Grünes Licht für Zeitkonten

Durchbruch bei Tarifverhandlungen für Film- und Fernsehschaffende

In den Tarifverhandlungen für Film- und Fernsehschaffende ist ein Durchbruch gelungen, auch wenn es noch zu keinem Abschluss kam. Die Produzentenvertreter sind bereit, einer zentralen Forderung von ver.di zu folgen und Zeitkonten für „auf Produktionsdauer Beschäftigte“ einzuführen. Da auch damit nicht allen von den Hartz-Nachteilen Betroffenen geholfen sein wird, fordert ver.di weiterhin eine Nachbesserung der unsozialen Gesetze.

ver.di hatte im Februar den Tarifvertrag gekündigt, um Verbesserungen im Manteltarifvertrag (MTV) und eine Gagenerhöhung zu verhandeln. Im Mittelpunkt stand die Einführung eines Zeitkontos, um die üblicherweise beträchtliche Mehrarbeit während einer Filmproduktion in eine Verlängerung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungszeiten umzuwandeln. Notwendig ist dies, damit nach der Verkürzung der Rahmenfrist durch Hartz III von 3 auf 2 Jahre auch Filmschaffende überhaupt noch einen Anspruch auf Arbeitslosengeld I erwerben können.

Die nun gefundene Lösung, die nach einem Abschluss des Tarifvertrages eingeführt werden kann, sieht Folgendes vor:

  • Mehrarbeit, die über 50 Wochenstunden hinaus geht, wird inklusive der Zuschläge als Zeit auf ein Konto gebucht.
  • Der Urlaubsanspruch aus der Produktionszeit und ein Ausgleichszeitraum – berechnet aus dem Zeitguthaben – werden an die Produktionszeit angehängt.
  • Für den Ausgleichszeitraum gilt, dass ein Zeitguthaben von 8 Stunden einen Ausgleichstag bedeutet.

Strittig ist noch die Höhe der Mehrarbeitszuschläge. Diese sollen nach Vorstellung der Produzenten ab der 51. Stunde 20 % und ab der 61. Stunde 70 % betragen und damit in der ersten Stufe deutlich niedriger liegen als bisher. Aus Sicht von ver.di ist lediglich eine Absenkung von bisher 30 auf 25 % akzeptabel. In Zukunft bedeuten dann Zeitguthaben von 40 Stunden eine Verlängerung der Beschäftigungszeit um eine Woche. Die Regelungsmöglichkeiten im Rahmen des Tarifvertrages sind damit ausgeschöpft.

ver.di geht davon aus, dass unter diesen Bedingungen bei drei bis vier großen Produktionen im Jahr für Filmschaffende der Abstieg ins Arbeitslosengeld II verhindert werden kann. Aber für viele Kolleginnen und Kollegen im Filmbereich wird nur eine Nachbesserung der Gesetzeslage Abhilfe schaffen können. ver.di fordert deshalb vom Gesetzgeber, dass für „auf Produktionsdauer Beschäftigte“ in Medien und Kultur-Produktionen die Anzahl der zu erreichenden Arbeitstage von 360 auf 152 Tage – unter Einbeziehung so genannter unständiger Beschäftigungen – zu reduzieren ist. Eine ähnliche Regelung besteht bereits in Frankreich.

Die Verhandlungen zum Neuabschluss des Tarifvertrages für Film- und Fernsehschaffende werden am 14. November in München fortgesetzt. Denn eine Reihe von offenen Nachbesserungen am Tarifvertrag (z. B. zu Wochenend- und Feiertagsarbeit, Pausen und Ruhezeiten sowie einer Abgrenzung der Praktikantenarbeit) und die ausstehenden Gagenerhöhungen konnten noch nicht vereinbart werden.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Initiative: KI besser nutzbar machen

Der Dominanz der globalen Big-Tech-Konzerne etwas entgegensetzen – das ist das Ziel einer Initiative, bei der hierzulande zum ersten Mal öffentlich-rechtliche und private Medienanbieter zusammenarbeiten. Sie wollen mit weiteren Partnern, vor allem aus dem Forschungsbereich, ein dezentrales, KI-integriertes Datenökosystem entwickeln. Dadurch soll die digitale Souveränität und Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Medienstandorts gestärkt werden.
mehr »

Anteil von Frauen in Führung sinkt

Nach Jahren positiver Entwicklung sinkt der Anteil von Frauen in Führungspositionen im Journalismus das zweite Jahr in Folge. Der Verein Pro Quote hat eine neue Studie erstellt. Besonders abgeschlagen sind demnach Regionalzeitungen und Onlinemedien, mit Anteilen von knapp 20 Prozent und darunter. Aber auch im öffentlichen Rundfunk sind zum Teil unter ein Drittel des Spitzenpersonals weiblich.
mehr »

Unsicherheit in der Medienlandschaft

Künstliche Intelligenz (KI) und ihre Auswirkungen auf die Medienbranche wurden auch bei des diesjährigen Münchner Medientagen intensiv diskutiert. Besonders groß sind die Herausforderungen für Online-Redaktionen. Im Zentrum der Veranstaltung  mit 5000 Besucher*innen, mehr als 350 Referent*innen aus Medienwirtschaft und -politik, Kultur, Wissenschaft und Gesellschaft, stand allerdings die Frage, wie Tech-Konzerne reguliert werden sollten.
mehr »

Für faire Arbeit bei Filmfestivals

„Wir müssen uns noch besser vernetzen und voneinander lernen!“, war die einhellige Meinung bei der Veranstaltung der ver.di-AG Festivalarbeit im Rahmen des  Leipziger Festivals für Dokumentar- und Animationsfilm. Die AG hatte zu einer Diskussionsrunde mit dem Titel Labour Conditions for Festival Workers: Roundtable & Fair Festival Award Launch eingeladen. Zu Gast waren internationale Teilnehmer*innen. Die Veranstaltung war auch der Startschuss zur ersten Umfragerunde des 4. Fair Festival Awards.
mehr »