Kein Verstoß bei Exklusiv-Vertrag

Deutscher Presserat mit umfangreichem Beschwerdeprogramm

Der Deutsche Presserat behandelte in seiner Märzsitzung in Berlin 125 Beschwerden. Neben den vier öffentlichen und zwei nicht-öffentlichen Rügen, die die drei Beschwerdeausschüsse aussprachen, gab es 21 Missbilligungen und 28 Hinweise. In 62 Fällen wurden die Beschwerden als unbegründet erachtet. Themen waren unter anderem Informationsfreiheit und die Trennung von Redaktion und Werbung.


Eine Journalistin hatte sich beim Deutschen Presserat über die exklusive Berichterstattung des Spiegel über tausende von WikiLeaks recherchierte Dokumente beschwert (M 1–2/2011). Moniert wurde, dass der Spiegel einen exklusiven Zugang zu den Dokumenten hatte und dadurch eine Monopolstellung einnehme. Die Beschwerde wurde als unbegründet zurückgewiesen. In Ziffer 1 Richtlinie 1.1 des Pressekodex heißt es zu Exklusiv-Verträgen: „Die Unterrichtung der Öffentlichkeit über Vorgänge oder Ereignisse, die für die Meinungs- und Willensbildung wesentlich sind, darf nicht durch Exklusiv-Verträge mit den Informanten oder durch deren Abschirmung eingeschränkt oder verhindert werden. Wer ein Informationsmonopol anstrebt, schließt die übrige Presse von der Beschaffung von Nachrichten dieser Bedeutung aus und behindert damit die Informationsfreiheit.“
Der Spiegel habe nicht gegen diese Richtlinie verstoßen, da das Angebot, Unterlagen exklusiv zu erhalten, von WikiLeaks kam, heißt es in der Begründung. Der Kodex könne einem Informanten – hier WikiLeaks – nicht vorschreiben, dass er sich mit seinem Material an mehrere Redaktionen wenden muss. Man könne der Zeitschrift nicht vorwerfen, dass sie dieses Angebot für eine exklusive Geschichte – wie auch die anderen Zeitungen im Ausland – angenommen habe. Ausschlaggebend sei, dass nicht die Redaktion diejenige gewesen sei, die einem Informanten die Infos als Exklusivmeldung abgekauft und damit ein Informationsmonopol anstrebt habe.
Für die Veröffentlichung von ungepixelten Fotos zweier ermordeter Jugendlicher erhielt BILD-Online eine nicht-öffentliche Rüge. Hier werde nach Meinung des Gremiums gegen die Persönlichkeitsrechte der Jugendlichen verstoßen. Das Wissen um die Identität der Opfer für das Verständnis des Verbrechens sei unerheblich, es bestehe kein öffentliches Interesse. Es gehe hier zudem um jugendliche Opfer, die besonderen Schutz genießen. (Verstoß gegen Richtlinie 8.1. Absatz 2 Pressekodex)
Wegen Schleichwerbung gerügt wurde unter anderem tv Hören und Sehen. Die Programmzeitschrift hatte vier Beiträge über Krankheitsbilder veröffentlicht. In jedem der Artikel wurde dabei ein Markenprodukt als Heilmittel genannt. In diesen Hinweisen erkannte der Beschwerdeausschuss Schleichwerbung, da jeweils ein einzelnes Produkt ohne nachvollziehbaren Grund aus einer Palette ähnlicher Präparate mit gleichen Wirkstoffen hervorgehoben wurde. Dadurch entstand ein publizistisch nicht begründbarer Wettbewerbsvorteil für einzelne Anbieter. (Verstoß gegen Richtlinie 7.2 Pressekodex)

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