Klimaleugnung in den Medien

Foto: Susanne Stracke-Neumann

Rechtspopulistische Bewegungen machen weltweit mobil gegen den Klimaschutz. Sie zeigen sich „skeptisch“ gegenüber dem Klimawandel und lehnen klima- und energiepolitische Maßnahmen ab. Ein Widerspruch: Obgleich „Klimaskepsis“ und die Leugnung des menschengemachten Klimawandels vielfach zentrale Positionen der politischen Rechten markieren, existieren auch gegenläufige Tendenzen in Bezug auf Umwelt- und Naturschutz. Denn auch Rechte waren stets in Umweltbewegungen zugegen. Das hat Tradition.

Seit der Entstehung von Naturschutzbewegungen Mitte des 19. Jahrhunderts seien „Einflüsse von völkischen und nationalistischen Ideologien wie die Gleichsetzung von Heimatschutz und Naturschutz“ zu erkennen, analysiert Linda Lütkes vom Sustainable Development Solutions Network (SDSN) Germany.

Durch diese Verknüpfung werde auf die aus dem Nationalsozialismus stammende Blut- und Bodenideologie Bezug genommen. Natur- und Umweltschutz könnten also nicht zwangsläufig mit demokratischen Werten gleichgesetzt werden. Vielmehr beruhten die Motive der Akteure häufig auf rechten Denkmustern. Eine aktuelle Publikation des Umweltbundesamtes (UBA) resümiert den Forschungsstand zu „umweltbezogenem Populismus“.

Der Bericht listet sieben zentrale Narrative auf

  1. Die Klimakrise ist inszeniert“: Bestritten wird nicht nur die Existenz der Klimakrise, sie wird überdies als Konstrukt von Eliten dargestellt.
  2. „Grüne Eliten wollen den Wirtschaftsstandort Deutschland zerstören“.
  3. „Umweltpolitik ist per se sozial ungerecht“: Ökologische Transformation gilt als Programm zulasten von prekär Lebenden.
  4. „Die Öko-Diktatur droht“: Klimapolitik wird als totalitär diffamiert und als Angriff auf traditionelle Lebensweisen bewertet.
  5. „Klimapolitik ist irrationale Ideologie“: Ausspielung des „gesunden Menschenverstandes“ gegen die wissenschaftliche Faktenlage.
  6. „Globale Kräfte lenken den Nationalstaat“: Richtet sich gegen „böse“ globale und elitäre Kräfte der EU, des Weltklimarates IPCC oder der UN.
  7. „Klimapolitik zerstört Heimat und Natur“: Instrumentalisierung negativer Zukunftsbilder zur pauschalen Ablehnung jeder Klimapolitik.

Die UBA-Studie nennt auch einige Akteur*innen des Anti-Klima-Populismus, etwa die AfD, den pseudowissenschaftlichen Verein „Europäische Institut für Klima und Energie (EIKE), Boulevardmedien sowie einschlägige rechtradikale Publikationen. Kein Zufall ist vor diesem Hintergrund die verbreitete und auch strategisch eingesetzte Wissenschaftsfeindlichkeit des Rechtspopulismus.

Kampf gegen Windmühlen

Fundamentale Schwächen in der deutschen Energiepolitik-Berichterstattung benennt am Beispiel der Windkraft die Studie „Vom Winde verdreht?“.

Das zentrale Motiv in der Berichterstattung über den Ausbau der Windkraft sei in allen Publikationen der Wald, analysiert Georgiana Banita, Kulturwissenschaftlerin an der Universität Bamberg. Süddeutsche Zeitung und Spiegel reflektierten in ihren überwiegend windkraftbefürwortenden Texten sachlich den Stellenwert des Waldes. In den Narrativen konservativer Medien wie FAZ und Welt gehe es hingegen um einen „kulturübergreifenden Waldmythos“.

Der Kampf gegen Windmühlenflügel sei „kein Donquichottismus gegen neue Technologien, sondern in den Augen der Betroffenen Heimatwehr“, zitiert Banita einen Text des Welt-Autors Dankwart Guratzsch.

Von liberalen Medien werde die Verknüpfung rechter Narrative mit Naturschutz durchaus thematisiert. Die SZ habe darauf hingewiesen, dass Windparks nicht nur von Naturschützer*innen bekämpft würden, sondern auch von AfD-Politiker*innen, und zwar in unverhältnismäßig emotionalisierter Weise.

Klimaskeptiker bei X

Besonders Twitter war lange Zeit ein Medium, in dem sich auch Klimawissenschaftler aus aller Welt gern ausgetauscht haben. Und das, obwohl Nutzer*innen bei der Eingabe von Hashtag #climate oder #klima relativ schnell bei Tweets von Klimawandelleugnern landeten und noch immer landen. Nach dem Besitzerwechsel des Kurznachrichtendienstes vor zwei Jahren konstatierten Medien wie der britische Guardian eine weitere Eskalation der klimaskeptischen Aktivitäten auf X. Denn Elon Musk, seit Oktober 2022 neuer

Eigentümer der Plattform, hatte schnell die Content-Management-Teams entlassen und die Sperren für diverse prominente Klimaskeptiker mit Millionen von Anhänger*innen aufgehoben. Prompt wurden Klimawissenschaftler*innen zu „Blitzableitern für Hassreden und Todesdrohungen“, so Jennie King von der US-Denkfabrik Institute for Strategic Dialogue (ISD).

ISD analysiert und dokumentiert regelmäßig das Ausmaß von Klima-Desinformationen in sozialen Netzwerken, vor allem auch im Umfeld der Weltklimakonferenzen. Seit 2022 bezieht ISD auch Google und Facebook in seine Untersuchungen mit ein. Google habe zwar einst versprochen, Klimawandelleugnung kein Forum mehr zu bieten. Aber nach einer ISD-Studie werde rund die Hälfte aller Seiten von Klimaleugnern bei Googlesuchen unterstützt. Seit der Übernahme von Twitter durch Musk ist es dort um Klima- und Umweltthemen stiller geworden. Fast die Hälfte aller X-User mit diesem Schwerpunkt ist demnach mittlerweile inaktiv oder weicht auf Netzwerke wie Mastodon oder Bluesky aus.

Klimaskepsis schlägt Klimaleugnung im Internet

Laut Medienforscherin Jana Egelhofer von der Ludwig-Maximilian-Uni München lässt sich im rechten Milieu eine Verlagerung von grundlegendem Zweifel am Klimawandel hin zu Zweifeln an den Maßnahmen dagegen feststellen. „Mit einer solchen Form des Skeptizismus kann theoretisch eine größere Personengruppe erfolgreich angesprochen werden“, sagte Egelhofer dem österreichischen Standard. Der zugrunde liegende theoretische Ansatz unterscheide zwischen Evidence, Process und Response Skepticism. „Evidence Skepticism verneint die Realität des Klimawandels, Process Skepticism kritisiert den wissenschaftlichen Prozess der Klimawandelforschung, und Response Skepticism kritisiert Regulierungsversuche.“

Auch die Nichtregierungsorganisation Center for Countering Digital Hate differenziert zwischen alten und neuen Narrativen in der Leugnung des Klimawandels. Alte Narrative sind demnach Aussagen wie „Es gibt den Klimawandel nicht“ oder „Von Menschen verursachte Treibhausgase sind nicht für den Klimawandel verantwortlich“. Eine Untersuchung von 12.000 Videos auf YouTube ergab: Im Jahr 2023 repräsentierten solche alten Narrative nur noch rund 30 Prozent des Materials. In Zeiten weltweiter Klimakatastrophen lässt sich plumpes Abstreiten offenbar kaum noch aufrechterhalten.

Zu den neueren Narrativen gehören dagegen Aussagen wie: „Die Folgen des Klimawandels sind harmlos.“ Oder: „Klimalösungen wie der Ausbau von Erneuerbaren werden nicht funktionieren.“ Oder: „Klimawissenschaft und Klimabewegung sind unzuverlässig.“

Neue Form des Leugnens

Kernaussage des Argumentationsstrangs rund um Regulierungsversuche des Klimawandels: Sie funktionierten nicht, seien in effizient oder zu teuer, erklärte kürzlich Carel Mohn, der Chefredakteur des von der Mercator-Stiftung geförderten Internetportals Klimafakten, in einer Folge von „MDR Wissen“. Diese neue Form des Leugnens von Klimawandel verzögere dann wichtige Klimaschutzmaßnahmen.

„Nicht ich, nicht jetzt, nicht so“, laute das Mantra der neuen Generation von Klimaleugnern, das immer neu an aktuelle politische Debatten angepasst werde. Hierzulande in jüngster Zeit an die Kontroversen um das Verbrenner-Aus, das „Heizungsgesetz“ oder den Atom- und Kohleausstieg. „Im Spannungsfeld zwischen dem rasant steigenden Transformationsdruck und dem Bedürfnis zur Aufrechterhaltung des Status Quo vertiefen sich gesellschaftliche Polarisierungstendenzen“, konstatiert ein Autorenteam des Jenaer „Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft“ (IDZ).

 

 

 

 

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