Engagierte Medien abseits des Mainstreams sind hochinteressant, aber wenig bekannt. Deshalb stellt M mit dieser Rubrik regelmäßig eines davon vor.
Auf den Krönchen der Prinzessinnen sitzen Schreibfedern, das @ modernen E-Mail Verkehrs bekommt die standesgemäße Attitude eines „royalen Kringels“, Lesende werden konsequent als Untertanen behandelt, das Vokabular klingt hochgestochen. Der Anspruch der Anfang Februar 2015 gestarteten Satireseite von prinzessinnenreporter.de – ein vorzugsweise über Facebook verbundenes Team von vier Journalistinnen, einem Journalisten, einem Techniker und Gastprinzessinnen – ist gleichsam erhaben. Es gelte, den Online-Journalismus „vom Kopf auf die Füße zu stellen“ mit „gut abgehangenen Nachspürreportagen und Geschichten, wo andere nur öde Fakten auflisten“, mit der Erfindung der getanzten Reportage und königlichen Regellisten zu alltäglichen Problemen.
„Wir kennen uns lose über die Redaktionen, für die wir sonst arbeiten“, erklärt Elke Wittich, die für „Jungle World“, „taz“, „Jüdische Allgemeine“ und andere schreibt. Ihr Avatar als Prinzessin bei Facebook gab der Seite Namen und Profil. Auch Leo Fischer, ehemaliger Chefredakteur und Autor der „Titanic“, trägt den Prinzessinnen-Titel, genauso Svenna Triebler, die u.a. für konkret und „Jungle World“ arbeitet, Ramona Ambs, die für die Jüdische Allgemeine tätig ist und Bücher schreibt, und Marit Hofmann, die das Kulturressort bei konkret leitet.
„Initialzündung für unsere Website war der große Aufriss der Krautreporter im Netz, unsere Absicht deren liebevolle Veräppelung und der Versuch, als Profis den Journalismus im Netz zu retten“, verkündet „Chefprinzessin“ Elke. Alles möglichst satirisch zu sagen und vor allem das zu veröffentlichen, was nicht für andere Publikationen passt, habe sich von selbst entwickelt. Die sich zum „Team Lügenpresse“ zählenden Prinzessinnenreporter billigen sich die Arroganz zu, dem Publikum „nicht nach dem Munde zu schreiben“. Dafür wurde die Kategorie der Qualitätsleser samt Zertifizierungskursen erfunden.
„Wir behandeln Themen, die wir gerade spannend finden, informieren uns dazu über unseren Redaktionschat und stellen sie auf die Seite. Ärger untereinander hatten wir dabei noch nie.“ Was im politischen Tagesgeschehen bewegt, bewegt auch die Prinzessinnen – so der „Puff unter den Talaren“ über Missbrauchsfälle in kirchlichen Einrichtungen oder der angebliche Tod eines Flüchtlings am Lageso. Sie schreiben aus schräger Perspektive und schnell – „bei kurzen Stücken dauert es von der Idee bis zum Einstellen auf die Seite oft nur 20 Minuten“ – warten Entwicklungen aber auch ab. Nach den Schlagzeilen zu den Silvester-Übergriffen in Köln fragte sich Elke Wittich: 1000 Flüchtlinge belästigen Frauen? Sie verfasste Punkte im royalen Stil und gehörte zu den ersten, die zur Differenzierung aufforderte. „Zum ersten Mal gab es darauf widerliche Reaktionen, Drohungen, sexistische Angriffe“, berichtet sie. „Die unverschämtesten haben wir als Screenshot eingestellt.“
Nach einem Jahr Bestehen sind die Prinzessinnenreporter immer noch in der Crowdfounding-Phase. Ein Koordinator soll beschäftigt werden, der Reportereinsätze und journalistische Projekte koordiniert. Bislang finanzieren sie sich über Spenden und den Verkauf von Shirts mit dem Label „Lügenpresse“ oder „Qualitätsleser“. Aber: Die Prinzessinnenreporter zählen „unfassbar viele“ Zugriffe auf ihre Seite – „die Leute lesen unsere skurrilen Polittexte gern“ – und finden unter ihren Followern viele Kollegen aus den Medien. Fürs „Wie weiter?“ kündigt Prinzessin Elke eine gemeinsame Strategiekonferenz an. „Auf der werden wir vor allem Kaffee trinken und Kuchen essen.“
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