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Engagierte Medien abseits des Mainstreams gibt es zunehmend mehr. Sie sind hochinteressant, aber oft wenig bekannt. Deshalb stellt M in jeder gedruckten Ausgabe und auf M Online einige davon vor.
Rund 100 Sendungen von etwa 120 Mitgliedern sind regelmäßig „on air“, rund um die Uhr, auch online. Mit den starken Regionalsendern wie SWR und HR kann das kleine Bürgerradio nicht konkurrieren. Der Jahresetat liegt bei etwa 120.000 Euro. Der Bermudafunk mit Sitz in Mannheim finanziert sich aus Mitteln der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg, die wiederum unter anderem aus dem Rundfunkbeitrag finanziert wird. Das reicht für Technik, Nebenkosten und 1,5 Stellen, die sich vier Leute teilen. Für Werbemittel, um die Zielgruppe der unter 30-Jährigen zu erschließen, bleibt nicht viel. Die meisten Macher*innen und Hörer*innen des Bermudafunks sind 30 bis 50 Jahre alt, schätzt Neu. „Sie sind mit dem Radio älter geworden.“
Eine Konkurrenz zu den großen Radios will Bermudafunk nicht sein, sondern ein Gegenmodell. Das „Programmstatut“ des Radios von 1998 stellt da hohe Ansprüche: „Gefördert wird die Verbreitung der Themen und gesellschaftlichen Fragen, die von bestehenden Medien ignoriert oder unterdrückt werden.“ Neu gibt zu: Die Sprache, in der das Statut verfasst wurde, sei nicht mehr zeitgemäß. Und auch die Ansprüche sind nach der Anfangseuphorie heruntergeschraubt. Den Großteil des Programms machen Musiksendungen aus. Die Formate sind dafür spannend und anders. Die „Radiotrinker“ philosophieren über alkoholische Getränke. Im „Nachtfunken“ geleiten zwei Moderatorinnen mit schläfrigen Stimmen durch die Nacht. Eine beliebte Sendung ist „Doppelpass“, von und für Fans des SV Waldhof Mannheim. „Sonar“ bietet Nachrichten aus der Region.
Technikprobleme, Dialekt, Lachanfälle – es ist manchmal chaotisch, immer charmant. „In einem kommerziellen Sendebetrieb wäre das eine mittlere Katastrophe, im Freien Radio dagegen ist das alles nicht so schlimm“, heißt es auf der Webseite. Alle können sein und senden, wie sie wollen, mit eigenem Kopf, Stärken und Schwächen. Gefällt Hörer*innen das Programm nicht? Kein Problem, dann sollen sie mitmachen. Das Bürgerradio will die Grenze zwischen Produzent*in und Rezipient*in aufheben. Alle können senden, aber nicht alles, betont André Neu. Kein Rassismus, kein Sexismus, keine Parteienwerbung, steht im Statut.