Urheber können Ansprüche kaum durchsetzen
Nach der – aus Urhebersicht – gründlich missratenen zweiten Anpassung des Urheberrechts an die „Informationsgesellschaft“, hat der Bundestag am 11. April weitere Änderungen beschlossen, die Vorgaben aus einer EU-Richtlinie aufgreifen: Die EU will eine effiziente Durchsetzung von Rechten aus dem „geistigen Eigentum“ in allen Staaten der Union sichergestellt sehen. Wer erwartet, mit den neuen Regelungen künftig – das Gesetz tritt erst nach einem Durchgang bei Bundesrat und Ausfertigung durch den Präsidenten in Kraft – leichter gegen Urheberrechtsverletzungen vorgehen zu können, dürfte enttäuscht werden.
Zentraler Streitpunkt war der Auskunftsanspruch gegen Anbieter von Internetzugängen. Werden urheberrechtlich geschützte Werke oder Darbietungen illegal über das Internet verbreitet (z.B. in so genannten Tauschbörsen), dann können die Verantwortlichen nur ermittelt werden, wenn der Anbieter bekannt gibt, wer sich hinter der jeweils benutzten IP-Nummer verbirgt. Ohne diese Information sind Ansprüche auf Schadenersatz und Unterlassung nicht durchsetzbar. Die Parlamentarier haben diesen Auskunftsanspruch restriktiv ausgestaltet, um dem Fernmeldegeheimnis und dem Datenschutz Rechnung zu tragen – eine Sensibilität die an anderer Stelle, z.B. beim Lauschangriff, wohl eher angebracht gewesen wäre. Auskunft kann künftig nur verlangt werden, wenn Urheberrechte „in gewerblichem Ausmaß“ widerrechtlich verletzt werden. Das „gewerbliche Ausmaß“ soll sich entweder aus der Schwere oder der Anzahl der Verstöße ergeben. Damit schafft der Gesetzgeber bewusst eine Klasse von Urheberrechtsverletzungen im Internet, die zwar verboten sind, gegen die sich aber kein Urheber wehren kann: Wer nur selten oder weniger gravierend gegen das Urheberrecht verstößt, braucht – versteckt hinter der anonymen IP-Nummer – nicht mit Schadenersatzansprüchen zu rechnen.
Neu ist eine spezielle Regelung der Abmahnkosten in §97a: Danach soll vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens zunächst das rechtswidrige Verhalten abgemahnt und dem Rechtsverletzer Gelegenheit gegeben werden, den Streit um Unterlassungsansprüche durch Abgabe einer Verpflichtungserklärung zu erledigen. Die dabei entstehenden Kosten (z.B. durch Einschaltung eines Anwalts) werden dem Urheber aber nur bis zum Betrag von 100 Euro erstattet, wenn es sich um einen „einfach gelagerten“ Fall „mit nur einer unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs“ handelt. Falls der Anwalt mehr berechnet, zahlt der Urheber selbst drauf.
Eine alte – und zum wiederholten Mal vorgetragene Forderung der Urheberverbände hat der Gesetzgeber nicht aufgegriffen, obwohl sie bestens geeignet wäre Urheberrechtsverletzung zu unterbinden: die doppelte Lizenzgebühr bei rechtswidriger Nutzung. Einen entsprechenden Vorschlag hatte der Bundesrat eingebracht – vergeblich.
Fazit: Der Bundestag hat sich offensichtlich mehr Sorgen um die Nutzer so genannter Tauschbörsen gemacht als um die Urheber.