Saudi-Arabien: Stopp für Cloud-Services

Protestaktion von Amnesty International in den Niederlanden gegen die Verletzungen der Menschenrechte in Saudi-Arabien (2019). Gefordert wird die Freilassung aller Gefangenen, die sich für Menschenrechte eingesetzt haben.
Foto: Amnesty International/Pierre Crom

Amnesty International hat gemeinsam mit 38 anderen Menschenrechtsorganisationen und Einzelpersonen einen Aufruf veröffentlicht, der Google dazu bewegen soll, den angepeilten Start seines Cloud-Services in Saudi-Arabien bis auf Weiteres auf Eis zu legen. Grund hierfür sind ernsthafte Bedenken über anhaltende Menschenrechtsverletzungen im Land und die Sorge, dass die dortige Regierung die eigene Bevölkerung mithilfe der Daten von Tech-Firmen noch strenger zensieren und kontrollieren könnte als bisher.

„Die Liste an Repressalien gegen öffentliche Kritik, mutmaßliche Spionage und die Infiltration von Technologie-Plattformen, der Einsatz von Cyber-Überwachungssoftware und ein gefürchtetes Justizsystem machen aus Saudi-Arabien ein Land, in dem es nicht sicher ist, das Google Cloud Service zu hosten“, heißt es in der Stellungnahme von Amnesty in Kooperation mit Menschen- und Bürgerrechtsgruppierungen wie der Electronic Frontier Foundation oder Media Matters for Democracy.

„In einem Land, wo Andersdenkende verhaftet und für die Äußerung ihrer Meinung eingesperrt und gefoltert werden, könnte der Plan Googles den saudi-arabischen Behörden noch mehr Macht verleihen, um Netzwerke zu bespitzeln, sich Zugang zu Daten von friedlichen Aktivisten zu verschaffen und jegliche individuelle Kritik zu unterdrücken“, warnt Rasha Abdul Rahim, Leiter von Amnesty Tech. Der Internetkonzern soll deshalb die Pläne für einen Start des Cloud Service noch einmal überdenken. „Wir verlangen einen Stopp, zumindest solange, bis das Unternehmen öffentlich darlegen kann, wie es gedenkt, den potenziellen Missbrauch seiner Plattform zu verhindern“, so Rahim.

Verstöße seit vielen Jahren

Dass Saudi-Arabien in Sachen Menschenrechte und Bürgerbespitzelung nicht gerade ein Vorzeigekandidat ist, ist längst kein Geheimnis mehr. „Über viele Jahre hinweg haben Organisationen wie Amnesty und Human Rights Watch über die Menschenrechtsverstöße im Land berichtet“, betonen die Initiatoren des aktuellen Aufrufs. Seit 2017 habe Machthaber Kronprinz Mohammed bin Salman beispielsweise gezielt Massenverhaftungen von Geistlichen, Intellektuellen, Akademikern, Bürgerrechtlern und Mitgliedern der Frauenrechtsbewegung durchführen lassen.

Wie der Fall des brutal ermordeten Journalisten Jamal Khashoggi im Oktober 2018 gezeigt habe, schreckt das Regime mittlerweile auch nicht mehr davor zurück, Dissidenten im Ausland zu verfolgen, kritisiert Amnesty: „Auch auf die Mitarbeiter von großen internationalen Firmen, die in Saudi-Arabien aktiv sind, haben sie es abgesehen. 2019 wurden etwa zwei Twitter-Angestellte vom US-Justizministerium verklagt, weil sie für die Saudis spioniert haben.“

 

Weitere aktuelle Beiträge

Rundfunkbeitrag: Rechtsweg unerwünscht

Die Landesregierungen von Bayern und Sachsen-Anhalt erwarten von ARD und ZDF weiterhin, dass sie ihre Verfassungsbeschwerden zum Rundfunkbeitrag zurückziehen. Erst wenn dies passiert, wollen sie den Modellwechsel zur künftigen Festsetzung des Rundfunkbeitrags unterstützen. Das erklärten die Staatskanzleien in München und Magdeburg auf Nachfrage.
mehr »

US-Auslandssender kämpft ums Überleben

Von einem „großen Geschenk an Amerikas Feinde“ spricht Stephen Capus, Präsident von Radio Free Europe/Radio Liberty: Die brutalen Kürzungen der Trump-Regierung haben auch den US-Auslandssender mit Sitz in Prag erreicht. RFE/RL wehrt sich mittlerweile vor Gericht. Zugleich machen sich mehrere EU-Länder für eine europäische Finanzierung stark.
mehr »

Ressourcen für Auslandsjournalismus

Der Auslandsjournalismus in Deutschland steckt in der Krise. Die Zahl der Korrespondent*innen nimmt ab, Freie arbeiten unter zunehmend prekären Bedingungen. So geraten ganze Weltregionen aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit. Journalist*innen plädieren darum für eine andere Form der Finanzierung. Die gute Nachricht: Das Interesse des deutschen Publikums ist da. Dass die Menschen wissen wollen, was in anderen Ländern los ist, beweist nicht zuletzt das ARD-ZDF-Jugendangebot Funk.
mehr »

Dienstleister bestreikt den MDR

Der gestrige Streik der MCS TEAM GmbH zeigte deutliche Auswirkungen auf das Fernsehprogrammprogramm des MDR. Live-Schalten fielen aus und nicht alle Beiträge in der Sendung „Sachsen-Anhalt Heute“ konnten ausgestrahlt werden. Hintergrund des Streiks waren die bislang unzureichenden Angebote der Geschäftsführung. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di fordert eine Erhöhung der Gehälter um 6 Prozent, mindestens aber um 200 Euro pro Monat, bei einer Laufzeit von 12 Monaten.
mehr »