Nachrichten sind das Herz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Sie sollen gut recherchiert und aufbereitet sein, sollen verständlich Ereignisse vermitteln und einordnen. Beim ARD-Nachrichtentag am 5. Juni gab es einen offenen Einblick, wie das eigentlich geschieht. Teilnehmende bekommen Einblicke in den journalistischen Alltag und erfahren den Wert unabhängiger Nachrichten in Hörfunk, Fernsehen und Social Media.
„Hallo, mein Name ist Ahmed und unser heutiges Thema ist Handyverbot an Bremer Schulen.“ Vor der Kamera zu einem unbekannten Publikum sprechen ist gar nicht so leicht. Aber trotzdem fand Edda, Ahmeds „Kollegin“, es beim ersten Mal schon „ziemlich cool“. Und Ahmed weiß nun, dass Nachrichten nicht immer „zack, zack, fertig“ sind, sondern dass „viel Arbeit dahinter“ steckt, wie er erklärt. Edda und Ahmed sind zwei von 100 Bremer Oberstufen-Schüler*innen, die beim Regionalprogramm buten und binnen den Nachrichtentag der ARD miterlebt haben. Und sie haben ein Thema aufbereitet, dass sicher nicht nur sie viel beschäftigt.
Hinter den Kulissen
Wie entstehen eigentlich Nachrichten? Wer entscheidet, welche für Radio oder Fernsehen ausgewählt werden, worüber kurz oder ausführlicher berichtet, und in welcher Reihenfolge ausgestrahlt wird? Bundesweit öffneten am 5. Juni zahlreiche Regionalredaktionen ihre Türen und ermöglichten Besucher*innen jeden Alters, einen Blick hinter die Kulissen der Produktion zu werfen. Beziehungsweise, wie im Fall von Edda und Ahmed, mittendrin und hautnah am Prozess beteiligt zu sein.
So wie in Bremen waren auch in anderen regionalen Medienhäusern vor allem junge Menschen zu Gast, diskutierten mit, produzierten selbst Beiträge. Bei anderen Sendern nutzten Kolleg*innen die Gelegenheit, sich gegenseitig bei der Arbeit zu beobachten. So erklärt rbb-Korrespondentin Jaqueline Piwon ihrem Kollegen, wie sie auch in der eigenen Redaktion darum kämpfen muss, bestimmte Themen bearbeiten zu dürfen. „Für die Leute vor Ort ist es aber sehr wichtig, dass wir berichten“ – ob es dabei um Herzensdinge geht oder um die Aufregung angesichts lokaler Ereignisse, die überregional scheinbar keine Relevanz haben. Auch in diesem kleinen Beitrag wird klar, wieviel Aufwand eigentlich hinter den manchmal nur wenige Minuten langen Ausstrahlungen steckt, die dann am Ende zu sehen sind. Technische Schwierigkeiten, Zeitdruck, zuweilen komplizierte Gesprächspartner*innen inklusive.
Demokratie und Medien
Der ARD-Nachrichtentag stand ganz im Zeichen der Transparenz. Mit gutem Grund. Zum einen ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk so schwer unter Druck wie noch nie seit seiner Gründung. Die Rechten wollen ihn am liebsten zerschlagen, parallel sind die öffentlichen Sparvorgaben immens. Debatten um Führungsgehälter und Stellenstreichungen, politische Beeinflussung, Monopolisierungen, Zielgruppen und nicht zuletzt um den Rundfunkbeitrag tragen ihren Teil dazu bei, dass nicht wenige Menschen dem ÖRR als Ganzem mindestens skeptisch gegenüberstehen. Währenddessen spucken die Kanäle sozialer Medien Inhalte in schnellerem und schlichterem Format aus. Dagegen erscheint der ÖRR behäbig und nicht vielfältig genug.
Fakt ist: Er muss seine Funktion als Anstalt für die gesamte Gesellschaft derzeit hart verteidigen. Dazu gehört auch eine sichtbare Fehlerkultur entwickeln. Nur so kann deutlich werden, dass die öffentlich-rechtlichen Medien auch Teil des Bollwerks eines demokratisch verfassten Staates sind und den Anspruch und die Aufgabe haben, unabhängige Berichterstattung ohne politische Einflussnahme zu gewährleisten. Wie sie diesen Auftrag erfüllen, ist dann eine andere Sache, kann und muss beobachtet und auch kritisiert werden.
Der Nachrichtentag war eine Möglichkeit, sich direkt kritischen Fragen zu stellen. Die Botschaft ist daher auch: der angeschlagene Ruf darf und soll so nicht stehen bleiben. „Wir sind nicht fremdgesteuert, wir sind kein Staatsfunk“ macht Martin Grasmück, Intendant des Saarländischen Rundfunks klar. Das zu verstehen, ist allerdings eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die breite medien- und bildungspolitische Bemühungen erfordert.
Um diese Medienkompetenz zu fördern und nicht nur an einem Tag im Jahr den Blick hinter die Kulissen zu ermöglichen, hat die ARD zahlreiche gut sortierte multimediale Lern- und Unterrichtsmaterialien in Form von Audios, Videos, Texten und Arbeitsblättern bereitgestellt, die frei zur Verfügung sind und es allen erlauben, sich selbst darüber ein Bild zu machen, ob und warum es wichtig ist, den Umgang mit Informationen zu lernen und zu fördern.
Und was ist mit der KI?
Dass dazu auch die Frage gehört, welche Rolle künstliche Intelligenz in Zukunft bei dieser Aufgabe spielen wird, ist den meisten jungen Menschen längst klar. In verschiedenen Formaten wurde live mit Jugendlichen, Zuschauenden zu Hause und in der Schule und mit Expert*innen aus Journalismus und Wissenschaft diskutiert und verglichen: Wo wird KI jetzt schon eingesetzt im Journalismus? Und wo und warum ganz bewusst nicht? Welchen Informationen vertrauen wir und welche Aufgabe spielen dabei das eigene Denken und eigene Recherchen?