen stärker zu machen.

Welches sind für Sie die wichtigsten Dos and Don’ts in der Zusammenarbeit der beiden Gruppen?

Für mich ist es ein wichtiges Don´t nicht auf die jeweils andere Gruppe herabzuschauen. Influencer sollten Journalisten nicht geringschätzen, weil sie sich unter Umständen etwas auf ihre Reichweite einbilden. Umgekehrt sollten Journalisten angesichts der Arbeit von Influencern nicht die Nase rümpfen, unter dem Motto “Die machen doch nur Schminktipps“. Das Feld hat sich inzwischen sehr geweitet und es gibt dort inzwischen sehr interessante Vertreter.

Entsprechend wäre es ein wichtiges Do, offen zu sein für die Entwicklungen auf der jeweils anderen Seite. Sich die besten Dinge abzuschauen und die schlechten nicht zu übernehmen. Vor allen Dingen sollte man auf Augenhöhe miteinander arbeiten. Ein Don´t wäre, dass man nicht zu zahlenfixiert sein sollte. Im Netz geht es vor allem um Aufmerksamkeit, um Klicks und Likes und um Wahrnehmung. Eine geringe Quote hat bei Influencern eine direkte Auswirkung auf ihre Reichweite und somit auf ihre Einnahmen.

Weitere aktuelle Beiträge

Das Recht an der eigenen Stimme

KI bereitet vielen Menschen Kopfzerbrechen. Wer kreativ arbeitet, sorgt sich um künftige Aufträge. So geht es auch vielen Sprecher*innen in Deutschland, die mit ihrer Stimme in Hörspielen für Bilder im Kopf sorgen oder in Filmen bekannte Hollywood-Größen charaktervoll in Szene setzen. Deswegen fordert der Verband Deutscher Sprecher:innen e.V. (VDS) klare Regeln. Ein Urteil des Landgerichts Berlin gibt ihnen Rückenwind.
mehr »

Der Betriebsrat ist ganz großes Kino

Dass sich der Einsatz für Mitbestimmung lohnt, zeigt der große Erfolg der Beschäftigten des Dresdner Rundkinos. Der Betriebsrat des Cineplex in  Dresden räumt den 2. Platz des Sächsischen Mitbestimmungspreises 2025 vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) ab. Die Auszeichnung ehrt das besondere Engagement der Kolleg*innen , die im Dezember letzten Jahres unter schwierigen Bedingungen erstmals erfolgreich einen Betriebsrat gründeten.
mehr »

Mediale Präsenz ist kein Wunschkonzert

Als Alice Weidel sich in ihrem ARD-Sommerinterviews immer wieder über die Demonstrationen im Hintergrund beschwerte, tat sie das hämisch und genussvoll. Die AfD-Fraktionsvorsitzende konnte sich so als Opfer einer vermeintlich linken Hegemonie im Land inszenieren. Aber muss denn der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk überhaupt eine Plattform für extrem rechte Parteien bieten?
mehr »

TikTok droht mit Kündigung

Beschäftigte von TikTok in Berlin wehren sich seit Wochen gegen geplante Kündigungen. Arbeit von Content-Moderator*innen und Betreuer*innen für nicht-deutschsprachige Content-Creators bei TikTok Germany soll von Künstlicher Intelligenz übernommen werden. Im Juli wurde zweimal gestreikt. Es waren die ersten Streiks bei einer Social-Media-Plattform in Deutschland. Jetzt droht TikTok einer der Aktiven, Mitglied von ver.di, mit Kündigung. Die Gewerkschaft bewertet das als Einschüchterungsversuch.
mehr »