Bedenken bei neuem Medienstaatsvertrag

Das Morgenmagazin aus dem Berliner ZDF-Studio. Foto: Murat Türemis

Am 19. November hat die Rundfunkkommission der Länder einen „Diskussionsentwurf zu Auftrag und Strukturoptimierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ vorgelegt. Bis 14. Januar lief die öffentliche Konsultationsphase. Grundsätzlich begrüßen der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di den Entwurf zum neuen Medienstaatsvertrag und das Vorhaben, der digitalen Transformation der Anstalten einen rechtlichen Rahmen zu geben. Allerdings haben ver.di und der DGB neben einzelnen Ergänzungen bei anderen Vorschlägen verfassungsrechtliche Bedenken. 

Das betrifft insbesondere die Schwerpunktbildung im Programmbereich (§ 26 Abs. 1 Satz 8 MStV-E) und dabei die Abstufung der Unterhaltung (§ 26 Abs. 1 Satz 9 MStV-E). Im vorgelegten Entwurf heißt es, dass die „Programme … der Kultur, Bildung, Information und Beratung“ zu dienen hätten. Unterhaltung wird separat aufgeführt und dahingehend eingeschränkt, dass sie einem öffentlich-rechtlichen Profil entsprechen muss. Stattdessen wollen ver.di und der DGB folgende Formulierung: „Die öffentlich-rechtlichen Angebote haben der Information, Bildung, Beratung, Kultur und Unterhaltung zu dienen.“ Das Gesamtprogramm müsse einem öffentlich-rechtlichen Profil entsprechen. Unterhaltung sei den anderen Bereichen gleichzustellen. 

Vollständig gestrichen werden soll die Formulierung, dass „das öffentlich-rechtliche Angebotsprofil in den eigenen Rundfunkprogrammen und Telemedienangeboten in besonderem Maße dort wahrnehmbar sein soll, wo die Nutzung dieser Angebote üblicherweise besonders hoch ist“. Viel wichtiger sei, die Wahrnehmbarkeit der öffentlich-rechtlichen Programme und Angebote im Digitalen weiter abzusichern. Hier sollten nach Ansicht der Gewerkschaften Auffindbarkeitsprivilegien für gemeinwohlorientierte Medien auf den Medienintermediären geprüft werden, um dort die kommunikative Chancengleichheit sicherzustellen. 

Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen auch beim Finanz-Benchmarking durch die Gremien (§ 31 Abs. 2 c MStV-E) und bei der Deckelung der Kosten bei Verlagerungen von Programmen ins Nichtlineare (§ 32a Abs. 6 MStV-E). Diese Vorschläge seien nicht mit der Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG vereinbar.


Gemeinsame Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft – ver.di zum Diskussionsentwurf zu Auftrag und Strukturoptimierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (MStV-E) Stn_verdi-und DGB_MAEStV_220113-final

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Italien: Neun Jahre Haft für Recherche?

Drei Reporter*innen der italienischen Tageszeitung Domani müssen mit bis zu neun Jahren Gefängnis rechnen. Die Staatsanwaltschaft Perugia ermittelt gegen sie, weil sie vertrauliche Dokumente von einem Beamten angefordert und erhalten und das Geheimhaltungsprinzip der Ermittlungen verletzt haben sollen. Die dju-Bundesvorsitzende Tina Groll kritisierte, dass „hier investigative Berichterstattung über Mitglieder der italienischen Regierung unterdrückt werden soll."
mehr »

KI darf keine KI-Texte nutzen

Die Diskussion über Möglichkeiten und Grenzen der KI im eigenen Metier wird Journalist*innen noch lange weiter beschäftigen. Bei der jüngsten ver.di-KI-Online-Veranstaltung ging es um den Anspruch an Gute Arbeit und Qualität. ver.di hat zum Einsatz von KI Positionen und ethische Leitlinien entwickelt. Bettina Hesse, Referentin für Medienpolitik, stellte das Papier vor, das die Bundesfachgruppe Medien, Journalismus und Film zum Einsatz von generativer Künstlicher Intelligenz im Journalismus erarbeitet hat.
mehr »

RSF: Vertrauen Sie der freien Presse!

Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung wählt in diesem Jahr ein neues Staatsoberhaupt oder eine neue Regierung, Regional- oder Kommunalpolitiker. Gleichzeitig begeht die deutsche Sektion von Reporter ohne Grenzen (RSF) ihr 30-jähriges Bestehen. Grund genug für die Kampagne „Erste Worte“. Unterschiedliche Menschen hören Auszüge aus den Antrittsreden ihrer Präsidenten: Wladimir Putin aus dem Jahr 2000, Nicolás Maduro aus dem Jahr 2013 und Recep Tayyip Erdogan 2014.
mehr »

Unabhängige Medien in Gefahr

Beim ver.di-Medientag Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen diskutierten am 20. April rund 50 Teilnehmende im Zeitgeschichtlichen Forum in Leipzig die aktuelle Entwicklungen in der Medienlandschaft, die Diversität in den Medien und Angriffe auf Medienschaffende. Das alles auch vor dem Hintergrund, dass bei den kommenden Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg die AfD laut Umfragen stark profitiert. 
mehr »