KI-Lösungen: Heise macht es selbst

KI Kopf

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Das Medienhaus „Heise Medien“ hat kürzlich das auf generative Künstliche Intelligenz (KI) spezialisierte Medienhaus „Deep Content“ (digitale Magazine „Mixed“ und „The Decoder“) aus Leipzig gekauft. Damit will Heise die Zukunft generativer KI mitgestalten. „Deep Content“ entwickelte mit „DC I/O“ ein professionelles KI-gestütztes Workflow-Framework für Content-Teams und Redaktionen. Bereits seit Juni dieses Jahres kooperiert Heise mit „Deep Content“ bei der Produktion des Podcasts „KI-Update“. Hinter der Übernahme steckt die Idee, den neuen Markt weiter zu erschließen und hohe Gewinne einzufahren.

Die Freude über den Deal ist beidseitig.  „Deep Content“-Gründer und -Geschäftsführer Benjamin Danneberg meint in einem Statement, dass Heise der perfekte Partner sei, wenn es um die Skalierung unserer Geschäftsmodelle gehe.

Sämtliche KI-Aktivitäten des Unternehmens sind nun unter der Marke „Heise KI PRO“ gebündelt. „Deep Content“ ist damit ein Teil dieser neu geschaffenen Gesellschaft. „Diese strategische Neuausrichtung umfasst sowohl den bestehenden KI-Fachdienst als auch den Consulting-Bereich und zielt darauf ab, Unternehmen im DACH-Raum beim professionellen Einsatz von KI zu unterstützen“, erklärt das Unternehmen auf Anfrage. Auch gehe es um weiteren Austausch von KI-Kompetenzen etwa bei Newslettern, Webinaren und Workshops, die Heise anbietet und die zum Geschäftsmodell gehören.

Beratung, Entwicklung und Verkauf

Es geht den Managern von Heise, das unter anderem die in der IT-Branche bekannten Magazine „c’t“ und „iX“ herausbringt, nicht nur darum, neue generative KI für das eigene Haus und die Redaktionen zu entwickeln oder weiterzuspinnen. Sie wollen auch Geld mit Beratung und Entwicklung von KI-Lösungen von und für andere(n) Medien- und Kommunikationsunternehmen verdienen.

Der bestehende „KI-Fachdienst“ wird ausgebaut, während der neue Bereich „Heise KI PRO Consulting“ Unternehmen bei der Integration von KI-Lösungen berät, erklärt Heise. „Wir stellen fokussiert neue, hilfreiche Services zur Verfügung, die

Beim sogenannten Vendor Lock-in wird der Kunde eines genutzten Produktes oder einer Dienstleistung daran gehindert, den Anbieter zu wechseln.

für alle Unternehmen gleichermaßen wertvoll sind“, sagt Ben Danneberg, CEO von „Deep Content“ in einer Pressemitteilung. Etwa die Verwendung von KI-Modellen ohne Vendor-Lock-In  das gewährt eine weitgehende Unabhängigkeit von OpenAI – soll ausgebaut werden zu einer Plattform für individuelle und hochflexible KI-Workflows. Heißt: „Man kann somit auch andere KI-Modelle anbinden, die für ihren jeweiligen Zweck sogar besser sein können“, erklärt Heise.

KI in der Hand der Redaktionen

Generell sei es eine positive Entwicklung, wenn Medienunternehmen eigene KI-Tochterunternehmen gründen oder kaufen, sagt Andreas Schümchen, Professor für Journalistik, Medieninnovation und Digitalisierung an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. „Damit könnte dann das Know-how und die Kernkompetenz auf dem Gebiet der Produktion von Inhalten wenigstens im Einflussbereich der Medienunternehmen bleiben.“ Klar, denn wesentlich schlechter wäre es, wenn Redaktionen künftig ausschließlich von Dienstleistungen internationaler Tech-Konzerne abhängig wären und selbst gar keinen Einfluss mehr darauf hätten, wie und mit welchen Methoden Inhalte erzeugt werden.

Allerdings befürchtet Schümchen, dass nach der aktuellen Start- und Orientierungsphase in Sachen KI mittelständische deutsche Medienunternehmen die nötigen finanziellen Mittel, um selbst bei der Entwicklung von KI-Tools und -Lösungen mitzumischen, irgendwann nicht mehr werden aufbringen können oder wollen.

Bessere Suchfunktionen

Ebenso will Heise maßgeblich die Next-Gen-Suche, die das Auffinden von Experteninformationen auf Webseiten oder internen Plattformen erleichtert, und verschiedene Chatbot-Lösungen, etwa bei t3n oder wohnnet, unter der neuen Heise-Dachmarke weiterentwickeln.

„Unser KI-Labor arbeitet kontinuierlich an neuen Innovationen. Wir verbinden menschliche mit maschineller Intelligenz“, sagt Danneberg. Er spricht von der „Gestaltung eines Paradigmenwechsel, insbesondere in Medienhäusern“.

Heise reiht sich damit ins Narrative jener Unternehmen ein, die generative KI als neue Wunderwaffe zur Effizienzsteigerung anpreisen. Durch den Einsatz von KI könne man viele Workflows deutlich effizienter gestalten, sodass Zeit für neue Aufgaben, mehr Aufträge und weitere Tätigkeiten gewonnen würde, für die bisher nur wenig Zeit zur Verfügung stünden.

Arbeitsverdichtung durch KI

So will das Medienunternehmen durch den Einsatz des Workflows „DC I/O“ oder, wie er jetzt heißt, „heise I/O“ mehr Freiraum für Recherche und Konzeption hochwertiger Inhalte schaffen. „Das Schreiben als Produktionsprozess soll beschleunigen und effizienter gestalten werden“, erklärt Heise gegenüber der Redaktion. In den Redaktionen setze man den Workflow DC I/O bei Zusammenfassungen, Vergleichen, Vorschlägen für Titel oder Vorlauftexte ein.

Konkret den Arbeitsalltag und das System verbessert hat laut Heise der neue Workflow, die KI-Plattform „DC I/O“. Dank einer geteilten Prompt-Bibliothek könnten Teams in Sekunden neue Inhalte aus bestehenden Quellen generieren. „Aus einem Blog-Artikel wird ein Social-Media-Post, aus Stichwörtern eine Pressemitteilung“, erklärt Heise.

Und noch ein weiteres Beispiel führt Heise an. „Für unsere ‚Botti-News‘, die täglichen Push-Nachrichten mit Humor, für die wir früher 15 Minute im manuellen Prozess pro Ausgabe aufwenden mussten, benötigen wir dank Automatisierung mit ‚DC I/O‘ lediglich nur noch zwei Minuten.“ Ähnliches hört man von anderen Medienhäusern.

Folgen für menschliche Arbeitskraft

Inwiefern auch Stellenabbau eine Folge der Digitalisierung sein kann, sieht man bei Heise unklar. „Wir bauen derzeit Personal an, nicht ab.“ Aber: „Gleichwohl werden effizientere Prozesse und Automatisierungen durch KI in Zukunft sicherlich bestimmte Rollen in bestimmten Wirtschaftsbereichen allgemein verändern.“ Also doch Abbau, wenn nicht kurz- dann aber langfristig. Natürlich liegt es immer am Menschen selbst, ob und wie er Veränderungen annimmt und auf Neuerungen reagiert, meint Heise. Denn: „Veränderungswillige Menschen werden sich daran anpassen und neue Aufgaben übernehmen, wenn sie das möchten.“

Keine Gefahr besteht laut Heise, dass sie Firmen zu mehr Software- und Maschineneinsatz raten und dadurch Mitarbeiter*innen unweigerlich in die Arbeitslosigkeit „beraten“ werden. „Wir beraten und helfen beim sinnvollen, effizienten und hochwertigen Technologieeinsatz.“ Das bedeute unter anderem die „Reduktion repetitiver, eintöniger und zeitintensiver Aufgaben, was zu einer verbesserten Konzentration auf wertschöpfenden, sinnstiftenden Aufgaben führe“. Durch die Befreiung von lästigen Aufgaben steigere sich „wiederum die Zufriedenheit der Mitarbeiter“.

Ein Blick auf die zurückliegenden technischen Innovationen in der Medienbranche vom Ganzseitenumbruch bis zur Einführung integrierter Redaktionssysteme haben Andreas Schümchen gezeigt, dass „Rationalisierungseffekte stets viel stärker genutzt wurden als dass die größere Effizienz zur Qualitätsverbesserung genutzt worden ist“.

Der Hochschulprofessor denkt, dass, wenn es möglich ist, durch KI dieselbe Produktivität mit weniger Menschen zu erreichen, ein Abbau journalistischer Stellen sehr wahrscheinlich sei.

„Aktuell ist durchaus zu sehen, dass zahlende Nutzerinnen und Nutzer journalistischer Inhalte nur zu gewinnen und zu halten sind, wenn ihnen auch etwas geboten wird“, sagt Schümchen. Er sei sich sicher, dass eher qualitätsorientierte Medienunternehmen durch den Einsatz von KI auch ganz bemerkenswerte neue Ideen hinsichtlich Recherche, Analyse und Aufbereitung von Inhalten entwickeln werden. Nur: „Von solchen Unternehmen gibt es allerdings nicht so viele.“


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