Berlin künftig ohne Stadtmagazin Zitty

Das aktuelle Corona-Spezial von "tip Berlin" und "Zitty" im Juni 2020

Das Berliner Stadtmagazin „Zitty“ wird es künftig nicht mehr als gedrucktes Magazin geben. Eine 43jährige Tradition geht damit zu Ende. 14tägig im Wechsel mit „tip berlin“ seit 1977 erschienen, hatten beide Blätter ihre Berechtigung und spiegelten die Berliner Kulturszene wider. Nach mehreren Eigentümerwechseln erschienen beide Stadtmagazine seit Jahresbeginn 2016 bei der GCM Go City Media GmbH. Die Redaktionen wurden zusammengelegt. Damit schien programmiert, dass nicht beide gedruckten Titel ewig nebeneinander weiterbestehen können. Nun soll Corona den letzten Stich versetzt haben.

Denn: „Was macht ein Veranstaltungsmagazin, wenn es keine Veranstaltungen gibt? Das keine Anzeigen von Veranstaltern bekommt, die selber gerade ums Überleben kämpfen?“, fragt „Zitty“ – „in eigener, trauriger Sache“ am 19. Juni auf ihrer Website. Der Mutterverlag, die GCM Go City Media GmbH „hat sich gegen die Krise gestemmt, mit allen Mitteln“. Letztlich seien beide Hefte zu einer gemeinsamen Ausgabe zusammengelegt worden. Der Erscheinungsrhythmus sei von 14-tägig auf ein Monatsheft umgestellt, das Heft dünner geworden. Es habe kein Tagesprogramm mehr gegeben.

„Corona zwingt uns wirtschaftlich zu denken“, sagte Robert Rischke, Geschäftsführer des Verlages gegenüber dem Tagesspiegel. Mit den abgesagten Veranstaltungen sei ein Kern der Berichterstattung weggefallen, eigene Verlagsveranstaltungen konnten nicht durchgeführt werden, Anzeigen wurden in großem Maße storniert. Betriebsbedingte Kündigungen der 38 festangestellten Mitarbeiter*innen von „tip“ seien nicht geplant. Sie sollen ihre Arbeitsplätze im Verlag behalten. Stattdessen werde man künftig weniger Aufträge an freie Mitarbeiter vergeben, so Rischke.

Anstatt einer letzten „Zitty“-Ausgabe soll es im Juli eine gemeinsame „Zitty-tip“-Abschlussausgabe geben. Ab September wird dann allein der „tip“ im 14-tägigen Turnus erscheinen. Einige Kolumnen und der Comic sollen aus der „Zitty“ übernommen werden. Ein Fokus liegt künftig auf der Website des tip-Magazins, die ab Ende Juni relauncht daherkommt. Ziel sei es, in „anderen Geschwindigkeiten zu veröffentlichen“ und ein digitales „allumfassendes Kulturangebot“ zu schaffen, so Rischke gegenüber dem Tagesspiegel.

Dass „tip“ ihren einstigen Konkurrenten „Zitty“ ausgestochen habe, liege Rischke zufolge allein an der Bekanntheit. „tip sei der erfolgreichere Titel gewesen. Höhere Printauflage (25 000 Ende 2019 im Vergleich zu 15.000). „Höhere Reichweite. Mehr Anzeigenkunden.“

1999 wurde „Zitty“ an die Holtzbrinck-Gruppe verkauft und unter dem Dach des „Tagesspiegel“ geführt. „tip“ war 1996 vom Berliner Verlag übernommen worden. Im August 2013 ging „tip“ an den Mediendienstleister Raufeld, der 2014 auch „Zitty“ kaufte. Schon Ende 2015 gab Raufeld beide Blätter zu 75 Prozent an die GCM Go City Media GmbH.

 

 

 

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Trumps digitaler Medienpranger

Donald Trump verfolgt mit seinen Attacken auf Medien und Journalist*innen drei Hauptziele: Ablenkung von eigenen Verfehlungen, Bindung seiner rechten Unterstützer*innen und Selbstbereicherung. Große Medienkonzerne unterstützen ihn, um eigene Profitinteressen zu fördern. Das Resultat ist eine Bedrohung von Pressefreiheit und Demokratie.
mehr »

Ein Plädoyer fürs Zuhören

Zuhören, Gehörtwerden, den Dialog auf Augenhöhe führen – das sind Schlagworte unserer Zeit, Leerformeln der politischen Rhetorik. Mit dem Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen sprachen wir über journalistisches Zuhören, BigTech und den Sofortismus der Sozialen Medien.
mehr »

Presse-Versorgung hält hohes Zinsniveau

Die Vertreter*innenversammlung der Versicherten der Presse-Versorgung hat beschlossen, die Gesamtverzinsung für das Jahr 2026 im dritten Jahr in Folge beizubehalten. Damit behauptet die Presse-Versorgung erneut ihre Spitzenposition im deutschen Lebensversicherungsmarkt.
mehr »

Digitale Mobilität als Machtfaktor

Smartphone, Social Media und Plattformen – wie werden Menschen durch mobile, vernetzte Medientechnologien sichtbar, und wer oder was bleibt unsichtbar? Welche Rolle spielen dabei Geschlechter- und Machtverhältnisse? Über diese Fragen diskutierten Medienforscher*innen  auf der Tagung „Bilder in Bewegung, mit Bildern bewegen: Gender, Macht und Mobilität“ in Tübingen.
mehr »