Ein wichtiger Schritt für die Pressefreiheit – weitere müssen folgen

Kommentar

Die Stärkung der Pressefreiheit – der äußeren – vollzog sich völlig unspektakulär: Am 6. Juli beschloss der Bundestag mit seiner rot-grünen Koalitionsmehrheit eine Änderung der Strafprozessordnung. Danach schließt das Recht zur Zeugnisverweigerung künftig auch nicht-periodische Druckerzeugnisse, Informations- und Kommunikationsdienste sowie Filmberichte ein.


Und: Das Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten und Journalistinnen umfasst jetzt auch selbst recherchiertes Material und alle berufsbezogenen Wahrnehmungen. Damit wurde eine jahrzehnte alte Forderung der IG Medien weitgehend erfüllt. In den vergangenen zehn Jahren hatten sich Redaktions- und Wohnungsdurchsuchungen bei Journalisten gehäuft – rund 150 konnten IG Medien und DJV im Rahmen der Gesetzesanhörung dokumentieren – 44 allein zwischen Januar 1995 und August 1997.

„Hände weg von den Medien“ – das war und ist nicht nur Titel zweier Dokumentationen und eines Journalistentages (1995) zum Thema, das ist und bleibt auch politisches Programm der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten Union in ver.di.

Es ist nicht in unserem Sinn, dass Strafverfolgungsbehörden immer noch Auskunft über Telefonverbindungs-Daten von Journalisten und Journalistinnen verlangen können. Zwar sichern hier und da Betriebsvereinbarungen diese sensiblen Recherchedaten, ein verlässlicher Informantenschutz verlangt jedoch mehr.

Und dann gibt’s ja noch die innere Pressefreiheit, oder? Leider wurden die Forderungen nach redaktioneller Mitbestimmung in den Jahren der geistig-moralischen Wende leiser und die nach Redaktionsstatuten waren fast völlig verstummt. Dabei ist es eine Binsenweisheit, dass die innere Pressefreiheit umso wichtiger wird, je mehr Konzentration und Monopolisierung die Presselandschaft verändern.

Da macht das Beispiel der Mannheimer Kolleginnen und Kollegen Mut, die ihr Statut in den vergangenen Jahren erfolgreich verteidigt haben. Oder das Ziel von dju und DJV in Niedersachsen, die innere Pressefreiheit in einem längst überfälligen, neuen Landespressegesetz zu verankern.

Eine „freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte, keiner Zensur unterworfene Presse ist ein Wesenselement des freiheitlichen Staates“: Diesen Satz schrieb das Bundesverfassungsgericht in sein berühmt gewordenes „Spiegel-Urteil“(1965). Eingedenk ebenfalls in den vergangenen Jahren gemachter Erfahrungen möchte ich ergänzen: Eine freie, nicht von der öffentlichen und ökonomischen Gewalt gelenkte, keiner Zensur unterworfene Presse ist ein Wesenselement der Demokratie.


 

  • Inez Kühn (45) ist seit kurzem Leiterin des Bereichs Medien beim Bundesvorstand des Fachbereichs Medien und Kunst in ver.di mit Sitz in Berlin . Die Journalistin war nach vielen Jahren der ehrenamtlichen Tätigkeit in der dju von 1993 bis Juli 2001 stellvertretende Vorsitzende der IG Medien in Niedersachsen-Bremen.
nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Journalismus unter KI-Bedingungen

Digitalkonzerne und Künstliche Intelligenz stellen Medienschaffende vor neue Herausforderungen. „KI, Big Tech & Co. – was wird aus dem Journalismus?“ lautete folgerichtig der Titel der 11. Medienpolitischen Tagung von ver.di und DGB am 16. Oktober in Berlin. Über 80 Wissenschaftler*innen, Rundfunkräte und Journalist*innen informierten sich auch über den aktuellen Stand der Debatte über den neuen Medien“reform“staatsvertrag.
mehr »

Mit Perspektiven gegen soziale Spaltung

Die Berichterstattung über den Nahostkrieg zwischen Staatsräson und Menschenrechten ist heikel, denn die Verengung des Diskurses begünstigt einen Vertrauensverlust der Medien und die soziale Spaltung in Deutschland. Beides wird durch den politischen Rechtsruck befeuert. Grund genug, den medialen Diskurs genauer unter die Lupe zu nehmen.
mehr »

Neue Perspektiven für Klimajournalismus

Besondere Zeiten brauchen einen besonderen Journalismus – ein Motto, dass das im Juli gelaunchte deutschsprachige Medienprojekt „Neue Zukunft“ nicht aus werbestrategischen Gründen ausgegeben hat. Die Klimakrise und die Klimagerechtigkeitsbewegung erhalten in vielen Medien der Schweiz, Österreichs und Deutschlands ihrer Meinung nach nicht genügend Aufmerksamkeit. Gerade Gerechtigkeitsfragen erhöhen den Handlungsdruck im Zusammenhang mit den Folgen menschlichen Raubbaus an Ressourcen und Umwelt.
mehr »

Klimaleugnung in den Medien

Rechtspopulistische Bewegungen machen weltweit mobil gegen den Klimaschutz. Sie zeigen sich „skeptisch“ gegenüber dem Klimawandel und lehnen klima- und energiepolitische Maßnahmen ab. Ein Widerspruch: Obgleich „Klimaskepsis“ und die Leugnung des menschengemachten Klimawandels vielfach zentrale Positionen der politischen Rechten markieren, existieren auch gegenläufige Tendenzen in Bezug auf Umwelt- und Naturschutz. Denn auch Rechte waren stets in Umweltbewegungen zugegen. Das hat Tradition.
mehr »