Kosten der Nähe

Schweriner Landtag diskutiert ersten Medienbericht

Der Schweriner Landtag diskutierte am 21. Oktober über den ersten Bericht zur Entwicklung der Medienlandschaft in Mecklenburg-Vorpommern. Nach einer einstündigen Debatte am Abend folgten die Abgeordneten aller demokratischen Fraktionen dem Antrag der CDU, den Medienbericht zur weiteren Beratung in den Innenausschuss zu überweisen. Dort soll vor allem beraten werden, welche Maßnahmen der Gesetzgeber ergreifen kann, um die Entwicklung von Presse, Rundfunk und Online zu sichern. Die Initiative „Qualität und Vielfalt sichern“ dringt auf eine Überarbeitung des Landespressegesetzes.


Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) bekräftigte bei der Vorstellung des vom Landtag angeforderten Berichts die zentrale Bedeutung der Presse für die Demokratie und benannte „bedenkliche Entwicklungen“ der letzten Jahre: Weniger Mitarbeiter, Zusammenlegung von Redaktionen, Arbeitsverdichtung, mehr freie Journalisten und Verlagerung von Geschäftsteilen seien dazu nur einige Stichworte. „Bei allem Verständnis dafür, dass Zeitungen wirtschaftlich arbeiten müssen, ist es wichtig, dass Synergien nicht auf Kosten der Nähe zum Geschehen gehen, dass Vielfalt und Qualität nicht darunter leiden“, sagte der Ministerpräsident. Er hob hervor, dass die Stärke der Regionalzeitungen gerade in der Verankerung vor Ort besteht und forderte die Abgeordneten auf: „Lassen Sie uns darüber nachdenken, wie wir eine vielfältige und qualitativ hochwertige Medienlandschaft in unserem Land sichern.“ Dem Aufruf schloss sich Andreas Bluhm (Linke) mit einem engagierten Plädoyer für eine Verbesserung des Medienberichts an: Es genüge nicht, sich auf allgemein zugängliche Quellen zu stützen. Es müssten durch eine unabhängige Instanz, mit wissenschaftlichen Mitteln Daten erhoben und vorhandene Angebote bewertet werden, um ein vollständiges Bild zu gewinnen. Die Überarbeitung des Landespressegesetzes sei angesichts immer offenkundiger werdender Qualitätsmängel geboten, um durch eine „Kultur der Mitsprache und Mitwirkung“ den Journalisten den Rücken zu stärken.
Trotz einzelner Defizite bewertete Armin Jäger (CDU) das Papier als gute Grundlage für die weitere Diskussion. Er wandte sich nachdrücklich gegen staatliche Eingriffe in die Presse, bilanzierte aber gleichzeitig Handlungsbedarf bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen. Eine Transparenz über Besitz- und Beteiligungsverhältnisse in einer allgemein verständlichen Form sei ebenso unerlässlich wie ein verbesserter Schutz geistigen Eigentums. Impulse in der Ausbildung sieht der CDU-Mann als Möglichkeit, etwas für die Qualität der Berichterstattung zu tun.
Ute Schildt (SPD) unterstrich die Forderung nach „angemessenen Arbeitsbedingungen“, die durch Tarifverträge geregelt seien. Wenn Mecklenburg-Vorpommern durch den Verlust an Arbeitsplätzen in der Medienbranche weiter zur reinen Konsumentenregion degradiert werde, drohe eine eintönige Zeitungslandschaft durch ein „billig produziertes Einheitsangebot“. Sie betonte die Bedeutung des regionalen Blickwinkels auf überregionale Themen, was entsprechende Kompetenz vor Ort voraussetze.
Die Partner der Initiative „Unser Land braucht seine Zeitungen. Qualität und Vielfalt sichern.“ haben die Entscheidung des Landtags begrüßt. Den Bericht zur Medienlandschaft und die Beratungen im Innenausschuss sehen sie als wichtige Schritte zum überfälligen größeren Engagement der Politik für die Sicherung der regionalen Presse. „Die Gefahren für Qualität und Vielfalt in Form von weiter zunehmender Konzentration, Personalabbau und Ausgliederungen sind benannt“, erklärte Ernst Heilmann, vom ver.di-Landesbüro.

Weitere aktuelle Beiträge

Social Media: Mehr Moderation gewünscht

Wer trägt die Verantwortung, um etwas gegen zunehmenden Hass in den sozialen Medien zu unternehmen? Die Plattformen? Die Politik? Die Nutzer*innen? Alle drei Gruppen jeweils zu einem Drittel. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Studie der Technischen Universität München (TUM) und der University of Oxford. Sie zeigt auch: der Großteil der Menschen in den zehn untersuchten Ländern wünscht sich mehr Moderation bei Inhalten.
mehr »

Viel Parteienfunk, wenig Transparenz

Im Gefolge des Skandals beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) werden auch die öffentlich-rechtlichen Kontrollgremien verstärkt kritisch beäugt. Geht es nach dem Urteil des Journalisten und Medienbloggers Peter Stawowy, dann ist das trotz einiger Reformbemühungen nach wie vor mehr als berechtigt. Zu starker Parteieneinfluss, mangelnde Transparenz, ineffiziente Strukturen -  dies nur einige der Defizite, die der Autor in seiner im Auftrag der Otto Brenner verfassten Studie ermittelt hat.
mehr »

„Bedrohung für die Menschheit“

Während Behörden und Institutionen auf regionaler, nationaler sowie EU-Ebene teilweise sehr kleinteilig Medienregulierung betreiben, gibt es kaum Möglichkeiten, gegen im Internet verbreitete Fakenews vorzugehen. Die immense politische Dimension, zeigen gezielte Desinformationskampagnen, die demokratische Staaten destabilisieren könnten. Eine neue Situation ergibt sich außerdem durch die Allianz von US-Präsident Trump und den Tech-Milliardären Elon Musk, Jeff Bezos, Mark Zuckerberg und Tim Cook. Diese steinreichen Unternehmer kontrollieren den Großteil der Social Media Kommunikation in der westlichen Welt. Der Investigativjournalist Günter Wallraff sieht darin eine der größten…
mehr »

Medienpolitik bleibt Stiefkind der Parteien

Medienpolitik ist überwiegend Ländersache. Dennoch positionieren sich die politischen Parteien bei den anstehenden Bundestagswahlen zu einigen Kernthemen. An erster Stelle wie üblich zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR). Denn gerade der ÖRR ist ein zentraler Bestandteil der deutschen Demokratie. Mit seinem Auftrag, unabhängig und vielfältig zu berichten, trägt er wesentlich zur Meinungsbildung und gesellschaftlichen Debatte bei.
mehr »