Journalisten-Konferenz berät über gemeinsame Strategie für Qualitätsjournalismus
Oft zerfallen Europatreffen der Journalisten inhaltlich in zwei Teile: In einem geht es um die Probleme der etablierten EU-Länder und im zweiten um die der „sich entwickelnden“ Länder. Beim EFJ-Jahrestreffen in Berlin Mitte Juni war es anders, denn ökonomischer und politische Druck sowie die Medienkonvergenz verschlechtern überall die Bedingungen für Qualitätsjournalismus.
„Massive Angriffe auf Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen in den Redaktionen gefährden Herz und Seele des Journalismus“, warnte Arne König, der Präsident der Europäischen Journalisten Föderation (EFJ) zum Auftakt der EFJ-Jahrestagung im Berliner ver.di-Haus. Sie stand unter dem Motto „Journalismus am Scheideweg: Medienkrise als Herausforderung“. Auf Einladung der zwei deutschen Mitgliedsorganisationen, dju in ver.di und DJV, diskutierten Delegierte von Verbänden und Gewerkschaften aus mehr als 30 Ländern Aktionen für bessere Arbeitsbedingungen in Zeitungen, Zeitschriften, Agenturen und Sendern. „Die Zukunft der Medien hängt von der Sicherung hoher Standards im Journalismus ab“, sagte König: „Oberstes Ziel muss die Sicherung und Verbesserung der Qualität von Berichterstattung und Aufklärung der Bürger sein – auch bei sich rasant verändernden Rahmenbedingungen durch schlechte Marktentwicklung und technische Neuerungen“.
In seiner Begrüßung unterstrich Frank Werneke, stellvertretender Vorsitzender von ver.di, dass nur ein soziales Europa von den Bürgern akzeptiert werde. „Menschen sind wichtiger als der Markt“, weshalb in der Europäischen Union Dienstleistungs- und Wettbewerbsfreiheit mit Menschenrechten und kultureller Vielfalt in Einklang gebracht werden müssen. So engagiere sich ver.di nicht nur in Deutschland für journalistische Standards und bessere Arbeitsbedingungen in den Medien, sondern auch europaweit. Für Herbst kündigte Werneke in Kooperation mit anderen politischen Kräften den Entwurf einer Sozialcharta an. Außerdem unterstütze ver.di internationale Fairness-Verträge bei weltweit agierenden Medienunternehmen.
Für „public value statt shareholder value“ sprach sich auch der Präsident der Internationalen Journalisten Föderation (IFJ), Jim Boumelha, in einer Grundsatzrede aus und warnte vor „multimedialem Goldrausch“. Unter Verweis auf die Qualitätsprogramme von Journalistenorganisationen in Ländern wie Großbritannien, Deutschland und Italien bestärkte er die EFJ darin, Gegenmaßnahmen in ganz Europa zu ergreifen. So sollte die „Stand up!“-Aktion für Journalismus, die im letzten Jahr am 5. November stattfand, fortgesetzt und zur kontinentalen Initiative für Qualitätsjournalismus ausgebaut werden. Einen entsprechenden Beschluss fassten die Delegierten bei ihrer Berlin-Tagung einstimmig.
Urheberrechte gefährdet
In einer Übersicht über Gefährdungen in Deutschland kritisierte DJV-Geschäftsführer Hubert Engeroff Leiharbeit und Tarifflucht von Verlegern. Dass dies kein Phänomen in „reichen Ländern“ ist, bestätigten mehrere Vertreter aus Süd- und Osteuropa. Delegierte aus den skandinavischen Ländern berichteten über die Gefährdung von Urheber- und Verwertungsrechten und die Einschränkung journalistischer Recherche durch so genannte Anti-Terror-Maßnahmen. Bei ihrer Jahrestagung forderten deshalb die Journalisten-Gewerkschaften die Regierungen in Europa auf, alle Pläne zur Überwachung ihrer Bürger aufzugeben und erklärten sich in einer Resolution gegen das neue schwedische Abhörgesetz solidarisch mit den schwedischen Kollegen.
Laut Aidan White, Generalsekretär von EFJ und IFJ, sind diese Bedrohungen zusammen mit der „schleichenden Verschlechterung der Arbeitsbedingungen kontraproduktiv für die Qualität von Journalismus“. Allerdings gebe es nicht nur eine Lösung für dieses Bündel von Problemen, vielmehr müssten die Journalistenverbände auf mehreren Ebenen aktiv sein. So engagiere sich die IFJ auch bei Kampagnen für weltweite Medienvielfalt und bereite mit Hilfe ihrer Mitgliedsorganisationen eine Studie vor. In Europa setzt sich die EFJ verstärkt dafür ein, das Sinken der Standards für Qualität im Journalismus zu stoppen. Dazu trägt die Stärkung der Verbände und Gewerkschaften sowie ihre solidarische Vernetzung bei gemeinsamen Aktionen bei. Ausdruck dessen sind auch die Beschlüsse der Berliner EFJ-Tagung, u.a. zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk, zu angemessener Urheberrechtsvergütung, Tarifabsicherung Freier und zu Redaktionsstatuten.
Auf Antrag der dju in ver.di werden die vier Expertengruppen der EFJ (Urheber, Freie, Rundfunk und Arbeitsrecht) Multimedia und neue Berufsfelder zu ihrem Arbeitsschwerpunkt machen. Einmütig hat die EFJ-Jahresversammlung in Berlin auch ein neues Statut der Organisation beschlossen – auf Vorschlag des Steering Commitee. Die Initiative dazu ging von der dju aus, die Wolfgang Mayer seit vielen Jahren im EFJ-Führungsgremium vertritt, u.a. als Schatzmeister. Für ihn ist „besonders wichtig, dass es nun einen einheitlichen IFJ-EFJ-Beitrag gibt, verstärkt Synergien in der Arbeit hergestellt und die Ressourcen beider Organisationen effektiver eingesetzt werden“.
Links
http://dju.verdi.de
www.ifj.org
http://europe.ifj.org/
www.media4diversity.eu/de