Keine Meldung über 15 Kriege

„Top Ten“- Liste der vernachlässigten Nachrichten 2002

Über 15 teilweise seit vielen Jahren andauernde Kriege findet sich in den Medien kaum etwas. Die „vergessenen Kriege“ – zum Beispiel in der Westsahara oder Sierra Leone – sind deshalb die Nummer 1 der vernachlässigten Nachrichten im Jahr 2002.

Eine „Top Ten“-Liste von wichtigen Themen, über die nicht oder kaum in den Medien berichtet wurde, haben die „Initiative Nachrichtenaufklärung“ und das „Netzwerk Recherche“ am 15. Februar öffentlich vorgestellt. Zum sechsten Mal seit 1997 wählte eine Jury aus Medienwissenschaftlern und -praktikern die vernachlässigten Themen.

Kein Medienthema war, dass in deutschen Altenheimen häufig Psychopharmaka in großen Mengen verabreicht werden, um alte Menschen ruhig zu stellen (Platz 2). Dass viele zu „Lebenslänglich“ verurteilte Täter länger als 15 Jahre hinter Gittern sitzen, war nur in Bezug auf Triebtäter ein Nachrichtenthema. Nicht berichtet wurde jedoch, dass auch viele Konflikttäter mit geringer Rückfallgefahr betroffen sind (Platz 3). Auch über die „unmenschliche Behandlung von Abschiebehäftlingen“ gab es in Medien kaum Berichte (Platz 4).

Weitere sechs Themen, über die nach Überzeugung der 13 Jury-Mitglieder nur unzulänglich und mangelhaft berichtet wurde, obwohl ihre Relevanz für die Meinungsbildung der Bürger außer Frage steht, waren die verheerenden Folgen für viele mittelständische Unternehmen, die sich an der Weltausstellung 2000 in Hannover beteiligt haben („EXPO-Opfer“), die preisgünstige Entsorgung alter Munition im bevorstehenden Golfkrieg („Schrottplatz Irak“), die „Blockade der UNO-Menschenrechtskommission“ durch Mitgliedsstaaten, die selbst gegen Menschenrechte verstoßen haben, das „Druckmittel UN-Finanzen“, von den USA eingesetzt, die „Risiken von Kindern suchtkranker Eltern“ und starke Verschuldung ostdeutscher Kommunen.

Informationen zu allen zehn Themen (mit Recherche-Links) gibt es auf der Homepage der Initiative (www.nachrichtenaufklaerung.de).

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Wie ethisch kann KI berichten?

Ein ethischer Kompass ist angesichts zunehmender Desinformation immer wichtiger – für Journalist*innen, aber auch Mediennutzende. Positivbeispiele einer wertebewussten Berichterstattung wurden jüngst zum 20. Mal mit dem Medienethik Award, kurz META, ausgezeichnet. Eine Jury aus Studierenden der Stuttgarter Hochschule der Medien HdM vergab den Preis diesmal für zwei Beiträge zum Thema „Roboter“: Ein Radiostück zu Maschinen und Empathie und einen Fernsehfilm zu KI im Krieg.
mehr »

VR-Formate im Dokumentarfilm

Mit klassischen Dokumentationen ein junges Publikum zu erreichen, das ist nicht einfach. Mit welchen Ideen es aber dennoch gelingen kann, das stand auf der Sunny Side of the Doc in La Rochelle im Fokus. Beim internationalen Treffen der Dokumentarfilmbranche ging es diesmal auch um neue Erzählformen des Genres wie Virtual Reality (VR).
mehr »

krassmedial: Diskurse gestalten

Besonders auf Social-Media-Plattformen wie TikTok und Telegram verbreiten sich rechtsextreme Narrative, die zur Polarisierung der Gesellschaft beitragen. Wie Journalist*innen dem entgegen wirken und antidemokratische Diskursräume zurückgewinnen können, diskutierten und erprobten etwa 70 Teilnehmende der diesjährigen #krassmedial-Sommerakademie von ver.di am Wochenende in Berlin-Wannsee.
mehr »

KI-Bots: Kompletten Schutz gibt es nicht

KI-Bots durchstreifen das Netz, „scrapen“, also sammeln dabei auch journalistische Inhalte, um damit KI-Modelle wie Chat GPT zu trainieren. Welche technischen Maßnahmen können Journalist*innen ergreifen, um ihren Content zu schützen? Tipps des KI-Beraters Branko Trebsche.
mehr »