Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in ver.di Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen beobachtete am vergangenen Samstag die Demonstrationen in Riesa rund um den AfD-Parteitag. Ziel der Beobachtung war der Schutz der Presse- und Berichterstattungsfreiheit sowie der Aufdeckung potenzieller Gefährdungen für Journalist*innen.
Insgesamt mehr als sieben Stunden war die dju während der zahlreichen Demonstrationen vor Ort. Die Gewerkschaft übt nun insbesondere gegenüber der Polizei Kritik am Umgang mit Journalist*innen und an der Einschränkungen der Pressefreiheit während des Einsatzes.
„Wir haben leider hautnah miterlebt, wie mehr als 30 Medienvertreter*innen bereits kurz nach Beginn der ersten Demonstrationen in eine Umstellung eines gesamten Demonstrationszuges der Polizei gerieten. Keiner der Beamten fühlte sich verantwortlich, ein Verlassen des Kessels für Medienvertreter*innen zu ermöglichen. Und das für circa 45 Minuten“, sagt Lucas Munzke, betreuender Gewerkschaftssekretär, der auch im Kessel festgehalten wurde.
Presse im Kessel
Das sei eine klare Einschränkung der Rechte von Journalist*innen und damit der grundgesetzlichen Pressefreiheit. Die dju hat zwar im Kontakt mit der Pressestelle der Polizei für Journalist*innen ein Verlassen des Kessels ermöglichen können.
Im weiteren Verlauf des Tages kam es jedoch zu zahlreichen weiteren Problemen für die freie Berichterstattung durch Journalist*innen.
„Medienschaffende durften gewisse Straßen ohne AfD-Akkreditierung nicht einmal betreten“, bemängelt Munzke die fehlende Berichterstattungsfreiheit. Aus Sicht der dju in ver.di sei dieses Vorgehen skandalös, da sich die Behörden frühzeitig und umfangreich auf die Gewährleistung der freien Berichterstattung hätten vorbereiten könnten. „Dass dies scheinbar nicht in der nötigen Ausführlichkeit und Qualität erfolgt ist, zeigt sich an diesem Beispiel“, sagt der Gewerkschafter. Bekräftigt wird diese Einschätzung, da die Polizei die baulichen Absperrungen rund um die Veranstaltungshalle des Parteitages so gestaltete, dass Interviews zwischen Delegierten und Journalist*innen nicht möglich waren.
„Sie wurden auf Abstand gehalten. Pressevertreter*innen sind keine Gefährder des Parteitags. Sie sind dort um vollumfänglich und ohne Beschränkungen Bilder und Stimmungen im öffentlichen Raum einzufangen. Ihnen den Zugang zu gewissen Straßen und Bereichen zu verwehren, spricht gegen diesen Grundsatz. Damit wird auch der Partei AfD die Kontrolle über die Berichterstattung überlassen, weil rund um den Parteitag die freie Berichterstattung für nicht akkreditierte Journalist*innen polizeilich eingeschränkt wurde“, führt Munzke aus.
Körperliche Angriffe auch Journalisten
Auch zu körperlichen Übergriffen zum Nachteil von mehreren Journalist*innen ist es Munzke nach gekommen: „In den späten Mittagsstunden kam es an der Friedrich-List-Straße zu einer Räumung einer Versammlung durch die Polizei. Hierbei wurden Journalist*innen durch Polizeiketten in die Demonstration gedrückt und kamen teilweise zu Fall. Sie wurden Opfer von Tritten, Schlägen und dem Einsatz von Pfefferspray seitens der Polizei.“ Glücklicherweise kam es zu keinen bleibenden Verletzungen oder Schäden, was auch des beherzten Eingreifens von zufällig anwesenden ehrenamtlichen Personenschützern zu verdanken ist. „Die Begleitschützer von Between the Lines waren dankenswerterweise vor Ort und konnten sich zwischen die Fronten drängen und so Schlimmeres verhindern“, so Munzke.
Die sächsische Polizei und die sächsische Landesregierung müssen unverzüglich in der politischen Aufarbeitung auch die Einschränkungen für Medienschaffende separat und ausführlich aufarbeiten, fordert die Gewerkschaft. „Die dju in ver.di beteiligt sich daran und bietet dies auch den politisch Verantwortlichen für die Negativbilanz des Polizeieinsatzes in Sachsen an“, erklärt Lucas Munzke abschließend.