dju: Kritik an Anti-SLAPP-Entwurf

leuchtendes Paragrafzeichen

Viele Einschüchterungsklagen (SLAPPs) werden nicht als solche erkennbar sein, fürchtet die dju in ver.di. Foto: 123rf

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di fordert Nachbesserungen am Referentenentwurf für ein Anti-SLAPP-Gesetz. Mit dem Gesetz soll das Problem der strategischen Einschüchterungsklagen gegen kritische Berichte von Journalist*innen, Aktivist*innen und Wissenschaftler*innen eingedämmt werden. Die dju kritisiert die im Entwurf bestehenden juristischen Schlupflöcher.

„Es ist gut, dass nun ein Gesetz gegen Einschüchterungsklagen auf dem Weg ist. Damit sich unsere Kolleg*innen in Zukunft aber wirklich weniger mit SLAPPs herumschlagen müssen, ist noch einiges zu tun“, erklärt Lars Hansen, Co-Vorsitzender der dju in ver.di am 1. August 2025.

Der Gewerkschafter begrüßt, dass das Gesetz dank der vorgesehenen Verfahrensbeschleunigungen und Kostenerstattungen die Belastung für SLAPP-Beklagte zumindest theoretisch reduzieren kann. Positiv sei auch hervorzuheben, dass das Gesetz nicht nur für internationale Fallkonstellationen gilt. Der Entwurf weise jedoch noch erheblichen Nachbesserungsbedarf auf.

Entwurf ist „zahnloser Tiger“

Nach Einschätzung der dju werden viele Beklagte auf ihren Anwalts- und Prozesskosten sitzen bleiben, weil durch die unklare Definition zu wenige SLAPPs als solche erkannt werden dürften. Auch sei keine ernst zu nehmende Sanktion für SLAPP-Kläger enthalten. „Das Gesetz in seiner jetzigen Form ist ein zahnloser Tiger: Es schreckt keinen SLAPP-Kläger ab. Die Unterstützung der Betroffenen wird weiterhin der Zivilgesellschaft überlassen. Das massive Machtungleichgewicht, durch das Einschüchterungsklagen wirken, wird so nicht abgeschmolzen“, so Hansen.

Adressiert werden müsse zusätzlich der Bereich der außergerichtlichen SLAPPs: „Das Gesetz nimmt nur gerichtliche Klagen in den Blick. Doch viel öfter werden in Deutschland Abmahnungen und Forderungen auf Unterlassung oder Schadensersatz zur Einschüchterung kritischer Stimmen eingesetzt – zu häufig mit Erfolg. Diese Leerstelle im Referentenentwurf muss sich der Gesetzgeber noch vornehmen, wenn er den Journalismus wirklich gegen juristische Einschüchterung fit machen möchte“, sagt Hansen.

Das Bundesjustizministerium hat am 20.6.2025 einen Referentenentwurf zur Umsetzung der Europäischen Anti-SLAPP-Richtlinie veröffentlicht. Bis Mai 2026 muss die Bundesrepublik die Regulierung gegen Einschüchterungsklagen im nationalen Recht verankern.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Freie unter Honorar-Druck

Die prekären Arbeitsverhältnisse im Journalismus sind schon lange bekannt. Besonders trifft es aber freie Journalist*innen, deren Honorare sogar noch weiter sinken. Das hat auch Auswirkungen auf die Art des journalistischen Arbeitens.
mehr »

Anti-SLAPP-Gesetz ungenügend

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di kritisiert das von der Bundesregierung beschlossene Anti-SLAPP-Gesetz. Es beschränke den Schutz vor Einschüchterungsklagen nur auf grenzüberschreitende Fälle. Damit bleibe ein Großteil der realen Bedrohungslagen für Journalist*innen in Deutschland unberücksichtigt.
mehr »

Die Newsfluencer kommen

In Deutschland vertraut eine Mehrheit der Menschen beim Nachrichtenkonsum in der digitalen Welt noch immer mehrheitlich auf klassische Medien. Das ist eine Erkenntnis aus einer im Oktober 2025 veröffentlichten Studie des Reuters Institute. Die britische Denkfabrik wollte herausbekommen, wie Menschen sich im Netz informieren. Dafür sind Personen in 24 Ländern befragt worden.
mehr »

Trumps digitaler Medienpranger

Donald Trump verfolgt mit seinen Attacken auf Medien und Journalist*innen drei Hauptziele: Ablenkung von eigenen Verfehlungen, Bindung seiner rechten Unterstützer*innen und Selbstbereicherung. Große Medienkonzerne unterstützen ihn, um eigene Profitinteressen zu fördern. Das Resultat ist eine Bedrohung von Pressefreiheit und Demokratie.
mehr »