Klare Positionen für die Pressefreiheit

Interview mit Michael Rediske, Vorstandssprecher der deutschen Sektion von Reporter ohne Grenzen (ROG)

Seit 20 Jahren gibt es in Deutschland eine Sektion der internationalen Organisation Reporter ohne Grenzen. Der Blick auf die aktuellen Krisenherde der Welt zeigt, wie wichtig die Arbeit für Pressefreiheit weltweit ist. Ein Gespräch mit ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske über den Einsatz und die Finanzierung der Organisation, über Bewertungen zur Pressefreiheit in einigen Ländern, die nicht von allen geteilt werden – etwa in Staaten Lateinamerikas.

Michael Rediske, Vorstandssprecher der deutschen Sektion von Reporter ohne Grenzen (ROG) Foto: Dietmar Gust
Michael Rediske, Vorstandssprecher der deutschen Sektion von Reporter ohne Grenzen (ROG)
Foto: Dietmar Gust

Entführte Journalisten in der Ukraine, inhaftierte Kollegen in der Türkei – das sind nur zwei aktuelle Beispiele von Repressionen gegen Medienvertreter aus jüngster Zeit. Ähnliche Fälle ließen sich auf fast allen Kontinenten finden. Hat sich also die Arbeit von Reporter ohne Grenzen in den vergangenen 20 Jahren nicht gelohnt?

Michael Rediske | Doch, sie hat sich auf jeden Fall gelohnt. Denn es gab viele inhaftierte Journalisten, die freigelassen wurden und Länder, in denen sich die Lage verbesserte. Aber die Pressefreiheit wird immer wieder neu bedroht, von Staaten, aber auch von Gruppen in einem Land. Dagegen muss man ankämpfen. Wird an einer Stelle ein kleiner Sieg errungen, beispielsweise durch eine demokratische Öffnung, beginnt an einem anderen Ort ein Bürgerkrieg, oder es gibt ein neues repressives Regime. Dann heißt es: durchatmen und weitermachen.

Bei welchen Themen aktuell besonders?

Im Moment arbeiten wir natürlich sehr viel zur Ukraine, wo es Journalisten gerade extrem schwer haben. Aber wir haben in Berlin zuletzt auch eine Veranstaltung zur Lage in Kolumbien gemacht oder Pressemitteilungen zu Weißrussland, Mazedonien und Afghanistan veröffentlicht.

In jüngster Zeit hat die Zahl der Presseerklärungen, aber auch der Veranstaltungen der Reporter ohne Grenzen in Deutschland deutlich zugenommen. Wie kommt das?

Wir hatten zuletzt mehr Öffentlichkeit und einige erfolgreiche Spendenaufrufe, das verbessert unsere Möglichkeiten. Wir können jetzt mit mehr Personal arbeiten als in den ersten zehn Jahren. Wir haben zwei Pressereferenten – eine Frau und einen Mann – und das ermöglicht natürlich auch mehr Öffentlichkeitsarbeit.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Riesa: Einschränkung der Pressefreiheit

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in ver.di Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen beobachtete am vergangenen Samstag die Demonstrationen in Riesa rund um den AfD-Parteitag. Ziel der Beobachtung war der Schutz der Presse- und Berichterstattungsfreiheit sowie der Aufdeckung potenzieller Gefährdungen für Journalist*innen. Insgesamt mehr als sieben Stunden war die dju während der zahlreichen Demonstrationen vor Ort. Die Gewerkschaft übt nun insbesondere gegenüber der Polizei Kritik am Umgang mit Journalist*innen und an der Einschränkungen der Pressefreiheit während des Einsatzes.
mehr »

Österreichs Rechte greift den ORF an

Eines muss man Herbert Kickl lassen – einen Hang zu griffigen Formulierungen hat er: „Die Systemparteien und die Systemmedien gehören zusammen, das ist wie bei siamesischen Zwillingen,“ sagte der FPÖ-Spitzenkandidat auf einer Wahlkampfveranstaltung im September. „Die einen, die Politiker, lügen wie gedruckt, und die anderen drucken die Lügen. Das ist die Arbeitsteilung in diesem System“. Seinen Zuhörenden legte Kickl mit seinen Worten vor allem eins nahe: Die rechte FPÖ könne dieses dubiose System zu Fall bringen oder zumindest von schädlichen Einflüssen befreien.
mehr »

Die Entstehung des ÖRR in Deutschland

Im Jahr 1945 strahlten die deutschen Radiosender Programme der Militärregierungen aus. Zum Beispiel Norddeutschland. Dort hatte der nationalsozialistische Reichssender Hamburg am 3. Mai seine Tätigkeit eingestellt. Nur wenige Stunden später besetzten britische Soldaten das Funkhaus und schon am 4. Mai erklang eine neue Ansage: „This is Radio Hamburg, a station of the Allied Military Government.”
mehr »

KI sitzt am Redaktionstisch

Erst vor wenigen Jahren hat ein Großteil der Menschen überhaupt erfahren, was Künstliche Intelligenz (KI) in der Praxis bedeutet. Genauer gesagt: Viele Menschen haben mit ChatGPT einen ersten Eindruck davon bekommen, wie Maschinen Texte formulieren, Prüfungsaufgaben in Sekundenbruchteilen lösen oder umfangreiche Artikel in wenigen Sekunden auf wesentliche Inhalte zusammenfassen. Auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zieht die generative KI seitdem ein.
mehr »