Bis zum Schluss blieb unklar, ob die Digitalsteuer Thema auf dem G7-Gipfel werden würde. Deutschland unschlüssig, Frankreich vorausgeprescht, die USA wütend. Doch die Steuer war Thema. Mit dem Ergebnis, dass sich die beiden Hauptkontrahenten in diesem Spiel einigten. Erstmal. Direkt nach G7 werden nun Forderungen laut, auch in Deutschland dem französischen Modell zu folgen.
Diesmal twittert der französische Präsident. „Einige Digitalplayer zahlen sehr wenig Steuern – eine Ungerechtigkeit, die Arbeitsplätze zerstört. Donald Trump und ich haben vereinbart, zusammen an einer Vereinbarung zu arbeiten“, so Emmanuel Macron am Ende des G7-Gipfels am 26. August in Biarriz.
Die Drohungen von Gegenmaßnahmen wie Besteuerung von französischem Wein sind nun erstmal vom Tisch. Doch die „Einigung“, von der Marcron spricht und die Trump bis dato noch nicht bestätigt hat, ist noch verwaschen.
Die Frage nach Besteuerung der großen Akteure im Markt wie Google, Amazon, Facebook und Apple steht im Raum. Das soll nun im Rahmen der Organisation für Wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) geklärt werden. Sobald es eine solche Lösung gebe, wolle Paris die eigene Digitalsteuer wieder abschaffen und zu viel gezahlte Steuern erstatten. Von eventuell zu wenig gezahlten Steuern ist dabei keine Rede. Am Rande: Die Idee, die Digitalsteuer auf OECD-Ebene zu klären, entspricht dem Vorschlag der Bundesregierung von 2018, den Frankreich damals entschieden zurückwies, da im OECD-Kreis neben 35 Staaten auch die USA mitentscheiden. Der deutsche Vorschlag, der nun Grundlage der Einigung zwischen Frankreich und den USA ist, wurde in Paris noch Anfang des Jahres als Versuch Berlins gewertet, die Steuer auszubremsen.
Nun läuft erstmal alles weiter wie gehabt. Die „Taxe GAFA“ (Google, Amazon, Facebook, Apple), wie die Franzosen die Digitalsteuer nennen, wurde am 1. Januar 2019 eingeführt. Sie betrifft grundsätzlich alle Unternehmen der Branche mit einem Jahresumsatz ab 750 Mrd. Euro weltweit und ab 25 Millionen in Frankreich. GAFA werden nun mit drei Prozent taxiert. Die Steuer betrifft Umsatzsteuer, inklusive Werbeeinnahmen und den Weiterverkauf persönlicher Daten.
Deutschland lehnte ein solches Modell bisher strikt ab. Auch die EU konnte sich noch nicht zu einer gemeinsamen Lösung durchringen. Dabei wird nach Einschätzung zahlreicher Marktteilnehmer und der Medienpolitik genau eine solche Steuer aber dringend benötigt – allein schon, um Fairness gegenüber den heimischen Unternehmen herzustellen.
„Bisher konnten sich die mächtigen Digitalkonzerne recht erfolgreich vor ihrer gesellschaftlichen Verantwortung drücken, doch die Kritik an GAFA ist heute allgegenwärtig spürbar“, sagt Cornelia Holsten, Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten und Direktorin der Bremischen Landesmedienanstalt gegenüber M.
Wo früher nerdige Programmierer und Visionäre wie Mark Zuckerberg oder Elon Musk Vorbilder gewesen seien und als Helden gehypt wurden, richte sich der Blick nun immer öfter auf die Regulierer und Politiker, so Holsten. Angesichts des Einflusses der Konzerne auf die Medien- und Meinungsvielfalt sei es richtig und wichtig, die Regeln des Zusammenlebens zunehmend breit zu diskutieren.
Vor allem faire Steuern und faire Regulierung gehören aus Sicht der Medienanstalten dazu. Gerade diese müssen seit Jahren dabei zuschauen, wie GAFA mit den Inhalten der bei ihnen lizenzierten Anbieter Geld verdienten, ohne diese ausreichend zu besteuern. Der kleine Lokalsender, oft Produzent genau dieser Inhalte, zahlt dagegen einen vollen Steuersatz.
Als Grund für die auffällige Zurückhaltung der Bundesregierung werden die unberechenbaren Reaktionen aus Washington angesehen. „Dieses Vorgehen stellt sich jetzt als Eigentor heraus“, sagte der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold dem Spiegel. „Frankreich nimmt ab sofort Steuern ein, Deutschland geht erst einmal leer aus.“ Macron sei es gelungen, mit der US-Regierung einen „absolut fairen Deal“ zu verhandeln. „Das zeigt, dass sich Mut auch gegenüber den USA bezahlt macht“, so Giegold. Auch Grünen-Chef Robert Habeck fordert nach der Einigung Paris-Washington nun, die global agierenden Internet-Unternehmen auch in Deutschland höher zu besteuern. Eine Digitalsteuer könne problemlos national oder durch Vorreiterstaaten eingeführt werden, so Habeck gegenüber der dpa.
Auch der kleine Nachbar Österreich tritt bei der Frage nach Besteuerung der Großen weit selbstbewusster gegenüber den USA auf als die deutsche Bundesregierung. Eine Digitalsteuer von gleich fünf Prozent wurde im April in Wien beschlossen, aufgrund der Regierungskrise im Anschluss („Ibiza Video“) aber noch nicht umgesetzt. In ihren Plänen gehen die Österreicher noch weiter als die Kollegen in Paris und weiten das Konzept auf Online-Bestellungen aus. So sollen auch Pakete aus Nicht-EU-Staaten künftig voll besteuert werden. Bisher trifft das auf Bestellungen ab 22 Euro zu. Und das tritt vor allem einen Geschäftspartner, an den sich in der EU bisher noch keiner herangewagt hat: China.