Türkei: Regierung schaltet TV-Sender ab

Der Sender söcüz tv hat viel über die Verhaftung von Erdogans stärkstem Herausforderer, Emrem Imamoglu, berichtet. Foto: IMAGO / NurPhoto / IMAGO / Diego Cupolo

In der Türkei ist einer der populärsten regierungskritischen TV-Sender für zehn Tage abgeschaltet worden. Gegen Sözcü TV sei eine Strafe wegen wiederholten „Verstößen gegen Sendevorschriften“ verhängt worden, schrieb der Chef der Rundfunkbehörde (Rtük), Ebubekir Sahin, auf der Plattform X. Der Sender kritisiert das Vorgehen als Zensur.

Der Sender sprach von einer beispiellosen Entscheidung und nannte die Sperre Zensur. Rtük habe Sendungen rund um die Festnahme und Verhaftung des später abgesetzten Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoglu als Grund für die Sperre aufgeführt, so der Sender in einer Mitteilung. Darüber berichtet haben unter anderen die ZEIT und der österreichische Standard.

Mit Repression gegen Medien und Opposition

Das Vorgehen gegen den Oppositionspolitiker und potenziellen Herausforderer von Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte landesweiten regierungskritischen Protest ausgelöst. Imamoglus CHP-Partei rief über Tage zu Demonstrationen vor dem Istanbuler Rathaus auf. In Oppositionssendern wurden viele der Reden dort übertragen. Auch gegen Halk Tv, den größten oppositionsnahen Sender der Türkei, wurde eine zehntägige Sendesperre verhängt, die Umsetzung jedoch kurzfristig aufgeschoben. Inzwischen sitzt Imamoglu seit seiner letzten Verhaftung über 100 Tage im Gefängnis.

In der Türkei stehen die meisten Medien unter Kontrolle der Regierung. Oppositionskanäle wegen regelmäßig wegen regierungskritischer Beiträge mit Geldstrafen oder Sendesperren belegt. Die Strafe nun fällt in eine Zeit, in der sich die größte Oppositionspartei CHP einer Kaskade von Ermittlungen und Verfahren ausgesetzt sieht und mehrere Journalisten, aber auch führende Personen aus der Wirtschaft oder der Filmbranche festgenommen, verhaftet oder mit Verfahren überzogen wurden. Beobachter sprechen von einer massiven Repressionswelle gegen kritische Stimmen im Land. Die Regierung argumentiert mit der Unabhängigkeit der Justiz dagegen.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Ein Plädoyer fürs Zuhören

Zuhören, Gehörtwerden, den Dialog auf Augenhöhe führen – das sind Schlagworte unserer Zeit, Leerformeln der politischen Rhetorik. Mit dem Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen sprachen wir über journalistisches Zuhören, BigTech und den Sofortismus der Sozialen Medien.
mehr »

Presse-Versorgung hält hohes Zinsniveau

Die Vertreter*innenversammlung der Versicherten der Presse-Versorgung hat beschlossen, die Gesamtverzinsung für das Jahr 2026 im dritten Jahr in Folge beizubehalten. Damit behauptet die Presse-Versorgung erneut ihre Spitzenposition im deutschen Lebensversicherungsmarkt.
mehr »

Digitale Mobilität als Machtfaktor

Smartphone, Social Media und Plattformen – wie werden Menschen durch mobile, vernetzte Medientechnologien sichtbar, und wer oder was bleibt unsichtbar? Welche Rolle spielen dabei Geschlechter- und Machtverhältnisse? Über diese Fragen diskutierten Medienforscher*innen  auf der Tagung „Bilder in Bewegung, mit Bildern bewegen: Gender, Macht und Mobilität“ in Tübingen.
mehr »

Junger Journalismus: Lernen, vernetzen und schützen

Angriffe auf Journalist*innen nehmen zu, online wie auf der Straße. Umso wichtiger, Pressefreiheit nicht nur als Prinzip zu verstehen, sondern sie im Alltag zu verteidigen. Mit diesem Anspruch lud die Jugendpresse Deutschland Anfang November rund 80 junge Medieninteressierte nach Dresden ein. Bei der „YouMeCon kompakt“ ging es um journalistisches Handwerk, Verantwortung und darum, wie man Menschen schützt, die berichten.
mehr »