Rechtextremismus und rechte Parolen verbinden viele Menschen automatisch mit testosterongesteuerten weißen Männern. Diese Zielgruppe füttert AfD-Politiker Maximilian Krah mit simplen Parolen wie: „Echte Männer sind rechts.“ Das kommt an bei Menschen, die im Laufe der Zeit irgendwann beim „Gestern“ stecken geblieben sind. Inzwischen verfangen solche rechten Klischees auch bei Frauen. Vor allem im Internet.
Immer mehr von ihnen verbreiten mit vermeintlich weiblichen Attributen ihre rechten Ansichten. Viele bezeichnen sich als „Tradwives“ und huldigen das überholte Rollenbild der traditionellen Hausfrau. Gerade diese Verharmlosungsstrategie macht rechte Influencerinnen zu einer neuen Gefahr für die Demokratie.
Den Hashtag #Tradwives kennt die Forschung aus dem englischsprachigen Raum schon eine ganze Weile. In Deutschland handelt es sich um ein neueres Phänomen in den sozialen Medien. Frauen liefern Eindrücke aus ihrem häuslichen Umfeld, lassen sich beim Backen zuschauen oder geben der meist jüngeren, weiblichen Zielgruppe Schmink- und Beauty-Tipps. Fast zufällig mischen die „Tradwives“ dann ihr rechtskonservatives Gedankengut in ihre Beiträge auf TikTok, Instagram oder YouTube. Rechtskonservativ ist dabei eine Eigenbezeichnung der rechten Influencerinnen. Damit soll das eigene rassistische Weltbild mit sprachlicher Schönfärberei verschleiert werden.
Doppelte Unsichtbarkeit von Frauen im Rechtsextremismus
„Die Forschung spricht hier schon länger von einer doppelten Unsichtbarkeit von Frauen im Rechtsextremismus“, erläutert Lea Lochau, Sozialwissenschaftlerin und Referentin der Amadeu Antonio Stiftung in Berlin. Hier ist auch der Begriff von Esther Lehnert und Heike Radvan geprägt worden. „Frauen werden generell als weniger gewalttätig wahrgenommen, gelten als politisch uninteressiert und können daher unentdeckter agieren.“ Daher werden sie als ernstzunehmende Akteure des Rechtsaußenspektrums immer noch übersehen.
Dabei sind die Gründe, warum Frauen rechte Einstellungen vertreten und auch Parteien aus dem äußerst rechten Spektrum wählen, dieselben wie bei Männern. „Deswegen vertreten rechte Influencerinnen diese klassisch weiblichen Rollenbilder der traditionellen Hausfrau. Die Stärke des Mannes gilt dabei als natürlicher Urzustand, der unbedingt wieder hergestellt werden muss“, ergänzt Lochau.
In den Postings der rechten Influencerinnen geht es sehr oft um die Bedrohung vor sexualisierter Gewalt, die in der rechten Theorie ausschließlich von migrantischen Männern ausgehe. Gleichzeitig geben die Frauen vom rechten Rand vor, Kinder vor Gefahren beschützen zu wollen. Queere Menschen sind für „Tradwives“ das größte Feindbild.
Ästhetik verharmlost rechte Ideologie
Um sich davon eindeutig abzugrenzen, legen viele rechte Frauen sehr viel Wert auf eine makellose Ästhetik in den sozialen Medien. Queere Personen werden hingegen ausschließlich in einem negativen Kontext vorgeführt. „Linke oder queere Frauen sind in der Beschreibung rechter Influencerinnen dick, hässlich, gepierct sowie tätowiert und werden permanent so visualisiert“, weist die Sozialwissenschaftlerin Lea Lochau auf typische Stilmittel rechter Social-Media-Kanäle hin. Gleichzeitig benutzen andere rechtpopulistische und rechtextremistische Kanäle die „Tradwives“, um eigene politische Interessen zu untermauern. „Der Rechtsextremismus hat sich in den vergangenen Jahren durch die Wirkungsweise der sozialen Medien modernisiert“, erläutert Lea Lochau. Sie ergänzt: „Daher werden immer mehr Frauen mobilisiert. Diese dienen als Missionarinnen und können durch ihr makelloses Erscheinungsbild rechte Ideologien besser verkaufen.“
Das verfängt zunehmend bei jüngeren Menschen, deren Medienkompetenz oft noch nicht ausgeprägt ist und die gleichzeitig auf TikTok und Co. mit den rechten Botschaften dauerberieselt werden. Hier sieht die Referentin der Amadeu Antonio Stiftung auch die größte Gefahr, die gerade von rechten Influencerinnen ausgeht. „Wenn rechtextremer Content als solcher nicht mehr eindeutig erkennbar ist, normalisiert sich rechtes Gedankengut in noch stärkerem Maße und beschädigt die Demokratie.“
Inzwischen fischen Rechtsaußenparteien in den sozialen Medien auch Frauen mit offensichtlich migrantischem Hintergrund ab. Hierfür reicht der kleinste gemeinsame Nenner: Antifeminismus. Über Widersprüchlichkeiten mit dem eigenen Parteiprogramm wird dann großzügig hinweggesehen. „Frauen aus anderen Kulturkreisen sind mit einem klassischen Familienbild und Rollenverständnis groß geworden. Daher nutzt die AfD auch antifeministische Postings von Frauen mit migrantischem Hintergrund, um die eigene Wählerklientel auszuweiten.“
zum Beitrag der satirischen Heute-Show des ZDF (Bild)