Die Piratenfraktion in Schleswig-Holstein fordert Redaktionsstatute zur Stärkung der inneren Pressefreiheit. Dazu hat sie jetzt einen Gesetzesentwurf vorgelegt.
Was die von SPD, Grünen und dem Südschleswigschen Wählerverband mehrheitlich getragene schleswig-holsteinische Landesregierung bis dato nicht auf ihrer Agenda hatte, schiebt nun die Piratenfraktion im Kieler Landtag an: Die so sehr auf Transparenz bedachten „parlamentarischen Freibeuter“ machen sich für eine Änderung des Landespressegesetzes stark und fordern zur Wahrung der journalistischen Unabhängigkeit die Einrichtung von Redaktionsstatuten und dabei konkret die Einsetzung von Redaktionsvertretungen. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf mit Bezug auf das Landespressegesetz in Brandenburg sowie auf verbriefte journalistische Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte in der Schweiz und in Österreich hat die Fraktion nun verfasst. Noch vor der parlamentarischen Sommerpause soll der Piraten-Vorstoß in diesem Monat im Landtag debattiert werden.
Im 2012 aufgesetzten Koalitionsvertrag findet das Thema nicht statt. Die Piratenpartei sieht nach Worten ihres Abgeordneten Patrick Breyer dennoch Handlungsbedarf. Dabei verweist er auf eine 2013 vorgelegte Online-Studie zur inneren Pressevielfalt, die auch von der dju in ver.di unterstützt wurde. Breyer sieht beispielsweise Interessenkonflikte zwischen Verlegern und Redaktion, wenn es um die Behandlung von Anzeigenkunden geht, nimmt aber auch mit Sorge zur Kenntnis, dass der Studie zufolge in Einzelfällen Nachrichtenthemen unterdrückt werden. Die Piraten hoffen, dass sie mit ihrem Anliegen zumindest bei den Sozialdemokraten auf offene Ohren stoßen. Deren medienpolitischer Sprecher in der Fraktion, Peter Eichstädt, war bereits 2005 mit einer ähnlichen Forderung an die Öffentlichkeit gegangen, die allerdings wirkungs- und resonanzlos verpuffte.
Begrüßt wird die parlamentarische Initiative seitens des ver.di-Fachbereichsleiters Martin Dieckmann. „Gerade angesichts der starken Konzernabhängigkeit vieler Zeitungen im Norden wird publizistische Mitbestimmung durch die Redaktionen immer wichtiger“, betont der dju-Medienexperte. Er sieht in dem Gesetzantrag eine gute Basis, dass sich die Entscheidungsträger der Landespolitik mit dem längst überfälligen Thema beschäftigen, auch wenn er sich Redaktionsstatute nicht nur unter dem inhaltlichen Gesichtspunkt wünscht, sondern auch für redaktionell relevante Personalentscheidungen durch die Verlagsspitze oder Chefredaktion. „Die Richtung der Piraten ist richtig, der Entwurf geht nur nicht weit genug“, fasst Dieckmann zusammen. Nach seiner Ansicht sei es durchaus auch eine Überlegung wert, ob man nicht ähnlich wie in Mecklenburg-Vorpommern jährlich seitens der Landesregierung einen Bericht über die Situation der Medienlandschaft festschreibt.
Im üblichen parlamentarischen Verfahren landet der Gesetzentwurf nach seiner ersten Aussprache im Plenum im Innen- und Rechtsausschuss. Dort kann er ausführlich seziert, ergänzt, präzisiert oder verändert werden. Dazu werden dann auch Stellungnahmen der Beteiligten eingefordert. Die Piraten kündigen in diesem Zusammenhang an, dass sie sich für eine mündliche Anhörung einsetzen wollen.