Erfahrungen in der AV-Ausbildung. Interview mit Wendelin Werner
Seit Herbst 1996 bilden öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten und private AV-Produktionsbetriebe in den beiden Berufen Mediengestalter/in Bild und Ton sowie Film- und Videoeditor/in aus. Ein Gespräch mit Wendelin Werner, Mitglied des Geschäftsführenden Bundesfachgruppenvorstandes und dort mit Fragen der Aus- und Fortbildung befasst, über Erfahrungen und Perspektiven.
Mit dem Schritt in die duale Ausbildung betrat die Branche Neuland. Wie sind die ersten Ergebnisse zu bewerten?
Werner: Insgesamt gesehen ist das Qualifikationsniveau gestiegen. Früher konnte sich praktisch jeder „Tontechniker“ oder „Kameraassistentin“ nennen. Nun ist in der Ausbildungsordnung nachzulesen, was im einzelnen gelernt wurde. Die Prüfungsanforderungen setzen bundesweite Standards, und am Ende steht eine verlässliche Zertifizierung der nachgewiesenen Qualifikationen.
Nun haben sich beide Berufe sehr unterschiedlich entwickelt…
Richtig. Das Berufsbild Mediengestalter Bild und Ton hat sich etabliert. Zur Zeit bilden allein ARD und ZDF 186 Azubis aus. Dagegen hat es der Film- und Videoeditor als Erstausbildungsberuf schwer. Gerade 19 Plätze bieten die öffentlich-rechtlichen Sender dafür an. Aber auch nur wenige private Produktionsfirmen wählen dieses Berufsprofil.
Anfangs stieß auch der Mediengestalter bei manchen auf Skepsis. Und heute?
Umstritten war die berufsfeldweite Grundbildung. Inzwischen lässt sich sagen: Es hat sich bewährt, dass Cutter, Techniker und teilweise auch Kameraleute über eine gemeinsame Qualifikationsbasis verfügen und sich danach spezialisieren. Nur beim Hessischen Rundfunk sieht man das immer noch anders.
Die neuen Medienberufe sind zu Ausbildungsgängen für Abiturienten geworden. Warum?
Die Firmen legen bei der Bewerberauswahl einen hohen Maßstab an und setzen auf volljährige Azubis. Ich bedauere das, weil es vom Fachlichen her nicht nötig wäre. Häufig verlassen die Abiturienten nach der Ausbildung den Betrieb und studieren. Viele von ihnen allerdings merken, dass sich in der Medienwirtschaft auch mit einem dualen Berufsabschluss gutes Geld verdienen lässt.
Stichwort Weiterbildung, lebensbegleitendes Lernen. Gibt es bereits Vorstellungen, was nach dem „Mediengestalter“ kommt?
Das ist tatsächlich das nächste Gestaltungsfeld, um das sich die Fachgruppe kümmern muss. Es gibt die Überlegung, dass aus dem Film- und Videoeditor ein dem Mediengestalter Bild und Ton zugeordneter Fortbildungsberuf werden könnte. Generell beobachten wir einen Wildwuchs an Schulungen, die private Weiterbildungsinstitute anbieten. Es fehlen verlässliche Kriterien für Lerninhalte und Abschlüsse. Wir möchten nicht bei sogenannten Kammerlösungen stehenbleiben, weil das bedeuten kann, dass in Köln andere Maßstäbe gelten als in Hamburg oder München. Nötig sind Bundes-, wenn nicht sogar europaweit geltende Lösungen.
Was heißt das konkret?
Auf der klassischen Technikerebene könnte der „Producer“ angesiedelt sein, ein technischer Produktionsleiter also, der sich auf verschiedene Sparten wie Außenübertragung, Fiction oder Newsroom spezialisiert. Die Meisterebene ließe sich ausdifferenzieren in Bereiche wie Schnitt, Licht, Trick oder Kamera. Eine ausgefeilte Struktur für all diese Überlegungen fehlt aber noch.
Jahrelang waren die Aufgaben in der AV-Produktion sehr geschlechtsspezifisch aufgeteilt: Bildmischung war Frauensache, Tontechnik im Studio auch. Der Übertragungswagen dagegen war Männerdomäne. Wie sieht bei den Auszubildenden die Verteilung aus?
Der WDR bildet etwa gleich viele weibliche und männliche Azubis zu Mediengestaltern Bild und Ton aus. Man muss über einen längeren Zeitraum beobachten, ob sich später bei der beruflichen Spezialisierung wieder geschlechtsspezifische Unterschiede zeigen werden.
- Interview: Helga Ballauf
- Wendelin Werner, Personalratsvorsitzender beim WDR, im Geschäftsführenden Bundesvorstand der Fachgruppe Rundfunk/Film/AV-Medien in der IG Medien/ ver.di für Fragen der Aus- und Fortbildung zuständig.