Presserat spricht zehn Rügen aus

Symbolbild: 123rf/M

Auf seinen Sitzungen Anfang Dezember hat der Deutsche Presserat zehn öffentliche Rügen und 21 Missbilligungen ausgesprochen. Insgesamt behandelte das Gremium 118 Beschwerden. 48 Beschwerden wurden als unbegründet erachtet, sechs Beschwerden waren begründet, es wurde aber auf eine Maßnahme verzichtet. Einige Entscheidungen wurden vertagt. Der Deutsche Presserat ist die freiwillige Selbstkontrolle der Presse. 

Mehrfach gerügt wurde bild.de. Dabei ging es einmal um das unverpixelte Porträtfoto einer Frau, die von ihrem Ex-Feund erschossen wurde, sowie das Foto von ihrem Wohnhaus, wobei auch der Wohnort genannt wurde. Die identifizierende Berichterstattung über das Opfer bewertete der Beschwerdeausschuss als schweren Verstoß gegen Ziffer 8, Richtlinie 8.2 des Pressekodex. Danach ist die Identität von Opfern besonders zu schützen. 

Des Weiteren erhielt Bild.de gemeinsam mit „Bild am Sonntag“ wegen der identifizierenden Berichterstattung über die Tötung eines Teilnehmers beim Christopher Street Day in Münster eine Rüge. In der gedruckten Ausgabe habe die Überschrift „Hier läuft der Boxer zum Richter“ gelautet, online habe die Redaktion von einem „Homophoben CSD-Killer in U-Haft“ gesprochen. Beide Beiträge hätten den Vornamen und abgekürzten Nachnamen des Opfers genannt und es mit Bild gezeigt. Ein öffentliches Interesse an der identifizierenden Darstellung habe mit Blick auf den Verfahrenstand aber nicht bestanden. Gleichzeitig habe die Bezeichnung des Tatverdächtigen „Schuld und Tötungsvorsatz vorweggenommen“.  

Eine weitere Rüge erhielt Bild.de für die Berichterstattung über einen Strafprozess gegen einen Mann, der seine Lebensgefährtin getötet haben soll. Die Redaktion veröffentlichte ein Familienfoto, auf dem das Gesicht des späteren Opfers unverpixelt und der Tatverdächtige lediglich mit einem Augenbalken versehen war. Opfer und Täter wurden zudem mit Vornamen und abgekürztem Nachnamen genannt. Da eine Einwilligung der Angehörigen nicht vorgelegen habe, verstieß die identifizierende Darstellung gegen den Opferschutz nach Ziffer 8, Richtlinie 8.2 des Pressekodex. Mit Blick auf Richtlinie 8.1 hätte die Redaktion auch den mutmaßlichen Täter ausreichend anonymisieren müssen. 

Eine Rüge erteilte der Presserat außerdem an Intouch.Wunderweib.de.  Hier ging es bei einem Beitrag über Anna Loos und Jan Josef Liefers um einen schweren Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht mit einer irreführende Überschrift, in der der Presserat „Clickbaiting und eine schwerwiegende Irreführung der Leserschaft“ sieht. Die Online-Ausgabe der „Stuttgarter Zeitung“ erhielt eine Rüge für die Verwendung eines sexualisierenden Symbolbildes im Rahmen der Berichterstattung über eine polizeiliche Fahndung nach einer Vergewaltigung. Im Fall der „Braunschweiger Zeitung“ wurde der Betroffenen nicht ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Weitere Rügen gingen an Wunderweib.de, Stern.de und die „Zeit“. Bei der „Zeit“ ging es um ein Interview mit Chefin eines Kreuzfahrt-Veranstalters. Zu dem Kreuzfahrt-Unternehmen habe ein weiterer Veranstalter von Kreuzfahrten gehört, mit dem der Verlag zum Zeitpunkt der Veröffentlichung gemeinsam eine „Seereise Brasilien“ angeboten hatte. Darauf habe die jedoch nicht hingewiesen. 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Der Rotstift beim Kinderfernsehen

ARD und ZDF halten es nicht für sinnvoll, wenn die Bundesländer im Reformstaatsvertrag einen fixen Abschalttermin für das lineare Programmangebot des Kinderkanals KiKa festlegen. Die lineare Verbreitung zu beenden, sei „erst dann sachgerecht, wenn die weit überwiegende Nutzung eines Angebots non-linear erfolgt“, erklärten ARD und ZDF gemeinsam auf Nachfrage. „KiKA bleibt gerade für Familien mit kleinen Kindern eine geschätzte Vertrauensmarke, die den Tag linear ritualisiert, strukturiert und medienpädagogisch begleitet.“
mehr »

Journalismus unter KI-Bedingungen

Digitalkonzerne und Künstliche Intelligenz stellen Medienschaffende vor neue Herausforderungen. „KI, Big Tech & Co. – was wird aus dem Journalismus?“ lautete folgerichtig der Titel der 11. Medienpolitischen Tagung von ver.di und DGB am 16. Oktober in Berlin. Über 80 Wissenschaftler*innen, Rundfunkräte und Journalist*innen informierten sich auch über den aktuellen Stand der Debatte über den neuen Medien“reform“staatsvertrag.
mehr »

NRW: Zusammenschluss im Zeitungsmarkt

Die Konzentration im NRW-Zeitungsmarkt, insbesondere in der Region Ostwestfalen-Lippe (OWL), setzt sich fort. Die Neue Westfälische und das Westfalen-Blatt streben eine Kooperation an. Auch die Lippische Landes-Zeitung und das Mindener Tageblatt planen, ihre Verlagsaktivitäten künftig in einer gemeinsamen Holding zu bündeln.
mehr »

Neue Perspektiven für Klimajournalismus

Besondere Zeiten brauchen einen besonderen Journalismus – ein Motto, dass das im Juli gelaunchte deutschsprachige Medienprojekt „Neue Zukunft“ nicht aus werbestrategischen Gründen ausgegeben hat. Die Klimakrise und die Klimagerechtigkeitsbewegung erhalten in vielen Medien der Schweiz, Österreichs und Deutschlands ihrer Meinung nach nicht genügend Aufmerksamkeit. Gerade Gerechtigkeitsfragen erhöhen den Handlungsdruck im Zusammenhang mit den Folgen menschlichen Raubbaus an Ressourcen und Umwelt.
mehr »