Es braut sich was zusammen

Cornelia Berger, Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di
Foto: Martha Richards

Die im Grundgesetz fest geschriebene Pressefreiheit gilt immer und in jedem Fall. Doch wenn ich sehe, was in diesen Tagen in Dresden und in Stuttgart, was beim Kyffhäuser-Treffen der AfD in Sachsen-Anhalt und nicht zuletzt beim G20-Gipfel im vergangenen Jahr in Hamburg vor sich geht, dann wird mir Angst und Bange. Unser Land braucht einen Plan, wie das Grundrecht auf Pressefreiheit und sein Schutz von Ämtern, Behörden und Dienststellen wirksam durchgesetzt werden können!

Die Rechtslage ist eindeutig: Journalistinnen und Journalisten dürfen bei Demonstrationen filmen und fotografieren, schreiben und O-Töne aufnehmen. Die Polizei darf Presseausweise kontrollieren, unter anderem dafür sind sie da und dafür stellt auch die dju in ver.di sie aus. Für die Beurteilung dieser recht simplen und eindeutigen Lage braucht es keine Medienrechtler oder sonstige Experten. Daran ändert auch die Datenschutzgrundverordnung oder der Neonazi-Pöbel nichts. Dabei stellen die Vorfälle in Dresden und Stuttgart nur die Spitze eines Eisbergs dar. Der dju in ver.di sind etliche Fälle bekannt, in denen Einsatzkräfte Neonazis geschützt haben und nicht die Journalistinnen und Journalisten, die über Konzerte, Zusammenkünfte und Demonstrationen vom rechten Rand berichten. Das zeigt: Da hat sich etwas Ungutes zusammengebraut.

Daher wäre es allerhöchste Zeit, dass die Mitglieder der Innenministerkonferenz sich intensiv mit dem Grundrecht auf Pressefreiheit befassen. Denn die Situation ist dramatisch. Wenn ein Mitarbeiter des sächsischen Landeskriminalamts genau weiß, mit welchen Methoden er offenbar nicht ausreichend informierte Einsatzkräfte dazu bringen kann, ein Fernsehteam für 45 Minuten an seiner Arbeit zu hindern, wenn ein Polizist in Stuttgart die Pressefreiheit außer Kraft setzt, weil er dem vermeintlichen Schutz von Mitgliedern der Identitären Bewegung Vorrang gibt, dann ist das ein Alarmsignal für den Umgang mit der Pressefreiheit. Und die Politik darf nicht länger tatenlos zusehen. Gerade in rechten Kreisen, die sich der Berichterstattung im öffentlichen Interesse oftmals zu entziehen versuchen, werden solche Methoden von Behinderung der Pressefreiheit nur zu gerne aufgegriffen und systematisch verbreitet.

Die Innenminister aller Bundesländer haben gemeinsam dafür Sorge und Verantwortung zu tragen, dass dieses Gebräu nicht in die Luft geht. Es gibt Grundsätze der Zusammenarbeit von Staat und Medien, die offenbar in den Behörden nicht hinreichend bekannt sind und die klar die Vorfahrt der Medien in der Berichterstattung benennen. Diese Vorfahrt gilt es jetzt wiederherzustellen!

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