Ernüchternde Bilanz

Ein Frauenmedientag vor dem Medienforum NRW

Einen „Männermedientag“, den würde Ilse Ridder-Melchers, die nordrhein-westfälische Ministerin zur Gleichstellung von Mann und Frau, auch gerne mal unterstützen.

Doch das dürfte nicht nötig sein. Schließlich war das gesamte Medienforum NRW eine (fast reine) Männerveranstaltung, mindestens auf den Podien. Die Frauen, die seien auf dem Weg aus der Nische in den Mainstream, so Sabine Hadamik, stellvertretende Direktorin der Landesanstalt für Rundfunk, die gemeinsam mit dem Gleichstellungsministerium und dem Adolf-Grimme-Institut zu diesem ersten Frauenmedientag nach Köln eingeladen hatten. Im Vorprogramm des Medienforum trafen sich rund 200 Frauen zur Bestandsaufnahme und zur Diskussion über Konzepte und Strategien. Auf Stars aus Funk und Fernsehen hatten die Veranstalter verzichtet – damit auch auf die Darstellung persönlicher Lebensläufe und Erfolgsstorys, die zwar Mut machen, aber wenig helfen bei der Bewältigung des Berufsalltags.

Und die ist nach wie vor Männersache – auch in den Medien. Zwar haben in den letzten Jahren viele Frauen den Berufseinstieg geschafft – in Nordrhein-Westfalen nicht zuletzt durch den enormen Bedarf an Redaktionsmitgliedern in den 45 lokalen Radiostationen. Doch sind es die Männer, die Führungspositionen bekleiden. Beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind Leitungsfunktionen zu knapp 10 Prozent mit Frauen besetzt, beim kommerziellen Fernsehen ist jeder fünfte Chef eine Frau. Nur 0,5 Prozent der Chefredaktionen der bundesdeutschen Tagespresse sind weiblich besetzt – sie sind an einer Hand abzuzählen. Da helfen oft auch die bessere berufliche formale Qualifikation und Engagement nicht weiter. Denn wenn es zum Schwur kommt, dann bleiben die Herren trotz öffentlicher Lippenbekenntnisse doch lieber unter sich.

Aktuelles Beispiel: der WDR-Rundfunkrat. In diesen Tagen werden die in diesem Aufsichtsgremium per Gesetz vertretenen gesellschaftlichen Gruppen aufgefordert, ihre Personalvorschläge für die nächste Amtsperiode einzureichen, die im November beginnt. Das WDR-Gesetz schreibt vor, daß von den gesellschaftlichen Organisationen und Verbänden für mindestens jede zweite Amtszeit eine Frau zu benennen ist. Übergangsweise darf der Mann, der derzeit das Amt bekleidet, dies noch einmal tun. Derzeit besteht der WDR-Rundfunkrat aus 36 Männern und sechs Frauen. Zwingend ist diese Vorschrift, so die Meinung der Juristen, erst ab der nächsten Wahlperiode – also ab dem Jahr 2003. Das heißt: noch einmal sechs Jahre Männerdominanz im Aufsichtsgremium der größten ARD-Landesrundfunkanstalt. Wenn, ja wenn nicht die Verbände die Idee des Gesetzes ernstnehmen und schon jetzt vermehrt Frauen entsenden. Hier könnten die Männer ein Zeichen setzen, könnten sich bemühen, die gesetzlich gewünschte Parität herzustellen. Doch es ist offensichtlich sehr schwer, sich von gut dotierten und prestigeträchtigen Posten zu verabschieden und dann auch noch einer Frau Platz zu machen.

Gleichstellungsministerin Ilse Ridder-Melchers appellierte deshalb auf dem Frauenmedientag an die Gruppen und Organisationen, ernst zu machen und Frauen in den WDR-Rundfunkrat zu entsenden. Die Mühe könnte sich lohnen, eine kompetente Frau aus ihren Reihen aufzustellen. Sonst könnte es nämlich passieren, daß sich zur Amtsperiode im Jahre 2006 das Ungleichgewicht umkehrt, dann mehr als 30 Frauen einer Handvoll Männer gegenübersitzen. Dann nämlich müssen sie eine Frau aufstellen, es sei denn, die entstehenden Verbände finden trotz intensiver Suche keine geeignete Kandidatin. Ein Umstand, der dann öffentlich zu hinterfragen wäre. Ilse Ridder-Melchers wünschte sich denn auch mehr Juristen, die sich um die Gleichstellung von Mann und Frau bemühen denn solche, die sich unermüdlich damit beschäftigen, Haken und Schlupflöcher in den existierenden Gesetzen zu fin-den.

 

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