Die Mitgliederversammlung der VG Wort hat in ihrer Mai-Sitzung eine Reform des METIS-Systems mit der erforderlichen Mehrheit in allen Berufsgruppen beschlossen. Sie führt zu wichtigen Änderungen im Verteilungsplan der VG Wort. Vertreter der dju in ver.di haben das vorliegende Papier in Teilen kritisiert und versucht, es noch mit Änderungsanträgen zu beeinflussen – ohne Erfolg.
Die beiden bisherigen Möglichkeiten, Online-Beiträge für das „Meldesystem für Texte auf Internetseiten“ kurz METIS, haben ab 2026 neue Bezeichnungen. Aus „regulärer“ wird „Zugriffsausschüttung“ – es ändert sich eigentlich nur das Wort. Außer, dass künftig „mindestens 80 Prozent des Budgets für diese Ausschüttung vorgesehen werden“, so der Beschluss.
Anders bei der neuen „Verbreitungsausschüttung“: Sie tritt anstelle der bisherigen „Sonderausschüttung“. Für diesen Bereich bleiben künftig nur noch 20 Prozent des hierfür bestimmten METIS-Budgets übrig. Zudem muss der Gesamtbetrag auch noch im Verhältnis 70:30 zwischen Urhebenden und Verlagen aufgeteilt werden. Bisher konnten nur Urheber*innen Meldungen für die Sonderausschüttung abgeben.
Bei der bisherigen Sonderausschüttung konnten Autor*innen solche Texte bisher pauschal melden, welche ohne das von der VG Wort erfundene „Textpixel“ auf Webseiten veröffentlicht worden waren. Die Texte mussten dabei lediglich die Bedingungen „nicht kopiergeschützt“ sowie „Textlänge mindestens 1800 Zeichen“ oder „Gedicht“ erfüllen. Bei der Verbreitungsausschüttung gibt es nun einige grundlegende Änderungen.
Verteilungsgerechtigkeit wahren
Dass der Verwaltungsrat vorgeschlagen hat, gerade bei der Sonderausschüttung Änderungen im Verteilungsplan vorzunehmen, ist grundsätzlich nachvollziehbar. Denn bisher galt für die gemeldeten Texte lediglich, dass sie online verfügbar sind. Zu welchem Zeitpunkt die Beiträge veröffentlicht worden sind, war ohne Bedeutung. Und so nahm die Gesamtzahl der gemeldeten Beiträge Jahr für Jahr zu, das Budget blieb nahezu gleich – und die Ausschüttung pro Text sank entsprechend. Es galt jedoch eine sogenannte Kappungsgrenze von insgesamt 960 Texten, davon höchstens 480 auf einer Webseite/Domain. So bekamen für das Meldejahr 2023 die Autor*innen für diese Höchstzahl 960 gemeldeter Texte den Höchstbetrag 1.152,00 Euro; ein Jahr zuvor erhielten sie für die gleiche Zahl von 2022 gemeldeten Sonderausschüttungs-Texten noch 1.632,00 Euro überwiesen. Die Quoten der Sonderausschüttung für des Jahr 2024 legt der Verwaltungsrat zwar erst noch fest, diese dürften aber nochmals niedriger ausfallen.
Der Verwaltungsrat hatte den Änderungsvorschlag für METIS-Textmeldungen im Grundsatz mit der immer schlechteren Verteilungsgerechtigkeit begründet. Die mangelnde Vergütungsgerechtigkeit der Sonderausschüttung soll laut Verwaltungsrat und Vorstand eine im Jahr 2024 erstellte Studie belegen – deren Inhalt und Fragestellung aber nicht öffentlich einsehbar sind. Außerdem gelte fast in allen Bereichen künftig, dass lediglich neu bzw. in zwei vorhergegangenen Jahren veröffentlichte Beiträge für die Meldungen berücksichtigt werden. Das heißt, für jedes Werk ist bei der Verbreitungsausschüttung nur eine einmalige Vergütung vorgesehen.
Nicht zuletzt aber hatten die Gremien in der Beschlussvorlage darauf verwiesen, dass ansonsten in fast allen Ausschüttungsregelungen die Kopierwahrscheinlichkeit das zentrale Kriterium für berechtigte Vergütungen sei, was bestimmte Verbreitungsnachweise voraussetzt. Da die bisherigen Sonderausschüttungsvorgaben hierzu keine konkreten Vorgaben enthielten, wurde auf eine womöglich rechtliche Grauzone verwiesen, die angefochten werden könnte. Mit der Einführung der neuen Verbreitungsausschüttung meinen die Gremien der VG Wort, diesen Mangel behoben zu haben.
Doch die nun beschlossenen Änderungen gehen weit über die Beseitigung der genannten Gründe hinaus. Da ist zum einen die künftig vorgesehene Verlagsbeteiligung an dem 20-prozentigen Budgetanteil. Dass die Verlage bisher nicht an der Sonderausschüttung teilhaben, wurde vor Jahren damit begründet, dass sie keinerlei Anteil an der Urheberschaft der Beiträge haben. An der Vergütung der verpixelten Beiträge waren sie unter anderem deshalb beteiligt worden, weil das Eintragen der so genannten Zählpixel ausschließlich vor dem Hochladen der Texte auf die Verbreitungsplattform geschehen kann, also durch Beauftragte des jeweiligen Verlags.
Verbreitungsausschüttung je nach Zugriffszahlen
Zum zweiten ist für die Teilnahme an der Verbreitungsausschüttung der Nachweis einer jährlichen Mindest-Zugriffszahl auf die gemeldete Webseite notwendig. Doch werden dabei nicht allgemein gebräuchliche Webseiten-Zählverfahren (z.B. Google usw.) akzeptiert, sondern nur Nachweise von Quellen, die von dem (selbst im Verlagsbereich rückläufigen Verbreitungs-Messsystem) IVW bewertet werden, oder z.B. als Webseite eine ISSN- oder DOI-Nummer aufweist.
Einen vom VG-Wort-Mitglied Heinz Wraneschitz im Namen der dju in ver.di eingebrachten Änderungsantrag, die Nachweismöglichkeit für die Zugriffszahl „1 Mio. pro Jahr“ auf allgemein verfügbare Internet-Zählsysteme auszuweiten, erhielt keine Mehrheit der anwesenden Mitglieder. Auch nicht aus der so genannten BG2, der VG-Wort-Berufsgruppe, der Journalist*innen, Autor*innen und Übersetzer*innen von Sachliteratur angehören.
Wir als dju in ver.di sehen die Gefahr, dass durch die nun beschlossene METIS-Reform gerade freiberuflich für Tages- und Wochenzeitungen arbeitende Journalist*innen eine bislang sicher geglaubte Einnahmequelle zu ihren – oft dürftigen – Honoraren verloren geht. Denn sie haben keinen Einfluss darauf, ob ein Verlag sich überhaupt an der Alternative Zugriffsausschüttung beteiligt, die einen Einbau von Zählpixeln in die jeweilige Online-Veröffentlichung eines Textes voraussetzt. Welche jene nach Angabe der VG Wort weit über 80 Prozent der Verlage sind, die heute bereits Zählpixel setzen, liegt nicht vor. Doch selbst bei jenen Verlagen, welche dieses Pixelsystem nutzen, haben nichtangestellte Journalist*innen weder Einfluss noch Einblick dahingehend, ob der einzelne eigene Online-Beitrag tatsächlich ein Zählpixel trägt oder nicht. Denn selbst in uns bekannten renommierten Verlagen setzen Redakteur*innen oft nur Pixel auf eigene Beiträge, oder sie wissen nicht einmal, wie das mit den Pixelsetzungen funktioniert. Es liegt allein in der Verantwortung der Verlage, all das zu ändern.
ISSN-Nummern beantragen
Außerdem gehören im Zuge der Veränderung der Medienlandschaft immer mehr journalistische Webseiten nicht mehr zu der „alteingesessenen“ Verlagslandschaft. So gehört zum Beispiel die Webseite mmm.verdi.de der Dienstleistungs-Gewerkschaft. Aus verschiedenen Gründen konnten bisher einzelne Beiträge nicht verpixelt werden. Auch eine Listung bei IVW steht für ver.di nicht zur Debatte. Das gilt inzwischen für viele Websites, die journalistische Texte veröffentlichen. Der hier aus dju-Sicht gangbarste Weg, dass nicht nur, aber gerade auch freiberufliche Journalist*innen ihre Texte auch weiterhin in der Verbreitungsausschüttung nutzen können, ist: Die Betreiber der jeweiligen journalistisch (mit-)genutzten Webseite sollten für diese eine ISSN-Nummer beantragen. Das ist über das offizielle ISSN-Portal möglich.
Einen nicht geringen Raum in der Diskussion der Mitgliederversammlung nahm die Frage der Meldung von Lyriktexten ein. Bisher gab es hier keine Zeichenbegrenzung. Das führte dazu, dass gereimte Vierzeiler etwa als Geburtstagsspruch und ähnlichem genauso gewertet wurden wie anspruchsvolle Poesiegedichte. Zudem konnten diese einfachen Reime mit hohen Klickzahlen über Jahre zurückliegend immer wieder gemeldet werden und damit hohe Erlöse erzielen. Vor allem Buchautor*innen wiesen darauf hin, dass hier ungerechterweise eine große Diskrepanz zu den in der Natur der Sache liegenden geringeren Zugriffen auf Bücher liegen. Künftig soll nun auch in der Lyrik die Zeichenbegrenzung bei 1800 liegen. Änderungsanträge mit dem Hinweis, dass Gedichte nicht immer diese Zeichenmenge haben müssen, erhielten keine Mehrheit. Damit wird künftig jedoch nach Meinung eines Autors eine Kunstgattung aus der Vergütung genommen.
Reform fürs Audiovisuelle
Eine weitere Reform betrifft die Vergütung non-linearer audiovisueller Werke. Zukünftig werden auch Vervielfältigungen von AV-Werken, die auf Mediatheken von Sendeunternehmen und Video-on-Demand-Plattformen zur Verfügung gestellt werden, unter bestimmten Voraussetzungen bei der VG Wort vergütet werden. Dieser Vorschlag traf auf breite Zustimmung, trägt er doch der aktuellen Entwicklung im Audiovisuellen Rechnung.
Beide Reformen finden erstmals bei der Hauptausschüttung 2027 Anwendung. Nach der Hauptausschüttung 2028 ist eine sorgfältige Evaluierung vorgesehen.
Wer in der VG Wort mitbestimmen möchte, sollte (umgehend) Mitglied in der Verwertungsgesellschaft werden. Vor allem junge Journalist*innen, Bildreporter, Autor*innen, Übersetzer*innen sollten hier die Möglichkeit nutzen, künftig über die Wahrnehmung ihrer Urheberrechte durch die VG Wort mitzuentscheiden.
Zum Nachlesen:
METIS-Reform: https://www.vgwort.de/fileadmin/vg-wort/pdf/news/Refom_METIS_erklaert_Mai_2025.pdf
Reform für non-lineare AV-Werke: https://www.vgwort.de/fileadmin/vg-wort/pdf/news/Informationspapier_non-lineare_AV-Dienste.pdf
Geschäftsbericht 2024: https://www.vgwort.de/veroeffentlichungen/geschaeftsberichte.html
Transparenzbericht 2024: https://www.vgwort.de/veroeffentlichungen/transparenzberichte.html