In Deutschland vertraut eine Mehrheit der Menschen beim Nachrichtenkonsum in der digitalen Welt noch immer mehrheitlich auf klassische Medien. Das ist eine Erkenntnis aus einer im Oktober 2025 veröffentlichten Studie des Reuters Institute. Die britische Denkfabrik wollte herausbekommen, wie Menschen sich im Netz informieren. Dafür sind Personen in 24 Ländern befragt worden.
Sogenannte Newsfluencer, also Menschen, die per Blog, Podcast oder Video im weitesten Sinne journalistisch online tätig sind, laufen traditionellen Medien zunehmend den Rang ab. In Deutschland ist ihr Einfluss allerdings begrenzt. Nur zehn Prozent der Befragten in Deutschland nutzen Kanäle von alternativen, digitalen Newsfluencern. Damit belegt Deutschland Platz 24 im Ländervergleich. In den USA liegen Newsfluencer und klassische Medien als Informationsquelle im Netz mit jeweils 27 Prozent auf gleicher Höhe.
Was weiterhin auffällt: 85 Prozent der beliebtesten Nachrichten der Deutschen stammen von Männern und sind im Vergleich politisch eher rechts-konservativ verortet. Diese männliche Dominanz potenziert sich noch, weil die meisten Gesprächspartner dieser überwiegend männlichen Gastgeber ebenfalls Männer sind.
Besonders genau sollten sich TV-Sender die Untersuchung des Reuters Institute anschauen. Denn YouTube nutzen im internationalen Vergleich im Schnitt 12 Prozent der Befragten. Menschen, die sich über die Videoplattform von Google informieren, bevorzugen dann überwiegend Newsfluencer. Dazu zählen laut Reuters Institute in Deutschland beispielsweise auch digitale Influencer wie Rezo, der nicht vorrangig hintergründigen Journalismus macht.
Facebook, Instagram und TikTok liegen etwa drei bis vier Prozentpunkte hinter YouTube. Auf diesen sozialen Netzwerken sind wiederum klassische Medien beliebter als Newsfluencer. Bei den bevorzugten Nachrichtenquellen gibt es erwartbare Unterschiede bei der Altersstruktur. Menschen, die jünger als 35 Jahre alt sind, folgen eher den digitalen Newsfluencern. Ältere Menschen vertrauen hingegen auch in der digitalen Welt auf traditionelle Nachrichtenformate.
Das Reuters Institute liefert am Ende noch Ideen, wie klassische Medien in der digitalen Wahrnehmung mehr Aufmerksamkeit erzeugen können. Ein vielversprechender Weg könnte sein, verstärkt Newsfluencer in den eigenen Formaten zu Wort kommen zu lassen. Gleichzeitig sollten klassische Medien versuchen, sich durch fundierte Recherchen, längere Hintergrundberichte und ausgewogene Meinungen von der Sensationsgier vieler Newsfluencer abzugrenzen.
Ein anderer erfolgreicher Ansatz: Die Fokussierung auf spezielle Themenbereiche. Klassische Medien sollten thematische Alleinstellungsmerkmale identifizieren und diese über exklusive Newsletter oder Podcasts in der digitalen Welt verbreiten. Zudem sollten klassische Medien, ähnlich wie es viele Newsfluencer bereits heute erfolgreich tun, sprachlich unterhaltsamer und verständlicher werden. In einer immer komplexer werdenden Welt brauche es eine Nachrichten-Sprache, die Menschen verstehen.
Mapping News Creators and Influencers in Social and Video Networks von Nic Newman, Amy Ross Arguedas, Mitali Mukherjee, and Richard Fletcher zum Download

