Politikverkauf

Es scheint nicht gut bestellt um die Politik in Deutschland, wenn sie ihre Botschaften oft nur noch mit Geld in die Öffentlichkeit bringen kann. Wohlgemerkt mit dem der Steuerzahler! Offenbar fehlen Politikern Argumente – nicht nur, um die Bürger von der Sinnhaftigkeit ihres Handels zu überzeugen, sondern auch die Journalisten als Mittler.

Nichts gegen PR generell, aber welche Unverfrorenheit, welches Demokratieverständnis steckt hinter Kopplungsgeschäften, wie jüngst beim Bundeswirtschaftsministerium, wo eine Anzeigenkampagne mit Wirtschaftsberichten z.B. zur Förderung des Mittelstandes verquickt wurden. Wie viele Zeitungen angeschrieben und blind mitgemacht haben, darf weiter ein Geheimnis bleiben! Fakt ist: Der Kölner Stadtanzeiger widerstand der Versuchung, ohne Aufwand und mit Gewinn, seine Seiten zu füllen und machte die Sache öffentlich. „Ein solch unverhohlener Versuch, Inhalte und Themen zu lancieren. Lässt keinen Spielraum für unabhängige und kritische Berichterstattung in der Redaktion und zerstört das Vertrauen der Leserinnen und Leser“, so dju-Bundesgeschäftsführerin Ulrike Maercks-Franzen.
Kritik muss sich jedoch auch an die PR-Agentur Flaskamp richten. Ihre Arbeit unterliegt den Grundsätzen der Deutschen Gesellschaft für PR, die die Branche auffordert „eine unlautere Beeinflussung der Öffentlichkeit zu unterlassen … und die Unabhängigkeit der Presse zu respektieren.“ Dieser Respekt fehlte wohl auch im Fall des Bundesfamilienministeriums, das über Agenturen fertige Artikel und Hörfunk-Beiträge feilbot. Doch auch die „Medaille“ Kommunikation hat mit PR und Journalismus zwei Seiten. PR-Agenturen bieten den Medien immer mehr handwerklich gut gemachte und damit scheinbar journalistische Beiträge an. Natürlich steht es Redaktionen und Sendern frei, geliefertes PR-Material zu verwenden – ganz gleich, wer der Absender ist. Qualitätsansprüche und das Trennungsgebot des Pressekodexes erfordern jedoch das kritische Hinterfragen und verbieten eine ungeprüfte Ein-zu-Eins-Übernahme. Hier ist die Selbstkritik der Medien gefragt, will sie ihre (restliche) Glaubwürdigkeit nicht aufs Spiel setzen.
Noch ein Beispiel des Politikverkaufes passt in das Muster derzeitiger Regierungskampagnen, obwohl hier eindeutig als Werbung gekennzeichnet. Das Bundessozialministerium wollte in Publikationen von ver.di und der Gewerkschaft Metall eine ganzseitige Anzeige über die Rente mit 67 schalten. Beide haben die Veröffentlichung abgelehnt. Sie waren nicht bereit eine Politik, die von der Mehrheit ihrer Mitglieder nicht mitgetragen wird, in ihren Blättern zu vertreten! Nicht einmal für viel Geld!

Weitere aktuelle Beiträge

Verhandlungen sind keine Selbstbedienung

Leider funktionieren Tarifverhandlungen nicht nach dem Supermarktprinzip, man kann nicht einfach ins Regal greifen und sich herausholen, was man sich wünscht. Am ehesten stimmt der hinkende Vergleich noch, wenn es ans Zahlen geht: Umsonst bekommt man nämlich auch bei Tarifverhandlungen nichts. Was auf der anderen Seite allerdings auch bedeutet: Hängt man sich richtig rein, dann lohnt sich das meistens.
mehr »

Tarifeinigung bei Tageszeitungen 

In der zehnten Verhandlungsrunde haben sich die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) in Hamburg auf einen neuen Tarifvertrag für Redakteur*innen bei Tageszeitungen geeinigt. Der Tarifeinigung waren bundesweit in 36 Verlagen und Redaktionen Streiks vorausgegangen, die zuletzt bis zu sechs Tage angedauert haben.
mehr »

Der Clickbait mit den miesen Botschaften

„Der Köder muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler“, nach diesem Motto bewertete einst Helmut Thoma, der kürzlich verstorbene ehemalige RTL-Chef, den Erfolg von Programmformaten. Dieses für private Sender typische Prinzip findet inzwischen seine Fortsetzung in immer mehr digitalen Nachrichtenportalen. Das untermauert eine Studie des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung (MPIB) in Berlin nach der Auswertung von 40 Millionen Schlagzeilen.
mehr »

Halbzeit bei der UEFA Frauen-EM

UEFA-Women’s Euro 2025 heißt das Turnier nach dem Willen des Europäischen Fußballverbands. Bei den Männern wird auf die geschlechtsspezifische Eingrenzung verzichtet. Möglichweise ein Relikt aus den Zeiten, als das Kicken selbstverständlich eine maskuline Sportart war, vermeintlich ungeeignet für die „zarte Weiblichkeit“. 
mehr »