Olympia: 230 Stunden live bei ARD und ZDF

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Olympia total: Mit 230 Stunden Live-Berichterstattung warten ARD und ZDF bei den Winterspielen in Südkorea vom 9. bis 25. Februar 2018 auf. Erstmals kommt es dabei auch zu einem Leistungswettbewerb der öffentlich-rechtlichen Anstalten mit einem Privatsender. Eurosport, die Tochter des Rechteinhabers Discovery, sendet live aus Pyeongchang. Die Spiele stehen im Schatten von Dopingverdacht und politischen Spannungen in der Region Südostasien.

ZDF-Chefredakteur Peter Frey war die Erleichterung anzumerken: „Wir hatten die Spiele schon verloren geglaubt“, sagte Frey bei der Vorstellung des Olympia-Programms in Berlin. Erst im August dieses Jahres hatten sich ARD und ZDF nach einer langen Hängepartie mit dem US-Unternehmen Discovery in Sachen Übertragungsrechte bei den Olympischen Spielen der Jahre 2018 bis 2024 einigen können. Ursprünglich hatte der Rechteinhaber dem Vernehmen nach etwa 300 Millionen Euro für die entsprechenden Sublizenzen gefordert. Jetzt werden ARD und ZDF mit einem Betrag von 221 Millionen Euro zur Kasse gebeten.

Trotz der kurzen Vorbereitungszeit von einem halben Jahr sehen sich die Anstalten für Olympia gut gerüstet. Waren bei den Sommerspielen in Rio noch rund 500 Mitarbeiter dabei, sollen es in Pyeongchang etwa ein Drittel weniger sein. Die Sender werden im täglichen Wechsel berichten, wegen der Zeitverschiebung zwischen ein Uhr morgens bis in den späten Nachmittag. Neben der TV-Ausstrahlung soll es drei kommentierte Internet-Streams geben. Überhaupt fällt die Berichterstattung immer digitaler aus: Smartphone-Liveticker, Whatsapp-Benachrichtigungen sowie 360-Grad-Videos für VR-Brillen lassen kaum Informationswünsche übrig. Auch die rund 45 ARD-Hörfunkwellen werden täglich Olympia-Highlights senden.

Aufgrund der speziellen Rechtelage können einige Sportarten wie Snowboard, Shorttrack und Eiskunstlauf  von ARD und ZDF nur teilweise live gezeigt werden. Beim Eishockey kommen die Zuschauer nur bei den Spielen der deutschen Mannschaft sowie beim Finale in den Genuss von Live-Bildern. Alle anderen Begegnungen laufen bei Eurosport.

Aus Kostengründen und angesichts der kurzen Vorlaufzeit werden viele Aufgaben statt vor Ort erstmals in einem nationalen Sendezentrum beim MDR in Leipzig abgewickelt. ARD-Programmdirektor Volker Herres verwies auf den Spareffekt: „So intensiv war die Zusammenarbeit beider Anstalten noch bei keinem Großereignis zuvor.“

Für das ZDF moderieren im Studio in Pyeongchang Katrin Müller-Hohenstein und Rudi Cerne; bei der ARD übernehmen Gerd Delling und Jessy Wellmer. „Wir fahren nicht als Unterhaltungskünstler, wie manche glauben, sondern um unseren journalistischen Job zu machen“, sagte Wellmer. Sie erwartet „sehr politische Spiele“, bei denen auch die Themen Doping und Korruption keine geringe Rolle spielen werden. Im Zweifel werde man, „wenn Kim oder Trump Tweets oder Kommentare loslassen, das auch einordnen, weil es uns, das Team und die Sportler ja auch betrifft“, bekräftigte die Sportschau-Moderatorin.

Die ARD setzt auf Expertinnen wie Ex-Eiskunstläuferin Katarina Witt („das schöne Gesicht des Sozialismus“), Kati Wilhelm (Biathlon) und Maria Höfl-Riesch (Ski alpin). Beim ZDF kommen Sven Fischer (Biathlon), Toni Innauer (Skispringen) und Marco Büchel (Skip alpin) zum Zuge.

Zusätzlich zum Live-Sport strahlen beide Sender – teilweise schon vor Beginn der Spiele – Berichte, Dokus und Reportagen über das Veranstalterland und die politische Situation im geteilten Korea aus. Auch die Doping-Problematik steht nach den harten Sanktionen gegen russische Wintersportler im Fokus. Vom Sport selbst sei keine Aufklärung in eigener Sache zu erwarten, sagte ARD-Doping-Experte Hajo Seppelt. Aus gutem Grund: „Das Geschäftsmodell des organisierten Sports ist, Höchstleistungen so optimal wie möglich zu verkaufen.“ Besonders dem deutschen IOC-Präsidenten Thomas Bach, so Seppelt, gefielen die „Nebengeräusche“ kritischer Berichterstattung überhaupt nicht. Gemessen an den Auswüchsen des „systemischen Dopings“ in Russland sei die Strafe – die Teilnahme von nicht-belasteten russischen Athletinnen und Athleten unter neutraler Flagge – vergleichsweise milde ausgefallen. Die zurückhaltende Reaktion von Präsident Putin lasse darauf schließen, „dass es sich dabei um einen „dirty deal“ gehandelt hat zwischen dem IOC und dem Kreml“.

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