Verwarnung statt Geldstrafe

Nach fast drei Jahren Verhandlungsdauer ist in Hamburg ein von der Staatsanwaltschaft betriebenes Verfahren gegen den Journalisten Werner P. des Freien Sender Kombinats (FSK) mit einer Verwarnung zu Ende gegangen. P. war erstinstanzlich zu 80 Tagessätzen verurteilt worden.


Der FSK ist ein linker Szenesender, der ausschließlich ehrenamtlich und werbefrei betrieben wird. P. gehört zu den emsigen FSK-Reportern, die in den vergangenen Jahren während Demonstrationen immer wieder, auch live, über Polizeieinsätze berichtet haben. Im Oktober 2003 strahlte P. im FSK ein Interview mit dem Polizeipressesprecher Ralf K. aus, das er mitgeschnitten hatte, ohne K. vorher darüber zu informieren. Üblich ist es, auch Pressestellenmitarbeitern vor Aufnahme eines O-Tons mitzuteilen, dass das Gerät nun aufnimmt.
Statt sich diesen Mitschnitt zwecks Beweissicherung – wie sonst auch – bei der Landesmedienanstalt zu besorgen, standen anderntags drei Polizeihundertschaften vor den FSK-Senderäumen im alternativen Schanzenviertel und begehrten nicht nur Einlass. Nach Informationen von Augenzeugen hinderten die in Kampfmontur angetretenen Hundertschaften Sendemitarbeiter beim Betreten des Senders und beschlagnahmten reihenweise Material aus dem linken Szenesender. Anschließend zogen sie in die Privatwohnung von P. weiter und durchsuchten diese ohne richterlichen Durchsuchungsbeschluss. Das detaillierte Fotografieren von P.‘s Wohnung hat das Hamburger Landgericht bereits als rechtwidrig eingestuft.
In seiner Urteilsbegründung attes­tierte der Richter P. ehrenhafte und keine eigennützigen Motive. Statt einer Verurteilung mit Strafmaß urteilte er mit einer Verwarnung mit Strafvorbehalt im Gegensatz zum erstinstanzlichen Urteil sehr milde. Als eine „Bagatelle“ habe der Richter den ungefragt gesendeten Mitschnitt gewertet, schreiben die FSK-­Radiomacher in einer Pressemitteilung. Der Ausgang des Verfahrens stelle einen der glücklichen Fälle dar, in denen polizeiliche Einschüchterungsmaßnahmen ins Leere gelaufen seien, heißt es dort weiter.

 
nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Fakten, Fame und Follower

Im Netz dominiert mittlerweile der Content, den kommerzielle BigTech-Plattformen pushen. Er ist nicht mehr gebunden an eine „öffentliche Aufgabe“ von Journalismus, nämlich durch Information und Fakten zur Selbstverständigung der Gesellschaft beizutragen.
mehr »

BVerfG stärkt Rundfunkfreiheit

Eine Hausdurchsuchung im Jahr 2022 bei einem Redakteur des freien Radios Radio Dreyeckland in Freiburg verstieß gegen die Pressefreiheit und war verfassungswidrig, entschied jetzt das Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Damit kippt das höchste Gericht eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart.
mehr »

Faktenbasiert, aufklärend, machtkritisch

Der Journalist Georg Restle ist seit 2012 Leiter und Moderator des Politmagazins Monitor in der ARD. Der studierte Jurist tritt für einen „werteorientierten Journalismus“ ein. Mit M sprach er über Fakenews, Fehlerkultur und journalistische Resilienz.
mehr »

Aktivrente: Keine Option für Freie

Ein Bestandteil des derzeit kontrovers diskutierten “Rentenpakts” ist die sogenannte Aktivrente. Wer trotz Ruhestand weiter erwerbstätig ist, bekommt einen Steuerbonus. Doch das geplante Gesetz enthält eine Schieflage: Freie Journalisten oder Autorinnen sind wie andere Selbstständige von der Regelung ausgenommen.
mehr »