Pfiffige Anzeigen allein reichen nicht

Presse-Versorgung bleibt trotz unruhigem Fahrwasser auf Wachstumskurs

Nichts ist der Presse-Versorgung (PV) als berufsständiger Versicherungsgesellschaft zu schade – nun spannt sie gar Umberto Eco in ihre pfiffige Werbekampagnen mit durchaus geschickten Anzeigenplazierungen ein. Warum, wird sich mancher Print- und Agentur-Journalist oder leitende Verlagsangestellte fragen, der zum Kreis der Versicherten gehört: Die Medienbranche boomt doch. Und dank Tarifverträgen über Altersversorgung müßte davon auch die Presse-Versorgung profitieren.

Die bei der Jahreshauptversammlung im Juni präsentierten Zahlen für 1995 und das erste Quartal diesen Jahres scheinen die Werbeskepsis der um ihre Gewinne besorgten Beitragszahler zu bestätigen. Mit einem Bestand von fast 15 Milliarden DM in Versorgungswerk und -kasse sowie einer Versichertenzahl von annähernd 109000 Personen rangiert die PV inzwischen im Mittelfeld der rund 120 deutschen Lebensversicherungen. So wie die Stuttgarter bei den Berufsversicherungswerken Spitze sind, heben sich auch ihre anderen Leistungskriterien deutlich vom Mittelmaß ab: Eine Stornierungsquote von nur 1,6 Prozent (Branchendurchschnitt über 5 Prozent) und die um 50 Prozent unter dem Branchendurchschnitt liegenden Verwaltungskosten.

Kombiniert mit einer klugen Anlagepolitik der Finanzkommission, die erneut eine Nettoverzinsung von über 7,5 Prozent erwirtschaftete, ist die Presse-Versorgung nahezu alternativlos. Das scheinen auch immer mehr Kollegen so zu sehen, die nicht per allgemeingültigen Tarifverträgen (nur in der Alt-BRD) obligatorisch in der PV sind – Verunsicherungen durch Euro-Debatte und Bonner Besteuerungspläne für Lebensversicherungen

zum Trotz. Die wachsende Zahl freiwillig Versicherter, oft auch über Firmendirektverträge, macht inzwischen fast 66 Prozent der Bestandssumme und sogar 75 Prozent der Verträge aus.

Wenn kurzsichtige Skeptiker diesen Trend allerdings zur Begründung für die Abschaffung der Altersversorgungstarifpflicht oder ihre Aufweichung nutzen wollen, sägen sie am Fundament dieses Versicherungswerkes. Dessen Gesellschafter sind neben der IG Medien und den Landesverbänden des DJV auch die Verbände der Zeitungs- und der Zeitschriftenverleger.

Ein weiteres Problem, das zur Entscheidung für nächstes Jahr ansteht, ist die Erweiterung des berechtigten Versichertenkreises. Schon lange drängt die Frage: Warum soll ein Unternehmen der Branche, das freiwillig zur zusätzlichen Altersversorgung seiner Beschäftigten beitragen will, beispielsweise nur Redakteure und Werbetexter, und nicht auch andere Verlags- oder Agenturangestellte bei der PV versichern? Natürlich wandelt sich damit deren ursprünglicher Charakter hin zu einer „Versicherung für Kommunikationsberufe“ wie es in den hellblauen Anzeigen in Fachblättern wie „horizont“ heute schon heißt. Doch wäre das nicht konsequent, angesichts einer nicht nur boomenden, sondern auch sich schnell wandelnden Branche?

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Top Tarifergebnis im Kino

In den Tarifverhandlungen mit der Kino-Kette UCI (United Cinemas International GmbH) wurde am 19. Februar 2024 ein Tarifergebnis erzielt, das an vielen Stellen die ver.di-Forderungen erreicht, so auch den Einstiegslohn von 14 Euro. In der anschließenden Befragung der Mitglieder bis zum 4. März gab es keinerlei Ablehnung. Somit beschloss auch die ver.di-Tarifkommission einstimmig die Annahme des Tarifergebnisses.
mehr »

Einschüchterungsversuche der Hohenzollern

Eine Studie der Universität Leipzig hat am Beispiel der deutschen Adelsfamilie Hohenzollern untersucht, wie kritische Berichterstattung und Forschung durch gezielte Anwaltsstrategien beeinflusst oder behindert werden sollen. Die Kommunikationswissenschaftler*innen haben dabei die Wirkung von SLAPPs (Strategic Lawsuits Against Public Participation) aus Sicht der Betroffenen nachvollzogen. Verunsicherung und Einschränkung der Arbeitsfähigkeit sind direkte Folgen bei ihnen.
mehr »

Honoraruntergrenzen bei der Kulturförderung

Claudia Roth will ein Versprechen einlösen und Mindeststandards für Honorare von Freien bei der Kulturförderung des Bundes sichern. Laut Ampel-Koalitionsvertrag von 2021 sollten öffentliche Gelder für die Kultur an faire Vergütung gekoppelt sein. Nun, so die Kulturstaatsministerin, werden „für den Kernbereich der Bundeskulturförderung“ Mindesthonorare für Künstler*innen und Kreative eingeführt.
mehr »

Verwaltungsräte treten aus dem Schatten

Die Verwaltungsräte der Öffentlich-rechtlichen Sender sind mächtig. Sie überwachen und kontrollieren die Geschäftsführung des Intendanten oder der Intendantin, soweit es nicht um die inhaltliche Gestaltung des Programms geht. Außerdem legen sie den Haushaltsplan und den Jahresabschluss fest, kontrollieren die Beteiligung an Unternehmen und vieles mehr. Ihre Beschlüsse fassen sie nicht öffentlich.
mehr »