Reform zu Gunsten von Verwertern und Geräteherstellern
Zufrieden sein müssten eigentlich die deutschen Medien- und IT-Konzerne mit den Vorgaben des Bundesjustizministeriums für die nächste Urheberrechtsnovelle. Denn es sollen fast nur Regelungen zu ihren Gunsten umgesetzt werden. Doch auch sie nörgeln. Von der Agenda-2010-Regierung hätten sie noch mehr erwartet.
Kaum Positives erwarten dürfen hingegen die Kreativen vom „Zweiten Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft“, dessen Referentenentwurf das Bundesministerium der Justiz am 29. September veröffentlicht hat. Daran kann auch die parallel gestartete Informationskampagne des BMJ mit dem Internetportal www.kopien-brauchen-originale.de (hier auch Download des Entwurfs) nichts ändern.
Zwar waren die Vertreter der Urheber (darunter auch von ver.di) an der monatelangen Diskussion in elf Arbeitsgruppen zum so genannten „Zweiten Korb“ beteiligt, doch ihre Forderungen blieben weitgehend unberücksichtigt. Ausstellungsvergütung und Künstlergemeinschaftsrecht („Goethegroschen“) wurden für obsolet erklärt, die Rechtsstellung der Filmurheber und Schauspieler gegenüber den Produzenten geschwächt, auf Regelungen zu elektronischen Pressespiegeln verzichtet und den Verlegern quasi eine Art eigenes „Leistungsschutzrecht“ zugestanden. Endgültig zurückgewiesen wurde zudem die breit getragene Forderung nach Durchsetzungsmöglichkeit der legalen Privatkopie im digitalen Bereich.
Zwei Änderungen im Urheberrechtsgesetz sind es insbesondere, die sich nachteilig für die Urheber auswirken können. So soll der bisherige § 31 Abs. 4 UrhG gestrichen werden, der Vereinbarungen über unbekannte Nutzungsarten unmöglich machte. Diese Schutzvorschrift verhindert bisher, dass Urheber zu einem Buyout auch für solche Nutzungen ihrer Werke gezwungen werden konnten, die bei Vertragsabschluss noch gar nicht bekannt oder gebräuchlich waren.
Solche Abmachungen sollen nun zulässig sein, zwar mit einem Widerrufsrecht versehen, das allerdings für Filme und andere Werke mit vielen Urhebern eingeschränkt ist. Im Gegenzug wird Urhebern durch einen neuen § 32c UrhG dafür ein Anspruch auf eine „besondere angemessene Vergütung“ zugestanden.
Gefordert hatten die Streichung insbesondere die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die ihre Archive in den neuen Medien auswerten wollen. Deshalb gibt es auch eine Übergangsregelung im neuen § 137l UrhG, durch die Alt-Erwerber von ausschließlichen Nutzungsrechten auch die Rechte an neuen Nutzungsarten innerhalb eines Jahres nach In-Kraft-Treten des „Zweiten Korbs“ erhalten, sofern die Urheber dem nicht widersprechen.
Die Streichung von § 31 Abs. 4 UrhG könnte dann einen Sinn machen, wenn die Regelungen der Urheberrechtsreform von 2002 in der Praxis umgesetzt sind – wenn also für die einzelnen Branchen gemeinsame Vergütungsregeln vereinbart worden sind, die Urhebern eine „angemessene Vergütung“ garantieren. Doch bisher ist weder für Tageszeitungen noch für Zeitschriften ein Abschluss in Sicht und während hier immerhin verhandelt wird, sind die Verhandlungen für Übersetzer zum Beispiel gescheitert. So wird die Streichung nur zu neuen Klauseln in Total-Buyout-Verträgen und AGB’s führen, wie sie gerade aktuell wieder die Süddeutsche Zeitung durchpressen will.
Grundlegend verändert werden soll zweitens das System der Urhebervergütungen für Vervielfältigungsgeräte und Speichermedien. Im Mittelpunkt steht hier „die Übergabe der bisherigen staatlichen Regulierung der Vergütungssätze in die Hände der Parteien“, heißt es in der Begründung zur Neuregelung der §§ 54 – 54g UrhG. Positiv: Ein auf ein halbes Jahr begrenztes Schiedsstellenverfahren und die Bestimmung des Oberlandesgerichts München als erster Entscheidungsinstanz werden die bisher jahrelangen Prozesse der Verwertungsgesellschaften gegen die Gerätehersteller deutlich verkürzen. Die Urheber werden also schneller das ihnen zustehende Geld als Ausgleich für Privatkopien erhalten.
Doch die Abgaben selbst sollen künftig nicht nur an die tatsächliche Kopiernutzung für urheberrechtliche Inhalte gekoppelt werden, sondern auch in „einem wirtschaftlich angemessenen Verhältnis zum Preisniveau des Geräts oder des Speichermediums“ stehen. Das hatte der IT-Unternehmerverband BITKOM seit langem gefordert. Den Effekt umschrieb Bundesjustizministerin Brigitte Zypries mit den Worten: „Es wird eher weniger Geld für Urheber geben.“ Und wo Kopierschutzmaßnahmen angewendet werden, gibt es gar nichts mehr. „Je mehr Kopierschutz, desto weniger Gerätevergütung“, so Zypries.