Schon entdeckt? Enorm

132 Seiten dick, lange Texte, anspruchsvolles Layout – wer braucht noch ein Wirtschaftsmagazin? „So was wie enorm gibt es noch nicht“, behauptet der stellv. Chefredakteur Marc Winkelmann.

„Denn wir kümmern uns um nachhaltiges Wirtschaften und erzählen Wirtschaft über die Menschen.“ Den Impuls für das im November zum vierten Mal in 80.000er Auflage erscheinende Vierteljahresheft bekam Chefredakteur Thomas Friemel auf der Vision Summit 2008, der ersten großen Konferenz zum Social Business. Ein Jahr später wurde das hochkarätig angelegte Social-Business Magazin enorm auf der Vision Summit in Berlin vorgestellt und fand große Resonanz. „Es war Zeit für diese Form“, sagt Winkelmann. „Das Thema ist wichtig, wir müssen uns positionieren.“ Das Blatt will einen Gegenpol zum Corporate Publishing von Verlagen setzen, bei dem „journalistische Inhalte nicht besonders geschätzt werden und Geschichten wegen besserer Vermarktbarkeit an der Oberfläche bleiben.“ Für enorm wurde ein eigener, der Social Publish Verlag in Hamburg gegründet, fünf Gesellschafter gaben Startkapital, weitere Investoren werden gesucht. Das Heft liegt in gut sortierten Zeitungskiosken, im Bahnhofsbuchhandel und auf Flughäfen aus, Zuversicht gründet sich auch auf wachsende Abonnentenzahlen.
Gut, manchmal spannend, immer unter dem Blickwinkel sozialen Wirtschaftens in der ganzen Welt recherchiert und geschrieben, gibt es eine Fülle von Lesestoff. Heftbestimmend ist die Titelgeschichte, die sich zu einem Dossier auswachsen kann – in Heft 3 ging es um Business-Wohltäter mit einem Porträt des amerikanischen Milliardärs Warren Buffet. In großen Interviews wird scheinbar Gegebenes kritisch hinterfragt, bei Starbucks zum Beispiel, ob hinter der Abnahme fair gehandelten Kaffees echtes Engagement oder Imagepflege stecken.
Zu den Standards gehört die Kolumne von Fred Grimm. Der Buchautor und Journalist setzt sich u.a. mit der kommunistischen Utopie von Karl Marx auseinander, die für die oberen Zehntausend doch noch Wirklichkeit geworden ist. Unter lakonisch benannten Rubriken wie Politik, Soziales oder Ökologie verbergen sich erstaunliche Geschichten wie die von der Laundry List, die für in den USA vielerorts verbotenes Wäschetrocknen im Freien streitet und Wäschetrocknern den Kampf angesagt hat. Große Reportagen berichten vom Umdenken, von ökologischen Wirtschaftsprojekten in der ganzen Welt und den Chancen junger Leute, sich mit neuen Ideen zu behaupten.
In der kleinen Form fest verankert sind Rechtstipps, enorm intern oder das Glossar, das Begriffe aus der neuen Wirtschaftswelt erklärt. Ganz zum Schluss steht Am Anfang – vorgestellt werden originelle Start-up Vorhaben. Bildsprache und Layout sind großzügig, ganzseitige Fotos und Gestaltungen, dazu Infografiken fesseln die Aufmerksamkeit.
Winkelmann, der selbst als Freier fürs Handelsblatt oder Vanity Fair geschrieben hat, freut sich, dass namhafte Journalisten und Fotografen für enorm gewonnen werden können. Derzeit werden die ersten Geschichten fürs nächste Jahr geplant, auf Veranstaltungen wird das Blatt vorgestellt, in Unis verteilt. Winkelmann sieht Zukunft für enorm. „Es lohnt sich auf die menschliche Seite der Wirtschaft zu sehen.“

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Top Tarifergebnis im Kino

In den Tarifverhandlungen mit der Kino-Kette UCI (United Cinemas International GmbH) wurde am 19. Februar 2024 ein Tarifergebnis erzielt, das an vielen Stellen die ver.di-Forderungen erreicht, so auch den Einstiegslohn von 14 Euro. In der anschließenden Befragung der Mitglieder bis zum 4. März gab es keinerlei Ablehnung. Somit beschloss auch die ver.di-Tarifkommission einstimmig die Annahme des Tarifergebnisses.
mehr »

Einschüchterungsversuche der Hohenzollern

Eine Studie der Universität Leipzig hat am Beispiel der deutschen Adelsfamilie Hohenzollern untersucht, wie kritische Berichterstattung und Forschung durch gezielte Anwaltsstrategien beeinflusst oder behindert werden sollen. Die Kommunikationswissenschaftler*innen haben dabei die Wirkung von SLAPPs (Strategic Lawsuits Against Public Participation) aus Sicht der Betroffenen nachvollzogen. Verunsicherung und Einschränkung der Arbeitsfähigkeit sind direkte Folgen bei ihnen.
mehr »

Honoraruntergrenzen bei der Kulturförderung

Claudia Roth will ein Versprechen einlösen und Mindeststandards für Honorare von Freien bei der Kulturförderung des Bundes sichern. Laut Ampel-Koalitionsvertrag von 2021 sollten öffentliche Gelder für die Kultur an faire Vergütung gekoppelt sein. Nun, so die Kulturstaatsministerin, werden „für den Kernbereich der Bundeskulturförderung“ Mindesthonorare für Künstler*innen und Kreative eingeführt.
mehr »

Verwaltungsräte treten aus dem Schatten

Die Verwaltungsräte der Öffentlich-rechtlichen Sender sind mächtig. Sie überwachen und kontrollieren die Geschäftsführung des Intendanten oder der Intendantin, soweit es nicht um die inhaltliche Gestaltung des Programms geht. Außerdem legen sie den Haushaltsplan und den Jahresabschluss fest, kontrollieren die Beteiligung an Unternehmen und vieles mehr. Ihre Beschlüsse fassen sie nicht öffentlich.
mehr »