Aktion für Shi Tao, China

Zehn Jahre Haft für eine E-Mail

Diese E-Mail kam Shi Tao teuer zu stehen. Als der Journalist und Autor sie am 20. April 2004 verschickte, war er Redakteur der Zeitung Dangdai Shang Bao in der chinesischen Provinz Hunan. Auf einer Redaktionssitzung wurden die Mitarbeiter des Blattes über eine neue Richtlinie der Kommunistischen Partei informiert. Diese sah strikte Verhaltensmaßregeln bei der Berichterstattung zum Jahrestag des Massakers auf dem Platz des Himmlischen Friedens vor.

Die Partei „warnte“ die Medien vor möglichen Unruhen sowie vor der Unterwanderung durch „feindliche ausländische Elemente“. Peking wies die Journalisten an, „die öffentliche Meinung korrigierend zu beeinflussen“ und „keine Meinungen, die der zentralen Politik zuwider liefen, zu veröffentlichen“. Shi Tao schrieb ein Protokoll von der Sitzung und sendete dies anonym über seinen Yahoo-Account an einen Mitarbeiter der Stiftung „Asia Democracy“ mit Sitz in New York. Noch am selben Tag wurde sein Text unter Pseudonym auf verschiedenen Webseiten veröffentlicht.
Sieben Monate später verhafteten Sicherheitskräfte Shi Tao und beschlagnahmten seinen Computer und den Laptop. Er wurde wegen der „Weitergabe von Staatsgeheimnissen“ angeklagt. Der Internet-Anbieter Yahoo hatte den Standort des Computers herausgefunden, von dem die Mail verschickt wurde, und die Information an die chinesischen Ermittler weitergegeben. In einem Vertrag mit der chinesischen Regierung erkennt Yahoo die Zensur im Land faktisch an.
Ein Opfer dieser Haltung des Konzerns ist Shi Tao. Er wurde im April 2005 zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. In keinem Land der Welt sind mehr Journalisten inhaftiert als in China. Im Vorfeld der Olympischen Spiele haben Menschenrechts- und Journalistenorganisationen Kampagnen gestartet, um die Situation der Pressefreiheit im Land zu verbessern.

Was können Sie tun?

Schreiben Sie an den chinesischen Ministerpräsidenten und fordern Sie die sofortige Freilassung des Journalisten Shi Tao. Schreiben Sie auf Chinesisch, Englisch oder Deutsch an:
Prime Minister of the People’s Republic of China
WEN Jiabao Guojia Zongli
The State Council General Office
2 Fuyoujie, Xichengqu
Beijingshi 100017,
VOLKSREPUBLIK CHINA
Fax: 00 86 / 10 65 96 11 09

Senden Sie eine Kopie Ihres Schreibens an:
Botschaft der Volksrepublik China
S. E. Herrn Canrong Ma
Märkisches Ufer 54, 10179 Berlin
Telefax: 030/27 58 82 21
E-Mail: chinesischeBotschaft@debitel.net oder chinaemb_de@mfa.gov.cn

Weitere aktuelle Beiträge

Sicher ist sicher: Eigene Adressen sperren

Journalist*innen sind in den vergangenen Jahren vermehrt zum Ziel rechter Angriffe geworden. Die Zahl tätlicher Übergriffe erreichte 2024 einen Rekordwert, so eine aktuelle Studie des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) in Leipzig. Die Autoren benennen die extreme Rechte als strukturell größte Bedrohung für die Pressefreiheit. Einschüchterungen oder sogar körperliche Übergriffe geschehen mitunter direkt an der eigenen Haustür. Den damit verbundenen Eingriff in das Privatleben empfinden Betroffene als besonders belastend.
mehr »

Verzögerung in Fretterode-Verfahren

Sieben Jahren verschleppt: Der brutale Angriff von zwei Rechtsradikalen auf Journalisten im Jahr 2018 kommt auch in der Berufung einfach nicht vor Gericht. Sven Adam, Anwalt der bei dem Überfall erheblich unter anderem mit Schraubenschlüssel, Messer und Baseballschläger verletzten Journalisten, kritisiert das erneute Justizversagen und erhebt wieder eine Verzögerungsrüge gegen das Gericht im thüringischen Mühlhausen.
mehr »

Honduras: Gefahr für Medienschaffende

Nicht nur unter Berichterstatter*innen waren die Erwartungen an die erste Frau im honduranischen Präsidentenpalast enorm hoch. Doch Xiomara Castro, die sich im Wahlkampf und nach ihrer Vereidigung im Januar 2021, verbal für Menschenrechte und die Pressefreiheit stark gemacht hatte, ist vieles schuldig geblieben, erklärt Journalistin und Medienanalytikerin Dina Meza.
mehr »

Rechtes Rauschen im Blätterwald

Ob Neuerscheinungen, Zusammenlegungen, Relaunches oder altgediente rechte Verlage: Was die Periodika der Neuen Rechten, ihrer Parteien, Organisationen oder auch einflussreicher kleinerer Kreise anbetrifft, lässt sich gerade angesichts des rechtspopulistischen Aufschwungs der letzten etwa 20 Jahre viel Bewegung ausmachen.
mehr »