Alexander von Hoffmann: Spiegel-Journalist, TV-Reporter und Dozent – solidarisch mit den Schwächeren ein Leben lang
Er wurde 1924 in Berlin geboren. Als er vierzehn war, begannen die Deutschen den Krieg, der für den jungen Alexander von Hoffmann zum prägenden Erlebnis wurde.
Erzogen in einem liberalen Elternhaus, das sich dennoch den Werten des preußischen Beamtenadels verpflichtet fühlte, wurde er nach Notabitur und Einzug zum Heer durch die Eindrücke an der Front in Nordafrika zum Feind des Nazistaats: Er desertierte 1943 und geriet in Gefangenschaft, zunächst in England, dann in den USA, und diese Jahre begründeten eine kosmopolitische Weltsicht, der er sein Leben lang treu blieb.
Als Vertreter der Belegschaft
Nach dem Krieg studierte er in Göttingen Volkswirtschaft und Geschichte, promovierte über Roosevelts New Deal und ging 1951 als Redakteur zum Mittag in Düsseldorf, wo er 1953 die Frau seines Lebens, Helga, heiratete. Tochter Emi wurde 1954 geboren, Tochter Lexi 1956. Die junge Familie siedelte 1959 nach Hamburg über, weil der Spiegel einen Platz im Wirtschaftsressort angeboten hatte, und Alexander von Hoffmann lernte Macht und Einfluss eines Mediums kennen, das mit dem Wirtschaftswunder wuchs und dessen Reporter bei Recherchen vor Ort schon mal Adressaten großzügiger Offerten wurden: Nach einem Pressetermin bei einem namhaften Autohersteller fand sich ein Blankoscheck auf dem Kopfkissen seines Hotelbetts.
Als gegen Ende der sechziger Jahre die Studenten darangingen, das Land zu demokratisieren, und emanzipatorisches Gedankengut auch in vielen Redaktionen Fuß fasste, wurde von Hoffmann Leiter von „Deutschland I“, dem bundespolitischen Ressort des Spiegel, und stand alsbald im Zentrum der Auseinandersetzung um Mitbestimmung in diesem Unternehmen, das seinen Hauptgesellschafter Augstein nicht nur zum Multimillionär, sondern auch zum unumschränkt herrschenden Meinungsfürsten gemacht hatte. In diesem heftigen Streit, der mit der Niederlage des Mitbestimmungsflügels (und dem fragwürdigen Sieg einer Mitbeteiligung) endete, stand von Hoffmann nicht auf seiten des verlegertreuen „Herrenclubs“ der Ressortchefs, sondern war gewählter Vertreter der Belegschaft in den Verhandlungen mit Augstein. Er hätte auch gar nicht anders können – jeder Korpsgeist der Privilegierten, jede Kumpanei der Herrschenden war ihm zuwider. Er wollte nichts als Gleicher unter Gleichen sein, sein Platz war folglich auch in der Gewerkschaft, für die er später manchen Artikel schrieb. Für ihn drückte die Brechtsche Definition des Menschen ein Lebensbedürfnis aus: Er wollte unter sich keine Knechte sehn und über sich keine Herrn.
Die Spiegel-Leitung, die vergeblich versucht hatte, von Hoffmann mit Bestechungsangeboten zu ködern, fühlte sich von ihm und seinem Rückhalt in der Belegschaft schließlich so bedroht, dass sie ihn und weitere Kollegen 1971 aus der Redaktion drängte. Er arbeitete zunächst als freier Journalist, machte TV-Reportagen aus der Arbeitswelt, warnte etwa in einem Beitrag schon Mitte der siebziger Jahre vor der Entwertung der Arbeit, die sich in der eben beginnenden Arbeitslosigkeit zeigte, und nahm dann 1976 den Ruf auf einen neugeschaffenen Lehrstuhl für Publizistik und Medienpraxis an der Freien Universität Berlin an.
Initiator von Weiterbildung
Auch als Professor war er nicht zu haben für elitäre Arroganz und die Pfauenallüren mancher Kollegen. Dagegen war er den Schwächeren, den Bildungssuchenden und Bildungsbedürftigen von Herzen und solidarisch zugewandt. Er rief ein Projekt der akademischen Weiterbildung von Journalisten ins Leben, das ab 1979 als offizieller Modellversuch an der FU gestartet wurde. Jährlich 40 Kolleginnen und Kollegen konnten aus der Praxis noch einmal auf die Studienbank zurückkehren, um die theoretischen Grundlagen ihrer Arbeit zu festigen und zu verbreitern. Der Modellversuch, wie er ihn wollte, wurde 1985 durch eine des kritischen Stachels beraubte und nur noch karrierefördernde Version abgelöst, später ganz eingestellt. Die sich ökonomisierende Universität hatte ihre Probleme mit seiner Erziehung zu kritischem Denken. Mit dem Erreichen des Pensionsalters drei Jahre später schied Alexander von Hoffmann aus dem Institut aus, liebevoll verabschiedet von seinen Studenten. In seiner Abschiedsvorlesung, die manchen bis heute in Erinnerung ist, las er seinen Kollegen noch einmal deutlich die Leviten..
„Er hat mir das Denken und das Schreiben beigebracht“, sagt heute einer seiner Freunde aus Spiegel-Tagen, und ein anderer, mit einer Vorliebe fürs Militärische, zeigt Respekt „vor seinem aufrechten Gang“. Den hat er sich bewahrt, den hatte seine Frau Helga als Politikerin und den haben seine Töchter und Enkelsöhne. Als Helga von Hoffmann nach über fünfzig gemeinsamen Jahren im letzten Dezember ihrer Krankheit erlag, mochte er nicht mehr. Er starb am 18. August.