Rundfunkreform: ARD und ZDF stärken

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland - eine Säule der Demokratie
Fotos: ARD /Grafik: Petra Dreßler

In einer gemeinsamen Stellungnahme kritisieren ver.di und DGB  die bevorstehende Rundfunkreform in der vorgelegten Entwurfsfassung. Sie setzen sich für einen zukunftsfähigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk ohne selbstauferlegtes Spardiktat ein. Unterstützt werden sie von einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis.

Die Bundesländer haben Ende September Reformvorschläge für ARD, ZDF und Deutschlandfunk vorgelegt. Diese beinhalten starke Kürzungen. Ursprünglich war ein Paket aus fünf Staatsverträgen für die aktuelle Reform angekündigt. Änderungsentwürfe liegen nun zu vier Verträgen vor: zum Medienstaatsvertrag, ARD-Staatsvertrag, ZDF-Staatsvertrag und Deutschlandradio-Staatsvertrag. Ausgeklammert ist der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag von der derzeitigen öffentlichen Konsultation.

Das kritisieren ver.di und DGB in einer gemeinsamen Stellungnahme zur Rundfunkreform. Die „fristgemäße Anpassung des Rundfunkbeitrags zum Jahreswechsel“ sei aufs Neue in Frage gestellt. ver.di und DGB betonen, es sei der verfassungsrechtliche Auftrag der Medienpolitik der Länder, für eine auskömmliche Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Programme zu sorgen. Die empfohlene Beitragsanpassung zum 1. Januar 2025 müsse umgehend freigegeben werden. Sie sei die Voraussetzung für die Befassung mit den Reformvorschlägen. Reformen müssten einen zukunftsfähigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk ermöglichen und dürften nicht einem selbst auferlegten Spardiktat folgen.

Die Tagesschau berichtete am 28. September, der Reformvorschlag der Bundesländer sehe unter anderem vor, die Zahl der Hörfunkprogramme der Anstalten grundsätzlich auf vier zu begrenzen. Die Zahl der Spartenprogramme solle durch eine Art Poolbildung gesenkt werden. Geplant sei, die vier Kanäle Phoenix, tagesschau24, ARD-alpha und ZDF-Info zu einem oder zwei gemeinsamen Informations- und Bildungsangeboten zusammenzufassen. Verschmelzen sollen darüber hinaus die beiden unter anderem auf Kultur spezialisierten Sender Arte und 3sat. Von den an jüngere Altersgruppen gerichteten Angeboten sollen KiKa und Funk bestehen bleiben und ZDF-neo und One zusammengelegt werden. Damit fallen künftig gute Dokumentationen, Kulturbeiträge und regelmäßige Nachrichten weg oder werden stark zusammengestrichen.

Für die Stärkung von ARD und ZDF unterzeichnen

Die Kürzungen wären ein Schlag gegen die ausgewogene Berichterstattung kritisiert Campact in einem Aufruf zur Unterstützung von ARD und ZDF. Mehrere öffentlich-rechtliche TV-Kanäle und 20 Radioprogramme zu streichen, um Kosten zu sparen, das sei ein schwerer Fehler. Die Programme unter dem Dach von ARD, ZDF und Deutschlandradio erreichten Millionen im ganzen Land. Für viele Menschen seien sie die erste Quelle für Nachrichten, Informationen und Unterhaltung. Ihre Bedeutung für die öffentliche Meinung sei enorm. Eine Reform von ARD und ZDF dürfe nicht zulasten der Programmvielfalt gehen, wenn Hetze und Falschinformationen florieren. „Eine vielfältige Medienlandschaft, die unabhängig und differenziert über aktuelle Themen berichtet und unterschiedliche Meinungen wiedergibt, ist ein wirksames Mittel gegen Desinformation und Stimmungsmache.“

Inzwischen haben schon über 300.000 Menschen bei Campact unter: „Fakten statt Fake News: ARD und ZDF schützen!“ unterschrieben. Minütlich werden es mehr. Das Ziel sind mindestens 350.000 Unterschriften. Ende Oktober wollen die Bundesländer die Kürzungen in Leipzig festzurren. Stimmt nur ein Bundesland dagegen, kann das verhindert werden.

So viel ist klar, je mehr Sender abgeschaltet werden, umso weniger politische Magazine, wertvolle Hintergrundberichte und Dokumentationen gibt es noch. Doch je weniger unabhängige Berichterstattung es gibt, desto leichter können AfD und Co ihre Ideologie verbreiten. Mit dem Schlagwort „Lügenpresse“ greifen sie schon seit langem das Image des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an.

Das fordern ver.di und DGB

  • Die Finanzierung müsse dem Auftrag folgen. Reformen müssten einen zukunftsfähigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk ermöglichen und nicht einem selbst auferlegten Spardiktat folgen.
  • Festangestellte und freie Mitarbeitende müssen in die Reform einbezogen werden. Diejenigen, die das Programm produzieren, wüssten am besten, wie die Sender funktionieren, wo Potenziale für Effizienz liegen.
  • Die Akzeptanz müsse durch die Ansprache bisher vernachlässigter Gruppen gesteigert werden. Das bedeute eine Umschichtung von Mitteln in Angebote für Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene sowie Menschen mit Migrationshintergrund oder Neu-Zugewanderte.
  • Der Auftrag sei der Digitalisierung anzupassen. Der Programmauftrag für alle öffentlich-rechtlichen Angebote sollte konsequent technologieneutral formuliert werden. Sinnvoll wäre, es den Rundfunkanstalten zu überlassen, ob sie ihren Auftrag über lineare oder nichtlineare Kanäle erfüllen. Bisher bestehende Restriktionen im Digitalen wie die Begrenzung der Verweildauer in den Mediatheken passen ebensowenig dazu wie das Verbot der Presseähnlichkeit.
  • Politische Verantwortung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk müsse als Säule der Demokratie wieder wahrgenommen werden. Laut aktueller Verlautbarungen werden die Medienstaatsverträge frühestens im Sommer 2025 ratifiziert werden. Das geltende Verfahren sähe jedoch eine Vertragswirkung ab 1. Januar 2025 vor. ver.di und DGB sehen hier ein „Einreißen bei den politischen Verantwortungsträger*innen. Demokratische Verfahren dürfen nicht geschliffen werden – auch nicht durch Verzögerung!“
  • Sämtliche Landesverfassungen seien so anzupassen, dass auch die Kündigung von Staatsverträgen der Zustimmung der Parlamente bedürfe. Die Verfassung müsse vor Angriffen durch ihre Feinde wirksam geschützt werden.

Mehr in der gemeinsamen Stellungnahme von ver.di und DGB zur Rundfunkreform, zur Transparenzpflicht, Budgetierung, Fortentwicklung und Überprüfung der Angebote, Stärkung des Programms statt Streichungen etc. unter: ver.di Medienpolitik


Bündnis fordert Vielfalt

Auch ein Bündnis aus Umwelt- und Wohlfahrtsverbänden sowie Gewerkschaften hat eine gemeinsame Erklärung zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verabschiedet. Hierin erkennen die Organisationen die Notwendigkeit für Reformen im Rundfunk an, um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zukunftssicher und vielfältig zu gestalten. Gegenüber den Plänen der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten zeigen sie sich jedoch skeptisch. Die Staatsvertragsentwürfe enthielten bedrohliche Einschnitte, Rückschritte und Beschränkungen für die Öffentlich-Rechtlichen – ohne eine Zielvorstellung für einen besseren Rundfunk zu formulieren.

„Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten planen massive Programmstreichungen, ohne auf die Folgen zu achten. Publizistische Vielfalt wird zerstört, ohne zu wissen, ob es überhaupt zu relevanten Kosteneinsparungen kommen wird. Von einer Absicht, die Öffentlich-Rechtlichen qualitativ zu stärken, ist nichts zu erkennen“,

konstatiert Frank Werneke, Vorsitzender der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und Mitunterzeichner der Erklärung.

Dem Bündnis zufolge bedrohen die vorgelegten Reformpläne die publizistische Eigenständigkeit wie auch die redaktionelle Gestaltungsfreiheit der Rundfunkanstalten. In der Folge reduziere sich die Angebotsvielfalt und das Programm verlöre an Nutzen und Relevanz für die Gesellschaft. Auch kritisiert das Bündnis die Sparpläne bei Informations- und Bildungsangeboten und im Angebot für junge Menschen als politisch falsches Signal.

Als Hauptproblem sieht das Bündnis jedoch den fehlenden Staatsvertrag zur Rundfunkfinanzierung. Werneke:

„Die Öffentlich-Rechtlichen haben einen Anspruch auf auskömmliche Finanzierung. Wenn die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten den Weg für die Beitragserhöhung versperren, ist das ein Verfassungsbruch.“

Demokratische Medienpolitiker*innen sollten die Rundfunkfreiheit stärken, statt unzulässig in seine Finanzierung einzugreifen. Mit der Verzögerungstaktik müsse endlich Schluss sein, sagt Werneke.

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