Die gelenkte Wahl

Das Wahlergebnis kam nicht unerwartet: Anfang August wurde Paul Kagame im ostafrikanischen Staat Ruanda als Präsident mit rund 93 Prozent der Stimmen wiedergewählt. Vorausgegangen war eine massive Kampagne gegen die Opposition – und auch gegen die Medien.

Um sicherzugehen, hatte die ruandische Regierung schon im April die beiden kritischen Blätter Umuvugizi und Umuseco verboten. Auch mehreren angeblich „illegalen“ Radio- und Fernsehsendern wurde die Ausstrahlung ihres Programms untersagt. Umuvugizi-Chefredakteur John-Bosco Gasasira verließ das Land noch im gleichen Monat. Er stand, wie er dem Komitee zum Schutz von Journalisten mitteilte, nicht nur unter ständiger Begleitung des militärischen Geheimdienstes, sondern erhielt auch telefonisch Morddrohungen. Zwar versuchte er über das Internet, weiter Informationen zu verbreiten, doch wurden die betreffenden Webseiten gesperrt. Gasasiras Stellvertreter Jean-Leonard Rugambage, der in Ruanda blieb, wurde im Juni erschossen. Eine im Exil erstellte Ausgabe von Umuseco beschlagnahmten die Behörden schon an der Grenze. Der Fahrer eines Wagens, der das Blatt transportierte, blieb tagelang im Gefängnis, obwohl er mit dem Produkt nichts zu tun hatte.
Weil die unabhängigen und regierungskritischen Medien weitgehend an der Arbeit gehindert wurden, waren bis zur Wahl in Ruanda kaum noch Kagame-kritische Stimmen zu vernehmen. Eine unabhängige Beobachtung der Wahl war nicht möglich. Und so blieb auch den internationalen Organisationen nur der Appell an den wiedergewählten Staatschef Kagame, Zensur und Einschüchterungen gegen Medien zu beenden und eine freie Presse zuzulassen.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Konstruktiv statt kontrovers bei Miosga

Anfang 2024 übernahm Caren Miosga im Ersten den Polittalk am Sonntagabend. Ihre Vorgängerin Anne Will hatte fast immer vier bis sechs Diskutanten zu Gast. Miosga setzt vor allem auf eine Kombination aus längerem Einzelgespräch und anschließender Diskussion mit nur zwei oder drei weiteren Gästen – gelungene Änderungen laut einer aktuellen Programmbeobachtung zur Sendung „Caren Miosga“ aus dem NDR-Programmausschuss.
mehr »

Rechtsstaat lässt Journalist*innen im Stich

Mehr als siebeneinhalb Jahre nach dem schweren Angriff von Neonazis auf zwei Journalisten in Fretterode (Thüringen) im April 2018 beginnt zwei Tage vor Weihnachten am Montag, den 22. Dezember 2025 am Landgericht Mühlhausen das Revisionsverfahren gegen zwei Neonazis aus dem Umfeld von Thorsten Heise in Fretterode (Thüringen).
mehr »

Russland erklärt DW zur «unerwünschten Organisation»

Nach der gestern, am 14. Dezember 2025, bekanntgewordenen Hochstufung des deutschen Auslands-TV durch den russischen Staat von einer Auslandsagenten-Organisation zur unerwünschten Organisation fordert die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) den wirksamen Schutz von durch Sanktionen betroffenen Journalistinnen und Journalisten.
mehr »

Freie unter Honorar-Druck

Die prekären Arbeitsverhältnisse im Journalismus sind schon lange bekannt. Besonders trifft es aber freie Journalist*innen, deren Honorare sogar noch weiter sinken. Das hat auch Auswirkungen auf die Art des journalistischen Arbeitens.
mehr »