Journalismus aus Leidenschaft

Erfahrungsaustausch in Korea

„Journalisten versuchen überall auf der Welt, im Hurrikan dieser Tage zu überleben“, stellte ein Teilnehmer der „World Journalism Conference“ vom 14.–20. April in Seoul fest. Doch Optimismus überwog. „Der Beruf ist nicht wie jeder andere Beruf. Er ist eine Leidenschaft“ – meinte ein anderer. „Wenn wir einen Missstand aufdecken können, ist das der größte Lohn für Arbeit, die den Mächtigen unbequem ist“.


Mehr als 110 Journalistinnen und Journalisten aus über 70 Ländern machten sich Gedanken über ihre Zukunft im Online- und Twitter-Zeitalter. Mit Mischformen von Print- und Online-Ausgaben wird in vielen Ländern experimentiert. „Paywalls“ waren ein großes Thema in Seoul – eine Anzahl von Abrufen ist kostenlos, darüber hinaus müssen die Leser bezahlen. Auf viele Fragen gibt es noch keine allgemeine Antwort. Führen Apps von Zeitungen für Tablets womöglich zur Textberichterstattung zurück und erhöhen sie die Bereitschaft zu zahlen? Wie sind Social Media einzubinden? Klar wurde: Die Wege und Geschäftsmodelle der Medienhäuser sind von Land zu Land unterschiedlich. Landesweite und regionale Medien müssen unterschiedliche Wege gehen.
In Kuwait sind Zeitungen voll gestopft mit Anzeigen und sie werden umsonst verteilt – bloß liest sie niemand. Diversifizierung ist eine Spielwiese. In Neuseeland hat der Medienkonzern Fairfax jahrelang seine Verluste durch Mehrheitsbeteiligung an einem Online-Anzeigen- und Auktionshaus ausgeglichen, er musste jetzt aber die Beteiligung wieder verkaufen. Einig waren sich alle: Glaubwürdigkeit, Qualität und Verlässlichkeit werden die Trumpfkarten für Journalisten sein – egal, wie sie verpackt sind.
Hatte Jonathan Manthorpe von der Vancouver Sun recht, wenn er meinte: „Wir überbewerten die Frage der Technik, die Informationen liefert – es ist mir egal, ob ein Beitrag auf toten Bäumen oder auf einem Computerbildschirm zu lesen ist“? Oder liegt Oliver Curiel von der mexikanischen Zeitung Reforma richtig, der sagte: „Ich könnte meinen Job ohne die neuen technischen Instrumente nicht mehr ausüben.“
Medienkonzentration und dadurch geschürte Angst um die Arbeitsplätze ist nicht nur in Europa und den USA, sondern auch in Ostafrika verbreitet. Die Streichung von Jobs gefährdet die Qualität in Deutschland wie in Ost-Timor. Den Durchbruch zu einem Königsweg brachte die Konferenz nicht – aber die Gewissheit, dass Journalisten weltweit eine Gemeinschaft mit gemeinsamen Interessen und Problemen bilden.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Fußball-EM: Eine Halbzeitbilanz

Spätestens seit dem Gruppensieg der deutschen Nationalelf wechselte die Stimmung im Lande von Skepsis zu Optimismus. Ausgedrückt in Zahlen: Vor dem Start des Turniers trauten gerade mal sieben Prozent der Mannschaft den Titelgewinn zu, nach drei Partien stieg dieser Wert auf 36 Prozent. Entsprechend wuchs auch das Interesse an den TV-Übertragungen.
mehr »

Schutz vor zu viel Stress im Job

Immer weiter, immer schneller, immer innovativer – um im digitalen Wandel mithalten zu können, müssen einzelne Journalist*innen wie auch ganze Medienhäuser sich scheinbar ständig neu erfinden, die Belastungsgrenzen höher setzen, die Effizienz steigern. Der zunehmende Anteil und auch Erfolg von KI-basierten Produkten und Angeboten ist dabei nur das letzte Glied in der Kette einer noch nicht abgeschlossenen Transformation, deren Ausgang vollkommen unklar ist.
mehr »

Für eine Handvoll Dollar

Jahrzehntelang konnten sich Produktionsfirmen auf die Bereitschaft der Filmschaffenden zur Selbstausbeutung verlassen. Doch der Glanz ist verblasst. Die Arbeitsbedingungen am Set sind mit dem Wunsch vieler Menschen nach einer gesunden Work-Life-Balance nicht vereinbar. Nachwuchsmangel ist die Folge. Unternehmen wollen dieses Problem nun mit Hilfe verschiedener Initiativen lösen.
mehr »

Tarifverhandlungen für Zeitungsjournalist*innen

Bereits Ende Mai haben die Tarifverhandlungen zwischen der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di und dem Zeitungsverlegerverband BDZV begonnen. Darin kommen neben Gehalts- und Honorarforderungen erstmals auch Regelungen zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zur Sprache.
mehr »