Ein perfekter Sturm aus jahrelanger Misswirtschaft, Korruption und gesunkenen Einnahmen infolge der Corona-Krise hat Südafrikas öffentlich-rechtlichen Rundfunk SABC in schwere finanzielle Nöte gebracht. Leidtragende sollen die Beschäftigten sein, mindestens 303 festangestellten Mitarbeiter*innen droht im Zuge von Umstrukturierung die Entlassung. Die Gewerkschaften kritisieren den Prozess als unfair und ungesetzlich – auch weil es bei der Ausschreibung neuer Stellen hakt.
Die Krise der SABC ist wesentlich älter als die Corona-Pandemie. Ihren Ursprung hatte sie bereits in der Ära des 2018 infolge schwerer Korruptionsvorwürfe zurückgetretenen Staatspräsidenten Jacob Zuma. Der Politiker des seit dem Ende der Apartheid 1994 regierenden African National Congress (ANC) hatte versucht, den Sender zu seinem Haus- und Hof-Funk zu machen.
Misswirtschaft und schlechte Zahlungsmoral
Der von Zuma zu diesem Zweck in der Johannesburger SABC-Zentrale installierter Loyalist, der ehemalige Hauptgeschäftsführer Hlaudi Motsoeneng, hatte zwar fachliche Kompetenzen in seinem Lebenslauf erfunden, funktionierte ansonsten aber wie gewünscht: Als windige Unternehmer aus Zumas direktem Umfeld sich auf Kosten des Senders den Aufbau ihres eigenen Medienimperiums finanzieren ließen, hielt Motsoeneng still. Aktiv wurde er dagegen, als die Nachrichtenredaktion über Proteste in verarmten Gemeinden berichtete, in denen der Bau von Sozialwohnungen oder die Bereitstellung von Wasser und Strom jahrelang nicht vorankam. Da untersagte Motsoeneng die Berichterstattung, weil sie angeblich Gewaltakte fördere, und entließ Reporter, die sich gegen den Eingriff in die Redaktionshoheit zur Wehr setzten. Als der Scharlatan-Geschäftsführer 2017 gehen musste, hinterließ er einen gigantischen Schuldenberg und geschrumpfte Einschaltquoten.
2018 erklärte der neue Sender-Chef Madoda Mxakwe schließlich die technische Insolvenz des Senders, im Folgejahr konnte die Pleite lediglich durch eine staatliche Finanzspritze in Höhe von 3,2 Milliarden Rand (180 Millionen Euro) abgewendet werden. Die Regierung knüpfte daran jedoch Auflagen zu einem strikten Sparkurs. Die SABC gehört zwar dem südafrikanischen Staat, soll sich aber finanziell selbst tragen. Zu vier Fünfteln ist der Sender dabei auf Werbeerlöse angewiesen, die aber in der Corona-Krise noch weiter eingebrochen sind. Auch die zweite Finanzquelle – Rundfunkbeiträge – erbrachte in Zeiten von Pandemie und stark gestiegener Arbeitslosigkeit nur noch geringere Einnahmen. Wie schlecht es um die Zahlungsmoral der Zuschauer*innen bestellt ist, zeigt schon der Werbespot, mit dem die SABC dazu aufruft, das Entgelt für die TV-Lizenz zu bezahlen: „Bezahlen Sie Ihre, machen Sie einen Unterschied!“, heißt es darin.
Nachdem bereits seit 2018 Massenentlassungen im Raum standen, kündigte die Sender-Führung im Juni vergangenen Jahres schließlich an, 600 Stellen streichen zu wollen. Bei insgesamt etwa 3000 Beschäftigten hätte dies bedeutet, dass jeder fünfte Arbeitsplatz weggefallen wäre. Nach Protesten der Gewerkschaften Broadcasting, Electronic, Media & Allied Workers Union (Bemawu) und Communication Workers’ Union (CWU) wurde der Streichungsplan schließlich auf 303 Kündigungen reduziert. Eine Klage der Bemawu gegen die Entlassungen wies das Arbeitsgericht in Johannesburg im Dezember zurück. Kommunikationsministerin Stella Ndabeni-Abrahams (ANC) erklärte sich zwar solidarisch mit den Beschäftigten, hatte die Sparauflagen aber 2018 selbst verkündet und innerhalb des Kabinetts nun auch keine neuen Hilfen für die SABC erwirkt. Am 23. Februar erklärte SABC-Personalvorstand Mojaki Mosia schließlich vor dem zuständigen Parlamentsausschuss, dass der Entlassungsprozess bis Ende derselben Woche abgeschlossen sein solle. Doch danach sieht es auch zum Ende der ersten März-Woche noch nicht aus.
Goldener Handschlag nicht angeboten
Die Gewerkschaften wehren sich weiterhin gegen die Kündigungen, die zudem mit einem Einfrieren der Gehälter für die verbliebenen Beschäftigten über drei Jahre sowie einer Kürzung des Urlaubsanspruchs von 35 auf 28 Tage einhergehen sollen. Hauptstreitpunkt ist allerdings die Zahl der Beschäftigten, die den Sender verlassen sollen. Anfang März erklärte CWU-Generalsekretär Aubrey Tshabalala gegenüber dem Nachrichtenportal SABC News, dass nach Erhebungen der Gewerkschaft etwa 270 Mitarbeiter*innen gegen eine Abfindung freiwillig gehen würden. Dementsprechend müsse es maximal 30 Kündigungen geben, die SABC halte aber an der Zahl von 300 fest.
Die Gewerkschaften bemängeln zudem Versäumnisse im angekündigten Umstrukturierungsprozess. So hatte die SABC-Führung angekündigt, dass entlassene Mitarbeiter*innen sich auf neu ausgeschriebene Stellen wiederbewerben könnten. „Eine Vielzahl von Stellen, die meisten davon wichtige Stellen, sind nicht ausgeschrieben worden und es hat auch nicht den Anschein, als wolle die SABC diese Stellen ausschreiben“, kritisierte Bemawu-Präsident Hannes du Buisson. Manche Stellen seien zudem „übers Wochenende per E-Mail“ ausgeschrieben worden, andere mit extrem kurzen Bewerbungsfristen. Dies führe dazu, dass Mitarbeiter*innen vor die Tür gesetzt würden, die eigentlich übernommen werden sollten. „Der Prozess ist unfair und er ist fehlerhaft“, so das Fazit des Gewerkschafters. Beide Gewerkschaften erwägen deshalb, erneut vor Gericht zu ziehen.