In der ersten Verhandlung der Tarifrunde für Redakteurinnen, Redakteure und Freie an Tageszeitungen am 19. Juli in Frankfurt am Main wurden die Gewerkschaften mit unzumutbaren Forderungen der Verleger konfrontiert. Erste Aktionen zeigen, was die Zeitungscontent-Produzenten davon halten.
In der Neuen Westfälischen in Bielefeld hingen eines Tages auf allen Damen- und Herrentoiletten der Redaktion ungewöhnliche Zettel an den Spiegeln mit der Frage: Verdienst Du auch zu viel? Auf der Rückseite der „Postkarten“ steht: „Dann könntest Du ja etwas Deinem Arbeitgeber spenden.“ Das Beispiel machte Schule und so tauchten auch bei der Neuen Presse in Hannover bald solche Kärtchen auf. Was ist das, fragten nicht wenige Kollegen? Verdianer antworteten, es wurde diskutiert über Gehälter – über das, was gerade in der Tarifrunde abläuft.
„Die Verleger verweigern ein Angebot für Gehälter und Honorare. Sie fordern uns stattdessen auf, Vorschläge zu Verschlechterungen unserer eigenen Tarifverträge zu machen – das ist skurril!“, bewertete ver.di-Vize Frank Werneke die erste Verhandlung. Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) hatte unklare Forderungen zur Verschlechterung von Tarif- und Arbeitsbedingungen vorgetragen. Benannt wurden lediglich grobe Themenfelder wie Absenkung der Urlaubsdauer, erfolgsabhängige Bedingungen für Urlaubsgeld/Jahresleistung, die Ausweitung der Urheberechtsklausel, Veränderung der Gehaltsstufensteigerung und Tarifgruppen.
Der BDZV bezeichnet die Tarifforderung zu einer Gehalts- und Honorarerhöhung von 5,5 Prozent als „utopisch“ oder „völlig überzogen“. Die wirtschaftlichen Rahmendaten lassen hingegen die Spielräume klar erkennen. Ein Blick auf die Zahlen (http://druck. verdi.de/quartalsberichte) zeige, dass es den Verlagen weitaus besser gehe, als sie es glauben machen wollen, heißt es in einer ver.di-Tarifinformation. Dabei wolle der BDZV nicht nur die Redaktionen von der allgemeinen Gehaltsentwicklung abkoppeln, sondern mehr noch: „Die Gehaltsvorstellungen der Gewerkschaften ließen sich nicht von den übrigen“ Tarifverträgen getrennt verhandeln. Deshalb habe der BDZV auch den Manteltarifvertrag gekündigt. Jedoch in kaum einer anderen Branche gab es – zurückgeschaut bis ins Jahr 2000 – so viele Nullrunden und geringe Tariferhöhungen wie in Zeitungsredaktionen. In den letzten fünf Jahren wurde weniger als der halbe Inflationsausgleich zugestanden. „Die Zahlen sind eindeutig: Während Lebenshaltungskosten steigen und Tariflöhne in anderen Branchen dieser Entwicklung Rechnung tragen, sinkt die Kaufkraft der Kolleginnen und Kollegen kontinuierlich und spürbar. Noch schlimmer ist die Situation für Zeitungs-Freie, die ohnehin geringere Einkommen haben und allein von Zeitungsaufträgen kaum noch leben können. Da muss es in dieser Tarifrunde eine Trendwende geben“, fordert ver.di-Tarifsekretär Matthias von Fintel. Die Tarifverhandlungen werden am 23. August fortgesetzt.
Die dju in ver.di hat für die laufende Tarifrunde eine Kampagne gestartet.
„Wir lieben Journalismus – gute Arbeit muss gut bezahlt werden! Rein in die Gewerkschaft!“
http://dju.verdi.de/rein/++co++6a3a0194-08ba-11e3-8dd2-525400438ccf