Mögliche Einigung im Verfahren gegen Konzernbetriebsrätin
Im Konflikt um die Kündigung der Bauer-Konzernbetriebsratsvorsitzenden Kersten Artus ist das Verfahren vorerst ausgesetzt: Beide Parteien stimmen dem gerichtlichen Vorschlag nach einem Mediationsverfahren zu.
Zweiter Akt in der Auseinandersetzung zwischen Kersten Artus und dem Bauer-Verlag: Gütetermin vor dem Hamburger Arbeitsgericht. Und der Zuschauerandrang ist gewaltig. Gut sechzig, vorwiegend gewerkschaftliche Unterstützer nehmen im überfüllten Verhandlungssaal 109 an der Sitzung teil. Mit dabei aber auch Vertreter der Hamburger Bürgerschaft, in der Artus für die LINKE sitzt.
In Doppelfunktion anwesend ist Wolfgang Rose: ver.di Landesvorsitzender in Hamburg und SPD-Bürgerschaftsabgeordneter. Denn längst ist dieses Kündigungsbegehren ein Politikum in der Hansestadt geworden. 51 Abgeordnete aller in der Bürgerschaft vertretenen Parteien haben sich mit Artus solidarisiert: „Als Abgeordnete der Hamburger Bürgerschaft erwarten wir, dass der Heinrich-Bauer-Verlag die Wahrnehmung demokratischer Rechte durch Kersten Artus respektiert und die fristlose Kündigung gegen sie zurücknimmt.“ Gekündigt werden soll ihr wegen eigenmächtigen Antritts eines Sonderurlaubs für eine ver.di-Vorstandssitzung und eines Arbeitsgerichtstermins, nicht ordnungsgemäßer Abmeldung zur Betriebsratsarbeit und Nichterbringung ihrer Arbeitsleistung in der Redaktion der Fernsehwoche. Kersten Artus bestreitet alle drei Gründe des Kündigungsbegehrens, der Betriebsrat hat nicht zugestimmt, so dass der Bauerverlag ersatzweise versucht, die Zustimmung beim Arbeitsgericht einzuholen.
Überraschung dann beim über einstündigen Gütetermin, der in vergleichbaren Fällen oft nicht länger als ergebnislose 15 Minuten dauert. Arbeitsrichter Esko Horn wartete geduldig, bis alle Zuschauer dichtgedrängt Platz im Verhandlungssaal gefunden haben. Und ungewöhnlich ausführlich referiert er aus den Akten die Kündigungsgründe, gibt eine erste Bewertung ab und lässt erkennen, dass er Zweifel habe, ob die Gründe stichhaltig sind. Horn: „Es gibt keine konkreten Anhaltspunkte, dass die Arbeitsleistungen nicht erbracht wurden.“ Diverse Abmahnungen seien zwar „formal korrekt“, aber man müsse sich „auch anschauen, ob sie inhaltlich so zutreffen.“ Und auch der „Sonderurlaub“ sei „rechtlich nicht ganz unproblematisch“. Unterm Strich müsse er feststellen, dass es „sicherlich unstrittig sei, dass die Stimmung vergiftet ist.“ Ihn erinnere es an „vergleichbare Eheverhältnisse, aber Ehen lassen sich sicherlich leichter trennen.“ Sein Vorschlag daher: Das Angebot einer Mediation, dem beide Parteien nach einer Beratungspause zustimmen.
Seit Anfang April 2006 wird bei den Hamburger Arbeitsgerichten „die gerichtsinterne Mediation,“ so das Gericht auf seiner Web-Seite, „als zusätzliche Möglichkeit zur Streitbeilegung angeboten. Dabei handelt es sich um ein Verfahren, mit dem ein Rechtsstreit selbstbestimmt und unter Wahrung der eigenen Interessen beendet werden kann, ohne dass es Sieger und Besiegte gibt.“ Zuversichtlich zeigte sich dann auch Hamburgs ver.di-Chef Wolfgang Rose: „Es ist zu hoffen, dass der Bauerverlag die Tätigkeit von Frau Artus als Vorsitzende des Betriebsrates, des Konzernbetriebsrates, als Gewerkschafterin und als Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft nicht als unwillkommene Störung des Arbeitsverhältnisses ansieht, sondern als begrüßenswertes demokratisches Engagement achtet.“ Und auch Artus glaubt: „Dass es im Ergebnis eine Mediation geben wird, ist ein gutes (Zwischen-)Ergebnis.“