Neues Urteil gegen Kieler Nachrichten

Foto: 123rf

Schlappe für den Verlag der Kieler Nachrichten: Das Landgericht Flensburg hat untersagt, dass der Verlag in Verträgen mit hauptberuflich freien Journalist*innen unzulässige Klauseln vereinbart. Erneut geklagt hatten der Deutsche Journalisten-Verband und die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di. Zukünftig darf die Kieler Zeitung Verlags- und Druckerei KG-GmbH & Co. die Klauseln nicht mehr nutzen, da sie unklar und unverständlich sind und die freien Mitarbeiter unangemessen benachteiligen.

Die Gewerkschaften hatten bereits im Mai ein erstes Urteil gegen die Verwendung intransparenter Vereinbarungen erwirkt, die der Verlag, der überwiegend zum Madsack-Konzern gehört, den freien Mitarbeiter*innen auferlegt. Dennoch überarbeitete der Verlag seine einseitig vorgegebenen Vertragsbedingungen nur marginal und unzureichend. Deswegen war jetzt eine weitere Klage notwendig.

„Baukasten“-Entlohnung statt Vergütungsregeln

Anlass für die Verbandsklagen war eine 2021 eingeführte Umstellung der Vergütungspraxis des Verlags. Dieser hatte damals angekündigt, seine freiberuflichen Auftragnehmer*innen künftig nach einem „Baukasten-System“ zu entlohnen. Statt Zeilen und Fotos konkret und im Einklang mit den Allgemeinen Vergütungsregeln (GVR) abzurechnen, sollten Paketpreise für Bilder und Texte gelten. Mehrere Journalist*innen wandten sich daraufhin an ihre Gewerkschaften.

„Der Verlag der Kieler Nachrichten zeigt sich als unfairer Auftraggeber gegenüber freien Journalist*innen und hält sich nicht an die branchenüblichen Honorarregeln, die mit dem Zeitungsverlegerverband vereinbart sind“, erklärt Christoph Schmitz-Dethlefsen vom ver.di-Bundesvorstand zum Urteil. Der Verlag der Kieler Nachrichten setze seine Bedingungen „mit der Macht des lokal einzigen Auftraggebers“ durch. Einzelklagen dagegen wären zwar rechtens, könnten aber geschäftsschädigend sein, so Schmitz-Dethlefsen weiter. Um die Urheberrechte und Einkommen der Kolleg*innen wirksam zu stärken, brauche es daher ein wirkungsvolles Verbandsklagerecht: „Der Gesetzgeber ist dazu gefordert!“

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Gewalt an Frauen bleibt Leerstelle

Gewalt gegen Frauen ist in Deutschland alltäglich. Und nicht nur in Politik und Justiz besteht großer Nachholbedarf im Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt: Auch die journalistische Praxis zeigt deutliche Schwächen und erhebliche Leerstellen. Der aktuelle Trendreport der Otto Brenner Stiftung nimmt die Jahre 2020 bis 2022 in den Blick und stellt fest: Gewalt gegen Frauen wird isoliert dargestellt, ohne strukturelle Ursachen und Präventionsmöglichkeiten zu thematisieren. Das betrifft besonders deutsche Täter. Die Perspektive der Opfer bleibt unterbelichtet.
mehr »

Gewalt gegen Medienschaffende

Eine erneut alarmierende Bilanz zieht die internationale Organisation Reporters Sans Frontiers (RSF), die weltweit Angriffe und Gewalttaten gegen Journalist*innen und damit gegen die Pressefreiheit dokumentiert: 55 getötete, 550 inhaftierte, 55 in Geiselhaft genommene und 95 unter unklaren Umständen vermisste Medienschaffende sind bis Anfang Dezember für dieses Jahr zu beklagen.
mehr »

KI: Menschen wollen Regeln

Rund drei Viertel der Menschen in Deutschland sorgen sich einer Umfrage zufolge um die Glaubwürdigkeit der Medien, wenn Künstliche Intelligenz (KI) im Spiel ist. 90 Prozent der Befragten fordern dazu klare Regeln und Kennzeichnungen. Dies ergab eine am Mittwoch in Berlin veröffentlichte Studie der Medienanstalten. Für die repräsentative Erhebung "Transparenz-Check. Wahrnehmung von KI-Journalismus" wurden online 3.013 Internetnutzer*innen befragt.
mehr »

Lokaljournalismus: Die Wüste droht

Noch sei es nicht so weit, aber von einer "Steppe" könne man durchaus schon sprechen, sagt Christian Wellbrock von der Hamburg Media School. Wellbrock ist Leiter von "Wüstenradar", einer Studie, die zum ersten Mal die bundesweite Verbreitung und zahlenmäßige Entwicklung von Lokalzeitungen in den letzten 30 Jahren unter die Lupe genommen hat. Sie erhebt, wie stark der Rückgang lokaler Medien inzwischen tatsächlich ist und warnt: In etlichen Regionen droht tatsächlich die Verbreitung von "Nachrichtenwüsten".
mehr »