RSF: In Russland unerwünscht

Weltkarte der Pressefreiheit 2025. RSF

Das russische Justizministerium hat Reporter ohne Grenzen (RSF) am Donnerstag (14.08.) auf die Liste „unerwünschter Organisationen“ gesetzt. Diese Liste umfasst bereits mehr als 250 Organisationen und soll Russland vor angeblichen Bedrohungen schützen. In Wirklichkeit bietet sie dem Kreml einen Vorwand, unabhängige und kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen. RSF verurteilt dieses Vorgehen.

„Indem der Kreml Reporter ohne Grenzen, eine Organisation, die sich weltweit für Pressefreiheit einsetzt, für unerwünscht erklärt, sendet er eine klare Botschaft: Wer immer sich dafür einsetzt, die russische Zensur und Propaganda aufzudecken, wird kriminalisiert”, sagt RSF-Geschäftsführerin Anja Osterhaus. „Aber: Das wird uns nicht zum Schweigen bringen. Wir werden das Vorgehen des Kremls gegen die Presse- und Informationsfreiheit weiterhin dokumentieren und anprangern. Und wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, die Verantwortlichen für Verbrechen gegen Journalistinnen und Journalisten in Russland und auch in der Ukraine zur Rechenschaft zu ziehen.”

Dass RSF in Russland auf die Liste der „unerwünschten Organisationen“ gesetzt wurde, ist Teil einer gezielten staatlichen Zensurstrategie. Offiziell sind für jede Form der Zusammenarbeit mit solchen Organisationen – selbst für das bloße Teilen ihrer Beiträge in den Sozialen Medien – Geldbußen oder sogar Haftstrafen vorgesehen. In der Praxis richtet sich dieses System aber vor allem gegen die russische Bevölkerung: Es schränkt ihr Recht ein, unabhängige Informationen zu erhalten, alternative Sichtweisen kennenzulernen und frei darüber zu sprechen. Das Gesetz dient somit nicht dem „Schutz der Gesellschaft“, sondern dazu, kritische Inhalte aus dem öffentlichen Raum zu verdrängen und die Informationshoheit des Staates zu sichern. Auf der Liste der „unerwünschten Organisationen“ stehen auch mehrere Medien, etwa The Insider und Meduza, sowie Organisationen wie Amnesty International und Greenpeace.

Eine konkrete Begründung für die Aufnahme von RSF in die Liste fehlt, auch wurde kein RSF-Mitarbeitender vorab informiert. Als Organisation ist RSF auf russischem Territorium nicht vertreten. Laut dem russischen Justizministerium wurde die Entscheidung bereits am 23. Juli getroffen. Es ist nicht das erste Mal, dass die russischen Behörden gegen RSF vorgehen: Im Jahr 2024 sperrte die De-facto-Zensurbehörde Roskomnadsor den Zugang zur RSF-Website auf russischem Gebiet.

Gefährdete russische Medienschaffende brauchen weiterhin dringend Schutz in Deutschland

RSF hat seit dem Beginn der russischen Vollinvasion der Ukraine im Februar 2022 fast 250 höchst gefährdete russische Medienschaffende bei der Einreise ins sichere Deutschland unterstützt. Viele von ihnen sind jetzt feste Stimmen gegen Desinformation und Propaganda in Medien, die Millionen erreichen. RSF setzt sich weiter gegenüber der deutschen Bundesregierung dafür ein, dass sie gefährdeten Journalistinnen und Journalisten die Einreise ermöglicht. Denn im Kampf gegen staatlich gesteuerte russische Propaganda und Desinformation sind Exilmedien unerlässlich.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Ein Plädoyer fürs Zuhören

Zuhören, Gehörtwerden, den Dialog auf Augenhöhe führen – das sind Schlagworte unserer Zeit, Leerformeln der politischen Rhetorik. Mit dem Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen sprachen wir über journalistisches Zuhören, BigTech und den Sofortismus der Sozialen Medien.
mehr »

Presse-Versorgung hält hohes Zinsniveau

Die Vertreter*innenversammlung der Versicherten der Presse-Versorgung hat beschlossen, die Gesamtverzinsung für das Jahr 2026 im dritten Jahr in Folge beizubehalten. Damit behauptet die Presse-Versorgung erneut ihre Spitzenposition im deutschen Lebensversicherungsmarkt.
mehr »

Digitale Mobilität als Machtfaktor

Smartphone, Social Media und Plattformen – wie werden Menschen durch mobile, vernetzte Medientechnologien sichtbar, und wer oder was bleibt unsichtbar? Welche Rolle spielen dabei Geschlechter- und Machtverhältnisse? Über diese Fragen diskutierten Medienforscher*innen  auf der Tagung „Bilder in Bewegung, mit Bildern bewegen: Gender, Macht und Mobilität“ in Tübingen.
mehr »

Junger Journalismus: Lernen, vernetzen und schützen

Angriffe auf Journalist*innen nehmen zu, online wie auf der Straße. Umso wichtiger, Pressefreiheit nicht nur als Prinzip zu verstehen, sondern sie im Alltag zu verteidigen. Mit diesem Anspruch lud die Jugendpresse Deutschland Anfang November rund 80 junge Medieninteressierte nach Dresden ein. Bei der „YouMeCon kompakt“ ging es um journalistisches Handwerk, Verantwortung und darum, wie man Menschen schützt, die berichten.
mehr »