Unterdurchschnittliche Honorare und mehr Arbeit für weniger Geld
Ein neues Gremium soll den freien Mitarbeitern des ORB endlich eine deutliche Stimme verleihen: Am 26. August wurde im Sender ein Freienbeirat ins Leben gerufen. Anders als etwa beim SWR oder beim MDR gab es dort bisher keine Interessenvertretung der Freien.
Dabei setzt der ORB stark auf den Einsatz freier Mitarbeiter: Auf rund 650 Festangestellte kommen 500 Freie, die regelmäßig für den Sender arbeiten.
„Wir schwebten quasi im luftleeren Raum“, erklärt Jürgen Schäfer, Sprecher des Freienbeirats und gleichzeitig Freienvertreter von ver.di im ORB. Neben ihm gehören nun vier weitere Freie dem neuen Gremium gleichberechtigt an:
Antje Grabley, Janine Haschker, Frank Drescher und Karsten Kiesant. Zusätzlich stehen in den verschiedenen Produktionsbereichen neun freie Mitarbeiter als Ansprechpartner zur Verfügung, die Anliegen und Probleme der Freien in den Beirat hinein tragen wollen.
An der Situation der Freien im Sender gibt es nach Einschätzung des Beirats vieles zu verbessern. So seien die ohnehin unterdurchschnittlichen Honorare in der Redaktion von Radio Fritz mal eben per Handstreich weiter gekürzt worden. Überall sollen unter dem Deckmäntelchen der Professionalisierung Freie zusätzliche Aufgaben übernehmen, natürlich bei gleichbleibender Bezahlung. Beispielsweise sollen sie als „Executive Producer“ Aufnahmeleitung, Tages- und Programmredaktion übernehmen – für einen Tagessatz von 143 Euro. Tariflich entspricht dies der Bezahlung für „einfache redaktionelle Mitarbeit“. Mit solchen Maßnahmen will der Sender sparen und sich als „schlanker Sender“ profilieren.
Ebenfalls miserabel sind die Vertragsbedingungen, unter denen Freie beim ORB beschäftigt werden. Sie arbeiten entweder mit einer Prognoseregelung, die eine Höchstzahl von Arbeitstagen innerhalb eines Jahres genau festschreibt. Die Alternative ist ein Rahmenvertrag, der nach sechsjähriger Tätigkeit ein halbes Jahr Zwangspause vorsieht. Damit will der Sender Klagen auf Festanstellung verhindern, allerdings mit wenig Erfolg: „Gerade der ORB wird häufig von Kollegen verklagt, die in die Zwangspause gehen müssen“, berichtet Schäfer. Die Fusion von ORB und SFB bringt für die Freien zusätzliche Probleme und Unklarheiten mit sich. In den Projektgruppen zur Fusion haben sie kein Mitspracherecht. Damit liegt ein vordringliches Ziel des Freienbeirats auf der Hand: „Wir wollen als Freie in den Fusionsprozess eingebunden werden und kämpfen um Weiterbeschäftigung auch im RBB“, so Schäfer. Im Hinblick auf die Zusammenlegung sei im Freienbeirat vorsorglich ein Sitz für einen Kollegen vom SFB freigehalten worden. Wichtig ist den Angehörigen des Beirats auch die Abschaffung von Prognose- und Zwangspausenregelungen. „Andere Sender wie der NDR, der SWR oder der MDR kommen ohne Zwangspausenregelung aus und haben weniger Klagen am Hals als der ORB“, erläutert der Freiensprecher.
Hans-Jürgen Rosenbauer, Intendant des ORB, interessiert sich bisher offenbar wenig für die Freien im Sender. „Immerhin“, so Schäfer, „bezeichnete er die Gründung eines Beirats als ‚gute Idee‘ und hat uns den Kongressraum des Senders zur Verfügung gestellt“. Zur Teilnahme an der Zeremonie oder zu einer Kontaktaufnahme hätte er sich jedoch nicht durchringen können. Andere Sender sind da weiter: Dort nutzt die Geschäftsleitung den Freienrat als Kontaktstelle zu den freien Mitarbeitern, ohne die kaum ein Programm auf die Beine zu stellen ist. Beim MDR wurde der Freienrat sogar auf Betreiben des Intendanten ins Leben gerufen.
Wie sich die Arbeit im Freienrat entwickeln wird, ist offen. Die Resonanz unter den Freien ist jedoch groß. „Die Fusion macht die Leute unruhig, die wollen wissen, was läuft“, ist sich Schäfer sicher.