Konstruktive Spannung

Quellennachweis verhindert Schleichwerbung

Vermischungstendenzen von PR und Journalismus in den neuen Medien unterscheiden sich für Prof. Günter Bentele, Inhaber des PR-Lehrstuhls an der Uni Leipzig, nicht von denen in den „alten“ Medien – nur die Erscheinungsformen sind teilweise neu oder anders. Mit dem Experten sprach Gundula Lasch.

«M»: PR und Journalismus, ist das wirklich – wie allgemein behauptet – wie Feuer und Wasser?

Günter Bentele: Natürlich nicht – ich würde das Verhältnis eher als konstruktive Spannung beschreiben, wie sie auch zwischen Staatsanwälten und Verteidigern vorzufinden ist. Es sind einfach unterschiedliche Rollen, die eingenommen werden. Natürlich gibt es wie überall auch Konflikte, doch insgesamt ist das Verhältnis zwischen Journalisten und PR-Leuten als kollegial zu bezeichnen. Es gibt ja auch gewisse Abhängigkeiten, Kooperationen und anderes mehr.

«M»: Verschärfen das Internet und neue crossmediale Produkte nicht die Gefahr der Vermischung / Verflechtung von Journalismus + PR?

Natürlich gibt es diese Gefahr, doch die ist keine spezifische für die neuen Medien. Die zunehmende Vermischung und Verflechtung können wir in allen Medien beobachten. Ich setze die Grenzen nicht hinsichtlich der Form, sondern der Funktion: Derselbe Text kann ein journalistischer oder ein PR-Text sein – entscheidend ist, ob ein Unternehmen den Text zur Selbstdarstellung verwendet, zum Beispiel auf ihren Webseiten, oder ob dieser Text ein Artikel im Online-Angebot einer Tageszeitung ist.

Verantwortlich für die zunehmende Vermischung sind oftmals die Journalistinnen und Journalisten selbst. Sie können gegen steuern, indem sie Transparenz als Qualitätskriterium ansetzen. Im Klartext heißt das: wenn PR-Material verarbeitet wird, gehört die Quellenangabe dazu. Wenn immer auf Quellen wie Pressemittelungen von Unternehmen hingewiesen wird, könnte der Leser / Konsument die Einflüsse von PR klarer erkennen.

«M»: Sind Kaufhinweise / links in journalistischen Beiträgen bei Web- / Handy-Diensten und in elektronischen Programmführern (EPGs) völlig unzulässig oder notwendiges Übel zur Refinanzierung von neuen Medienformen?

Auch das ist keine Frage des Mediums. Für Schleichwerbung gibt es genügend rechtliche Hinweise. Richtlinien für die Trennung von Werbung und journalistischen Beiträgen gibt es unter anderem vom Deutschen Presserat und dem Deutschen Rat für Public Relations. Momentan gibt es noch keine speziellen für den Online-Bereich, das kann aber noch kommen. Wichtig ist und bleibt, dass diese Trennungsnorm Bestand behält. Wie diese mehr und mehr aufgeweicht wird, können wir in TV-Talkshows beobachten, die zu Werbesendungen mutieren: Die Moderatoren sind die Stichwortgeber und die jeweiligen Gesprächspartner werben munter für ihr neues Buch, ihre neue CD… Vergessen wird dabei offensichtlich, dass die Trennungsnorm ebenso für kulturelle Produkte gelten sollte. Im Hörfunk oder den Printmedien gibt es ähnliche Phänomene. Dass die Refinanzierung über Schleichwerbung unmoralisch ist, muss wohl nicht betont werden. Keine Suchmaschine ist „objektiv“. Man sollte sie grundsätzlich mit Vorsicht und Distanz nutzen, die verschiedenen Ergebnisse vergleichen. Das ist eine reine Übungsfrage.

 

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