Taliban verhaften neun Journalisten

Taliban-Sprecher Zabihullah Mujahid schüttelt einem Journalisten nach der ersten Pressekonferenz am 17. August 2021 in Kabul die Hand. Mujahid gelobt die Frauenrechte zu respektieren und für ein sicheres Afghanistan zu sorgen. Foto: AP/Rahmat Gul

In den vergangenen elf Tagen durchsuchten die Taliban in fünf afghanischen Provinzen unabhängige Nachrichtenmedien und ließen insgesamt neun Journalisten verhaften, berichtet Reporter ohne Grenzen (RSF). Sie wurden ohne Angabe von Gründen festgenommen. Mit einer Ausnahme seien alle noch in Haft. Wo sie festgehalten werden, sei nicht bekannt. Reporter ohne Grenzen (RSF) fordert die bedingungslose Freilassung aller inhaftierter Journalistinnen und Reporter.

„Unter den afghanischen Medienschaffenden herrschen Angst und Unsicherheit. Die Taliban haben einmal mehr bewiesen, dass ihre anfänglichen Versicherungen, sie würden die Pressefreiheit respektieren, nichts als Lügen waren“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr.

Festnahmen durch den Geheimdienst

Zutiefst beunruhigend sei, dass die Festnahmen in mindestens fünf Fällen mit Unterstützung des Geheimdienstes GDI durchgeführt wurden – unter Umgehung der Kommission für Medienbeschwerden und Rechtsverletzungen (MCRVC), bewertet RSF die Situation. Die 2022 nach einjähriger Unterbrechung wieder eingerichtete MCRVC solle verhindern, dass sich andere Stellen in Medienangelegenheiten einmischen, und sicherstellen, dass eine „neutrale“ Gruppe jeden gemeldeten Verstoß untersuche. So beschrieb es damals der Sprecher des Taliban-Regimes und ehemalige stellvertretende Informationsminister Zabihullah Mujahid.

Für RSF sei nach mehreren Monaten klar, dass sich das Informationsministerium an keine der Sicherheitsvorkehrungen gehalten habe. „Darüber hinaus werden die Medien im Namen der Scharia systematisch verfolgt – eine eklatante Verletzung des afghanischen Gesetzes zu Massenmedien. „Die Zukunft des unabhängigen Journalismus in Afghanistan sieht düster aus, zugleich macht jedoch Mut, wie widerstandsfähig die Journalistinnen und Reporter sind“, betont RSF.

Deutsches Bundesaufnahmeprogramm: bislang keine Hilfe

„Ein Hoffnungsschimmer für afghanische Medienschaffende war das Mitte Oktober 2022 angelaufene Bundesaufnahmeprogramm: Jeden Monat wollte die Bundesregierung 1.000 gefährdete Afghaninnen und Afghanen nach Deutschland holen. Schon kurz nach Beginn des Programms bemängelte RSF die zahlreichen Schwachstellen. Viele Kritikpunkte bestehen auch fast ein Jahr nach dem Start weiter“, heißt es in der RSF-Meldung.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Negativrekord der Pressefreiheit

Mehr Übergriffe im Umfeld von Wahlen und eine Rekordzahl von Ländern mit katastrophalen Bedingungen für Medienschaffende. Die Lage der Pressefreiheit hat sich im weltweiten Vergleich weiter deutlich verschlechtert. Dies geht aus der Rangliste der Pressefreiheit 2024 von Reporter ohne Grenzen (RSF) hervor. Der Analyse zufolge befanden sich im vergangenen Jahr 36 Länder in der schlechtesten Wertungskategorie. Das sind so viele wie seit mehr als zehn Jahren nicht.
mehr »

Medienhäuser müssen Journalisten schützen

„Die Pressefreiheit ist auch in Deutschland zunehmend bedroht”, kritisiert die Bundesvorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalistenunion (dju) in ver.di, Tina Groll, zum Internationalen Tag der Pressefreiheit. Die dju in ver.di verzeichne mit großer Sorge eine wachsende Anzahl der Angriffe, die die Gewerkschaft für Medienschaffende in einem internen Monitoring festhält.
mehr »

Beitragsanpassung unter der Inflationsrate

Seit die aktuelle Empfehlung der KEF zur Beitragsanpassung vorliegt, gibt es mehrere Ministerpräsidenten, die eine Zustimmung zu einer Erhöhung kategorisch ausschließen. Dabei hatte das Bundesverfassungsgericht vor drei Jahren bereits geurteilt, dass sich ein Bundesland dem Vorschlag der KEF im bislang gültigen Verfahren nicht einfach so widersetzen darf. M sprach mit dem KEF-Vorsitzenden Prof. Dr. Martin Detzel über die aktuelle Debatte um die Rundfunkfinanzierung.
mehr »

Filmtipp: Die Mutigen 56

Hin und wieder ist es gar nicht verkehrt, sich bewusst zu machen, wie gut es uns in vielerlei Hinsicht geht. Jedenfalls gemessen an anderen Zeiten. Vieles von dem, was uns heute selbstverständlich erscheint, musste erst erkämpft werden, zum Beispiel die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall; davon erzählt das sehenswerte Dokudrama „Die Mutigen 56 – Deutschlands längster Streik“.
mehr »